
Zum Ende dieser Woche behandeln wir im Klinikum Würzburg Mitte 23 Covid-Patienten – sechs davon müssen intensivmedizinisch betreut und vier beatmet werden. Erfreulich für uns ist: Zwei der beatmeten Patienten befinden sich im sogenannten Weaning, in der strukturierten Entwöhnung von der Beatmung. Das war bei einem der beiden Betroffenen bis vor kurzem kaum vorstellbar.
Der Mann ist Ende 50 und kam mit einer ganz schweren Covid-19-Lungenentzündung zu uns ins Klinikum. Er liegt nun seit 58 Tagen auf der Intensivstation und wird seit 51 Tagen invasiv beatmet. Wir hatten die Befürchtung, er werde nicht überleben – und jetzt gibt es Hoffnung, dass er bald wieder eigenständig atmen kann.
Das zeigt: Der Verlauf von Corona-Infektionen ist oft ungewöhnlich und herausfordernd. Er verlangt auch von den Behandlern extrem viel Durchhaltevermögen und Vertrauen in die medizinischen Maßnahmen. So denkt man manchmal, man könne einen schwer Erkrankten nicht mehr retten. Und plötzlich bahnt sich das Leben da, wo der Weg zu Ende scheint, eine neue Schneise.
Wir als Ärzte sind verpflichtet, diese Schneisen frei zu halten und mit unseren Behandlungen auch in schwierigen Situationen hart dran zu bleiben. Ich kann deshalb nur davor warnen, bei Covid-Lungenentzündungen zu schnell die falschen Schlüsse zu ziehen.
Sehr lange auf der Intensivstation - an Weihnachten wieder bei der Familie
Das zeigt auch das Beispiel eines anderen Patienten, der ebenfalls sehr lange bei uns auf der Intensivstation lag. Auch bei ihm verlief die Corona-Infektion schwierig. Heute geht es ihm gut und er hat einem der Kollegen zu Weihnachten ein Video mit Grußbotschaft geschickt, das ihn mit seiner ganzen Familie unterm Weihnachtsbaum zeigt. Das ist wirklich bewegend, wenn man so etwas sieht.
Was uns momentan häufig bewusst wird, ist die Spannung, in der wir uns bewegen: Auf der einen Seite steht die Sorge um die Überlastung der Intensivstationen. Dort ist der Behandlungsbedarf nach wie vor hoch. Auch viele Nicht-Corona-Notfälle wie Herzinfarktpatienten müssen betreut werden, und wir stehen dafür auch am Standort Juliusspital rund um die Uhr bereit. Auf der anderen Seite sind da die Kinder und deren Zukunft.
Wichtig für die Kinder: Kita und Schule sollten bald wieder öffnen
Wir hatten insgesamt bislang nur vier an Covid erkrankte Kinder. Das deckt sich mit der Einschätzung der europäischen Gesundheitsbehörde, wonach Kinder selten schwer erkranken und auch kein "Treiber" der Pandemie zu sein scheinen. Trotzdem leiden sie stark unter den Lockdown-Maßnahmen. Sollten also irgendwann Lockerungen möglich sein, wäre es aus meiner Sicht wichtig, Kindern den Kita- und Schulbesuch schnell wieder zu ermöglichen.
Für unklug halte ich es hingegen, von einer Impfpflicht für Pflegekräfte zu sprechen oder auch nur daran zu denken. Das provoziert schlicht Widerstände. Man sollte stattdessen Mühe und Zeit investieren, um mit den Menschen über die Impfung zu reden und die vorhandenen Daten transparent darzustellen. So lassen sich Ängste ausräumen.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er seit vielen Wochen regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch