Eine teils hitzige Diskussion gab es vergangenen Sommer im Bauausschuss im Juni 2018 und später im Ferienausschuss über den Antrag einer Investorengruppe um Georg Wiederer, die denkmalgeschützten Gebäude mit der Hausnummer 13 und 15 am Georg-Wichtermann-Platz abzureißen und durch einen fünfstöckigen, modernen Neubau zu ersetzen.
Sind das nun stadtbildprägende Häuser? Müssen bzw. können sie erhalten und saniert werden? Ist die strikte Haltung der Denkmalschutzbehörde richtig, den Abrissantrag zu verweigern? Eine Reihe Stadträte befürwortete damals die Neubaupläne auch gegen den ausdrücklichen Hinweis der Stadtverwaltung, aus rechtlichen Gründen könne dem Abrissantrag keinesfalls zugestimmt werden.
Das Landesamt für Denkmalpflege verweigert die Abrissgenehmigung strikt. Es sieht gerade das Gebäude an der Ecke zwischen Wichtermann-Platz und Roßmarkt als wichtiges Eckgelenk und historisch wie städtebaulich als wertvoll an.
Investoren verfolgen die Neubaupläne im Moment nicht weiter
Georg Wiederer hält die von seinem Architektenteam, dem Büro Rudloff, Wild & Partner aus Schweinfurt, erstellten Neubau-Pläne nach wie vor für richtig. Auf Nachfrage dieser Zeitung erklärte er jedoch, dass sie aktuell nicht weiter verfolgt werden. Die sanierungsbedürftigen Gebäude seien gesichert worden, Schäden an den Dächern zum Beispiel wurden ausgebessert. Verkaufen möchte Wiederer nach eigener Aussage die Immobilien nicht.
Die gewerbliche Nutzung der Häuser soll ebenfalls bleiben. Im Vorderhaus an der Ecke zum Roßmarkt ist ein Bekleidungsgeschäft, das dort auch bleiben wird. Auch andere, kleinere Gewerbeeinheiten in dem Komplex möchte Wiederer wieder vermieten.
Die beiden Häuser stehen laut Auskunft der stellvertretenden Pressesprecherin des Landesamtes für Denkmalpflege, Alexandra Beck, schon seit 1973 unter Denkmalschutz und wurden 1985 in der Denkmalliste noch unter der alten Adresse Postplatz 15 und 17 publiziert.
Die Denkmalschutzbehörde sieht auf Anfrage bei beiden Häusern die in Artikel 1, Absatz 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetz genannten Beschreibungen eines Denkmals in allen Punkten erfüllt. Denkmäler seien von Menschen geschaffene Sachen, "deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt", heißt es da.
Die Häuser seien insofern bedeutend, als sie "die architektonische und städtebauliche Entwicklung der Freien Reichstadt Schweinfurt nach dem sogenannten zweiten Stadtverderben 1554 dokumentieren". Das ältere Haus aus der Zeit um 1600 dokumentiere zum Beispiel die unmittelbare Wiederaufbauphase der Stadt nach dem Stadtverderben. Das Eckhaus ist laut Denkmalamt wohl hundert Jahre älter und habe die Pavillonanbauten zur Hohen Brückengasse um 1800 herum bekommen. "Auch wenn die Erdgeschosszonen der Häuser durch Ladeneinbauten weitgehend entkernt sind, nehmen die zwei Denkmäler eine zentrale Gelenkfunktion zwischen den beiden historischen Plätzen, dem Roßmarkt und dem ehemaligen Postplatz ein", schreibt das Denkmalamt.
Es gebe auch baukünstlerische Details am Außenbau, zum Beispiel Fensterrahmen, Gesimse, sowie eine teils hervorragende Ausstattung in den Obergeschossen mit Stuckdecken, Dielenböden oder aus dem Biedermeier stammenden Türen. Das zeige die "früheren, herrschaftlichen Wohnverhältnisse."
Verschiedene Treffen zwischen Investoren und Denkmalpflegern
Im Sommer 2016 und auch vergangenes Jahr trafen sich Investoren, Architekten, Vertreter der Stadt und der Denkmalpflege auf Wunsch der Investoren, so Beck. "Bedauerlicherweise" sei trotz der Gespräche ohne Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde ein Abrissantrag gestellt und die Neubauplanung der Stadt vorgelegt worden. Laut Beck habe die Behörde ausführlich informiert, auch über Fördermöglichkeiten für eine Bestandserfassung und eine Sanierung in Abstimmung mit der Denkmalpflege. Man hoffe, "dass die Eigentümer die aufgezeigten Handlungsoptionen wahrnehmen und eine denkmalgerechte Sanierung der beiden Baudenkmäler in Betracht ziehen."
Aus Sicht des Landesamtes befinden sich die Baudenkmäler "in einem guten baulichen Zustand", es gebe aber einen Sanierungsstau bezüglich Heizung, Sanitär und Elektrik. Auch eine maßvolle energetische Sanierung sei notwendig.
In der Stellungnahme der Behörde gegenüber dieser Zeitung heißt es: "Die großzügigen Raumhöhen und die angemessenen Raumzuschnitte – verbunden mit der tollen Lage und der anspruchsvollen Ausstattung – erlauben viele zeitgemäße Nutzungen, wie eine Laden- und Gastronomienutzung im Erdgeschoss, und eine hochwertige Wohn- und Büronutzung in den Obergeschossen." Beziehe man das nicht denkmalgeschützte Anwesen Hohe Brückenstraße 10 mit ein, sei eine "zeitgemäße und denkmalverträgliche Gesamtlösung sehr gut denkbar." So könnte man "ein architektonisches Kleinod im Herzen der Stadt wieder zu neuem Leben erwecken."
