Es ist eine Entscheidung, die den Schweinfurter Stadtrat noch länger beschäftigen wird: Der Bauausschuss genehmigte mit 10:4 Stimmen einen Vorschlag des Eigentümers zur Sanierung der Gebäude in der Keßlergasse 5 und 7 in der Innenstadt und stellte sich gegen die Denkmalpflege. Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) hält das für falsch: "Der Beschluss ist rechtswidrig."
Denkmalgerechte Sanierung in der Innenstadt versus Beseitigung eines so genannten Schandflecks und Belebung der Keßlergasse – das waren die Pole, zwischen denen der Bauausschuss abwog. Und sich dafür entschied, angesichts der großen Probleme mit Leerständen in der Innenstadt dieser den Vorzug zu geben. Es war, wie es CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler klar formulierte, "eine politische Entscheidung."
Auslöser war ein Antrag der SPD-Stadträte Peter Hofmann und Julia Stürmer-Hawlitschek gemeinsam mit Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka. Sie stehen auf Seiten des Hauseigentümers und plädieren für den Vorschlag dessen Architekten für die Sanierung. Die dahinter stehende Drohung des Eigentümers: Entweder dieser Vorschlag oder es gibt gar keine weiteren Investitionen in die beiden Gebäude.
Ohne das Einverständnis der Denkmalpflege keine Baugenehmigung
Von den klaren Worten des Ordnungsreferenten Jan von Lackum und des OB ließen sich zehn der 13 abstimmungsberechtigten Ausschussmitglieder nicht beeindrucken. Der Punkt der Verwaltung: Das Landesamt für Denkmalpflege lehnt den Architekten-Vorschlag ab.
Bei der Genehmigung eines Bauantrags sei man aber an die baugesetzlichen Vorschriften gebunden. Das Landesamt muss einverstanden sein (was es bei zahllosen anderen Gebäudesanierungen in der Innenstadt im übrigen regelmäßig so ist), denn wenn nicht, "haben wir keine Möglichkeit, die Genehmigung zu erteilen", so von Lackum.
Der OB betonte, der Ausschuss missachte seine ihm zugedachte Rolle als Teil der Verwaltung und fälle "sehenden Auges eine rechtswidrige Entscheidung". Gegen diese werde er vorgehen, das Landesamt habe das ebenfalls angekündigt. Der Stadtrat bekommt nun Gelegenheit, den Beschluss zu revidieren, ansonsten entscheidet die Regierung von Unterfranken als Rechtsaufsicht.
Massive Kritik am Verhalten des Eigentümers der Immobilien
Den Zustand beider Immobilien – unter Denkmalschutz steht nur das Haus Keßlergasse 5 – kritisierten alle Redner, die Konsequenzen sind unterschiedlich. Der OB empfindet den Beschluss deshalb als falsch, weil er ein Signal an alle Eigentümer von Denkmälern in der Innenstadt sende: "Haltet durch, bis das Haus eine Ruine ist, und dann reden wir über den Abriss."
Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) war mit dem OB einer Meinung. "Es ist das falsche Signal, die Denkmalpflege wird für die Zukunft geschwächt." Der Eigentümer müsse viel stärker in die Pflicht genommen werden, das Areal sauber zu halten. Außerdem verwies Schneider darauf, dass nach ihren Erkenntnissen der gleiche Eigentümer mit einem Partner die letzten Bürgerhäuser am Georg-Wichtermann-Platz besitze.
Dort wollte er vor Jahren einen Abriss und den Neubau eines fünfstöckigen Gebäudes. Das wurde damals abgelehnt, "doch wenn wir jetzt nachgeben, habe wir dort das gleiche Spiel und dann tut es richtig weg." Eine Befürchtung, die auch Jan von Lackum äußerte: "Genau dieses Thema wird kommen. In der Diskussion, ob man entgegen der Empfehlung des Denkmalschutzes tabula rasa macht, ist man dann in einer schlechten Position."
Denkmalpflege lässt Teilabriss auch in Keßlergasse 5 zu
Aus Sicht der Denkmalpflege hat das aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammende Haus Keßlergasse 5 "eine besondere stadtgeschichtliche Bedeutung", wie es auf Nachfrage dieser Redaktion heißt. Die Denkmalpflege schlägt vor, das Haus Nummer 7 abzureißen, neu zu bauen und hier vor allem die Erschließung auch für Haus Nummer 5 unterzubringen.
Für entsprechende Deckenhöhen des Geschäftes im Erdgeschoss über beide Grundstücke soll der Boden zwei Stufen tiefer gelegt werden, eine barrierefreie Erschließung ist möglich. Im Haus Nummer 5 wäre im hinteren Bereich und beim Dach ein Teilabbruch und Neuaufbau möglich. Beim Umbau der Wohnungen im ersten Obergeschoss müssten Stuckdecke und Türrahmen erhalten bleiben. Aus Sicht der Denkmalpflege "nichts belegt Unzumutbares", wie es auf Nachfrage hieß.
Eigentümer will historische Stuckdecke und Türrahmen erhalten
Das Architekturbüro des Eigentümers schlägt ebenfalls Abriss und Neubau der Nummer 7 vor sowie einen stärkere Neugestaltung der Nummer 5. Die Stuckdecke soll erhalten und durch einen Kubus von der Geschäftsebene aus sichtbar bleiben. Die Eingriffe vor allem in Haus Nummer 5 sind allerdings deutlich größer.
Für den Architekten-Kompromiss warben unter anderem Peter Hofmann (SPD), Holger Laschka (Grüne) und Rüdiger Köhler (CSU) . Peter Hofmann hält die Ideen für vertretbar, "wir müssen eine Entscheidung fällen oder es ist der Tod der Keßlergasse." Das sieht auch Holger Laschka so, "die ganze Innenstadt ist ein bröselndes Denkmal."
Ob der vom Bauausschuss bevorzugte Weg zur Leerstandsbelebung gangbar ist, entscheidet in einigen Wochen die Regierung von Unterfranken.
Denn bei einer Sanierung bleiben Gebäude bestehen, was im Sinne der Denkmalpflege wäre.
das hätte man genauer erklären müssen