Der Puls raste bei der geringsten Anstrengung. Die Treppe ins obere Stockwerk: oft kaum zu schaffen. "Meine Lunge hat gebrannt, ich habe keine Luft bekommen", sagt Romina Schneider. "Ich habe mich gefühlt, als wäre ich eine alte Frau."
Romina Schneider ist 26 Jahre alt, Krankenschwester in der Würzburger Uniklinik, zweifache Mutter. Und arbeitsunfähig seit Mitte Januar, seit den Attacken mit Herzrasen und Luftnot. Diagnose: Post-Covid. "Es kann mir keiner sagen, warum gerade ich das bekommen habe".
Beschwerden lange nach der Corona-Infektion
Long-Covid, Post-Covid, Langzeitfolgen: Geht es um anhaltende gesundheitliche Beeinträchtigungen nach einer Sars-CoV-2-Infektion, werden diese Begriffe häufig synonym verwendet. Was aber ist damit gemeint?
Eine gängige Definition richtet sich nach der Dauer der Beschwerden: Vier Wochen lang spreche man von einer Covid-Infektion, sagt Dr. Bernd Seese, Chefarzt der Pneumologie und Ärztlicher Direktor des Thoraxzentrums des Bezirks Unterfranken in Münnerstadt (Lkr. Bad Kissingen). Würden Erkrankte länger als vier Wochen Symptome zeigen, bezeichne man das als Long-Covid – nach mehr als drei Monaten als Post-Covid.
Romina Schneider hat sich Ende Oktober mit Corona infiziert. Nach dem positiven Testergebnis habe das Gedankenkarussell eingesetzt, sagt die 26-jährige Krankenschwester. Bilder von beatmeten Covid-Patienten auf anderen Stationen seien ihr durch den Kopf gegangen. "Meine größte Angst war, dass ich meinen vierjährigen Sohn anstecke, der einen Herzfehler hat."
Auch zuhause in Wipfeld (Lkr. Schweinfurt) trug sie deshalb eine Schutzmaske. Husten, Hals- und Kopfschmerzen wie bei einer Erkältung hätten sie geplagt, sagt Schneider, "aber das war auszuhalten". Nach drei Wochen habe sie wieder gearbeitet. "Eigentlich hat es erst danach angefangen, Ende November", schildert die 26-Jährige. "Ich war plötzlich nicht mehr belastbar und hätte permanent schlafen können."
Trotzdem habe sie erst mal weiter gemacht. "Ich habe gedacht, es dauert einfach." Dezember, Weihnachten, das neue Jahr begann. "Im Januar hat das Herzrasen angefangen." Immer wieder hätte sie "Attacken" gehabt, bei denen sie sich hinsetzen musste. Einen erkennbaren Auslöser dafür habe es nicht gegeben. Ihr Plus habe in Ruhe oft bei 130 gelegen.
Hier Atemnot oder Muskelschmerzen, da Abgeschlagenheit und Konzentrationsprobleme
Generell lassen sich die Symptome bei Long- oder Post-Covid laut Lungenexperte Seese in zwei Bereiche aufteilen. Einerseits die somatischen Beschwerden, etwa Atemprobleme, eingeschränkte körperliche Belastbarkeit oder Muskelschmerzen. Dafür gebe es meist fassbare Befunde, wie Verdichtungen in der Lunge, Schäden an der Atemmuskulatur oder am Herzen. Auf der anderen Seite stehen neuro-kognitiven Störungen: Symptome, die mit dem Gehirn, der Psyche, der Reaktionsfähigkeit zu tun hätten, sagt Seese. Die Betroffenen seien abgeschlagen, könnten sich schlecht konzentrieren, nicht mehr aufraffen. "Das Problem dabei ist, dass diese Dinge oft schwer zu fassen sind."
Ihr hätten die Symptome Angst gemacht, sagt Romina Schneider. "Ich habe mich selbst nicht mehr erkannt, dass ich nur noch auf der Couch lag und mir alles zu viel war." Sie ging zum Hausarzt und ließ ein EKG machen. Eine organische Ursache habe der Mediziner nicht feststellen können. "Ich bekam die Diagnose Post-Covid."