Dass die Denkmalpflege gesprächsbereit ist, zeigen die Ausführungen. Allerdings ist zum Beispiel eine Entkernung des Hauses und Aufstockung des Daches nicht möglich. Das würde "zum Verlust der Denkmaleigenschaft führen und wäre daher nicht erlaubnisfähig", so Beck.
Wahrscheinlich sind Sie öfters in der Schweiz und meinen, sich gut auszukennen.
Das wird dort wesentlich anders gehandhabt.
Gerade heute war ich erst in Schweinfurt und habe mir gedacht, wie gut, dass gerade diese beiden Häuser stehen bleiben dürfen - vorerst. Schweinfurt hat durch die sog. Stadtverderben, das vorläufig 3. (der II. WK), so viel verloren (65 % des Wohnraums und 80 % der Industrie), da wäre es schön, wenn von seinem ursprünglichen Charakter noch etwas übrig bleibt, als so ein "neuer Hochbau". Möchten Sie da tatsächlich wohnen, wo gegenüber laufend irgendwelche Busse an- und abfahren - ich nicht! Und die Preise dafür zahlen auch nicht.
Ansonsten könnten wir das Amt für Denkmalpflege doch gleich auflösen.
Was wird in der Schweiz anders gehandhabt?
Im 4. Stadtverderben wurden Kroneneck, Bavaria, Roter Ochse, Eckhaus Albrecht-Dürer-Platz, Jüdisches Gemeinedehaus, Friedhofsportalbauten und Röm. Villa abgerissen (60er-90er Jahre). Das war Vandalismus!
Am Georg-Wichtermann-Platz könnten heute noch Bavaria und Kroneneck stehen, das im Stil eines Opernhauses gebaut wurde (siehe Fotos schweinfurtfuehrer.de). Neben diesen großstädtischen, historischen Bauten hätte man auf Nr. 13 & 15 etwas großstädtisches, Modernes aufbauen können. Genau diese großstädtische Citymischung ist typisch für die Schweiz: Basel, Zürch, St. Gallen. Oder Winterthur, neben Historischem mit zwei 100 m(!) hohe Häusern in der Innenstadt! Hingegen blieben Bern & Fribourg historisch komplett erhalten, während man in Regensburg hineinpfuschte!
Deutsche verstehen keine Stadt & können keinen Städtebau (Ausnahme z. B. bay. Kg. Ludwig I.). Uns fehlen die röm. Wurzeln. Wir sind diesbezüglich Landeier & Parvenues.
Obertor (als Tor für Fußgänger & Radfahrer) und Roth'sches Haus könnte man wieder (komplett) aufbauen. Habe das hier in der MP schon wiederholt vorgschlagen, mit Null Resonanz. In anderen deutschen Städten machte man solche Dinge: z. B. Hildesheim und München, wo der Turm des Alten Rathauses wieder aufgebaut wurde. Ein Stadttor in SW würde zum Wahrzeichen und zur Imagekampagne gegen das ungerechtfertigte Graue-Maus-Image der Industriestadt.
Das wäre stadtbildprägend! Während die beiden Häuser von der Roßmarktseite nur stadtbildprägend in puncto Hässlichkeit sind. Der Vorschlag des Landesamtes einer "maßvollen energetischen Sanierung" brächte weitere Eingriffe in die historische Bausubstanz!
Im Landesamt sind, wie heute überall, Paragraphenreiter ohne Augenmaß, ohne gesunden Menschenverstand und ohne Blick fürs Ganze (hier Stadtbild).
Das Landesamt für Denkmalpflege gibt es seit den 70er Jahren! Wo war es beim Abbruch des Kronenecks in den 80ern und des Roten Ochsen um 1990?
Antwort: Weil damals der Abbruch, selbst wertvoller & stadtbildprägender Gründerzeitbauten in ihren Paragraphen noch nicht verboten war - aber viele SWer mit gesunden Menschenverstand sich über die Abbrüche ärgerten! Der rote Ochse im Stuck der Fassade, plus Wirtshausausleger, waren Wahrzeichen der historischen Wirtshausmeile Bauerngasse-Manggasse! Der Abbruch war Vandalismus im Rahmen deutscher Bauvorschriften.
Wir brauchen damals wie heute im Landesamt für Denkmalpflege statt Paragraphenreitern vorausschauende Leute mit Umsicht.
Vgl. frühere und spätere historische Karte im BayernAtlas! Um was Großes zu schaffen (Ludwigstraße) wurden ältere Bauten abgerissen (Fürstenstraße).
In Gesinnung des Landesamtes gäbe es kein Weltbad Kissingen, keine WÜer Residenz, kein Haussmannsches Paris, sondern Europa bestünde nur aus Hütten.
Jeder Fall ist anders! Im Zürch oder am Schrotturm war es goldrichtig, alle alte Substanz zu erhalten! Am Roßmarkt würde aber ein Schandfleck beseitigt, mit Nachverdichtung an bester Stelle zum ÖPNV! Auch könnte man auf das fünfgeschossige Geschäftshaus oben noch ca. 8 Geschosse mit Luxuswohnungen (Steigerwaldblick!) draufpacken, als Pendant zum Idunahochhaus. In der Schweiz baut man in kleineren Städten als SW im Citygebiet Hochhäuser, was urban und großstädtisch wirkt! Die Randbebauung des Roßmarkts (Ausnahme H & M) ist peinlich für SW, ein provinzieller Schandfleck, der nichts zu verlieren aber nur zu gewinnen hat.