Für sie ein Schlag. "Ich war vorher fit", sagt Schneider. Sie sei zwar übergewichtig, habe aber keine Vorerkrankungen. "Wir haben unser Haus renoviert, ich bin mit den Kindern jeden Tag Rad gefahren." Jetzt sei das unmöglich. "Ich bin ständig müde. Und wenn das Herzrasen anfängt, kommt natürlich Furcht." Ihr Vater habe mit Ende 40 einen Herzinfarkt erlitten, auch sie selbst habe bereits eine Herzmuskelentzündung gehabt.
Eines Abends Mitte Januar habe sie ihre "schlimmste Attacke" bekommen. Ich hatte richtig Luftnot und Enge auf der Brust." Ihr Mann sei mit ihr in die Notaufnahme der Würzburger Uniklinik gefahren. Dort hätten die Ärzte Entwarnung gegeben, zumindest organisch. Lunge und Herz hätten keine Schäden gezeigt. Alles sei in Ordnung gewesen – und doch wieder nicht. "Es wurde erneut bestätigt, dass ich die typischen Post-Covid-Symptome habe."
Es gibt nicht ein Long-Covid: Langzeitfolgen haben verschiedene Gruppen von Betroffenen
Studien zu Corona-Langzeitfolgen würden zeigen, dass es dabei um körperliche wie auch psychische Aspekte geht, sagt Professor Jürgen Deckert, Direktor der Psychiatrie an der Würzburger Uniklinik und Sprecher der Arbeitsgruppe psychische Gesundheit im Netzwerk Universitätsmedizin. Noch gebe es auf viele Fragen zu der Erkrankung keine einfachen Antworten, sagt Deckert: "Es kristallisiert sich aber immer mehr heraus, dass es nicht ein Long-Covid gibt, sondern verschiedene Subgruppen."
Neben den Patienten, die eine schwere Covid-Erkrankung überstanden hätten und lange auf der Intensivstation beatmet worden waren, umfasse eine zweite Gruppe Menschen, die unter der Pandemie stark gelitten hätten und bei denen nach einer Corona-Infektion anhaltende Beschwerden auftreten würden. "Hier ist die Infektion ein Stressfaktor unter mehreren", sagt Deckert. Ob es eine dritte Gruppe gebe, die an einer Art chronischem Covid-19 leide, verursacht durch ein Verbleiben des Virus im Körper, Autoantikörper oder andere überschießende Immunreaktionen, sei noch unklar.
Noch keine Erklärung für die Ursache - und keine zielführende Therapie
Und die Ursache? Warum treten bei manchen Infizierten Langzeitfolgen auf, bei anderen nicht? "Alles nur Spekulation", sagt Pneumologe Bernd Seese. Dementsprechend habe man auch noch "keine richtige zielführende Therapie" dafür: "Es gibt nicht die Tablette Post-Covid." Behandelt werde je nach Symptomen, sagt der Ärztlicher Direktor des Thoraxzentrums in Münnerstadt: Bei einer Entzündung am Herzen oder in der Lunge könne beispielsweise eine immunsuppressive Therapie mit Cortison eingeleitet werden. Bei neuro-kognitiven Störungen setze man eher auf verhaltens- und ergotherapeutische Maßnahmen.
Das berichtet auch Psychiater Jürgen Deckert. Grundsätzlich seien auch psychische Probleme nach Viruserkrankungen kein neues Phänomen: "Depression und Angsterkrankungen bekommt man durch Stress." Es müsse nicht unbedingt ein Autoimmunprozess hinter psychosomatischen Beschwerden stecken. Bei Depressionen etwa gehe der Blutdruck hoch, bei Angsterkrankungen der Puls.
Meist bessern sich die Post-Covid-Beschwerden nach einem halben Jahr
Gleichzeitig wolle er nicht ausschließen, dass es eine Gruppe mit einer organischen Erklärung für die Long- oder Post-Covid-Beschwerden gebe, sagt der Direktor der Psychiatrie an der Würzburger Uniklinik. Aber: "Ich denke, dass wir für einen Großteil der Patienten kein neues Krankheitsbild brauchen, um zu erklären, warum es ihnen in der jetzigen Pandemiesituation schlecht geht." Das solle nicht heißen, dass die Betroffenen nicht ernst genommen würden, sagt Deckert: "Die Patienten sind wirklich krank – die Frage ist aber, was hilft ihnen?" Wie Lungenspezialist Seese auch, rät der Psychiater, sich "den Symptomen entsprechend Hilfe" zu suchen.
Romina Schneider ist seit fast zwei Monaten zuhause, arbeitsunfähig. Sie habe ein Cortison-Spray bekommen und den Rat, sich auszuruhen, runter zu fahren, sagt sie. Nicht einfach mit zwei kleinen Kindern. Anfang Februar hat sie sich erneut mit Corona angesteckt, ihr Sohn habe es wohl aus dem Kindergarten mitgebracht. Dann sei noch eine Lungenentzündung dazugekommen.
Die 26-Jährige hustet am Telefon, die Atemzüge rasseln. "Jede Kleinigkeit ist anstrengend, sogar ein Telefonat." Die Frustration ist spürbar: "Ich war immer ein Mensch, der viel draußen war." Spazieren, mit den Kindern auf dem Spielplatz, im Garten. Regelmäßig sei die Familie mit dem Wohnwagen auf Bauernhöfe gefahren oder zum Wandern. "Das geht alles aktuell gar nicht. Ich bin durch Corona ein ganz anderer Mensch geworden", sagt Romina Schneider.
Warum sie die Krankheit bekommen hat? "Ich weiß es nicht. Ich verstehe das nicht." Sie sei doppelt geimpft gewesen.
Prognose für Post-Covid-Patienten: Beschwerden besser nach einem halben Jahr
Und wie ist die Prognose? Bei den meisten Post-Covid-Patienten würden sich die Beschwerden nach einem halben Jahr deutlich verbessern, sagt Seese. In Einzelfällen könne es aber auch länger dauern. Dabei müsse man grundsätzlich unterscheiden: Patienten, die sehr schwer an Covid erkrankt waren und auf der Intensivstation teils monatelang beatmet werden mussten, könnten bleibende Schäden davontragen. Wer hingegen eine Corona-Infektion ohne Intensivmedizin, ohne lebenserhaltende Maßnahmen überstanden habe, für den sei die Prognose "ganz gut, dass sie es überwinden".
Rominas Schneider hat jetzt eine Post-Covid-Reha beantragt. Vielleicht helfen Atemtherapie, viel Ruhe, betreute Bewegung. Damit der Alltag wieder normal wird, damit sie nicht dauernd auf Hilfe angewiesen ist. Und damit keiner mehr sagt, "stell dich doch nicht so an". Die Wipfelderin hustet noch einmal. "Meine große Hoffnung ist, dass es nach der Reha besser wird. Irgendwie. Dass es einfach genauso wieder weggeht, wie es gekommen ist."
Die Infektion war im Oktober, daraufhin kamen die Long-Covid-Symptome, wodurch die Dame arbeitsunfähig wurde, im Februar kam dann schließlich die 2. Infektion....da steht nirgends was von 4 Wochen, da die Dame schon seit Monaten damit kämpft...
Gute Besserung!
Und dass man sich trotz vollem Impfschutz und Booster anstecken kann, sollte selbst Ihnen inzwischen bekannt sein. Ob Sie es glauben wollen oder nicht: die Anzahl der schweren, hospitalisierungspflichtigen Verläufe wurde durch vollständige Impfung und Booster signifikant minimiert.
Wie üblich
Von Ihnen kommen nur Desinformationen statt ernstzunehmender Beiträge.
Völlig unverantwortlich jetzt fast alles zu lockern.
Unbegreiflich wenn man in manche Restaurants schaut . Die Tische stehen wie vor Corona und sind alle voll besetzt. Kino, Gastronomie, Clubs das sind momentan die Superspreader.
Wer jetzt sagt Sie müssen ja nicht hingehen der vergisst das die Menschen das Virus dann auch in die Arbeit tragen und da muss ich hin.