
Seit nunmehr 20 Jahren sind Gebietsbetreuerinnen und Gebietsbetreuer in Bayern aktiv. Wie funktioniert diese für den Naturschutz in Unterfranken und der Rhön so wichtige Institution Gebietsbetreuung?
Was ist Gebietsbetreuung?
Wie schützt man die schönsten und wertvollsten Landschaften am effektivsten? In Bayern mit seiner Vielfalt an facettenreichen und spannenden Naturschätzen hat man dazu vor 20 Jahren einen besonderen Weg eingeschlagen: Um besonders wertvolle Gebiete großflächig zu erhalten und die Überlebenschancen von bedrohten Arten zu verbessern, wurde 2002 das Projekt "Gebietsbetreuung in Bayern" ins Leben gerufen. Konkret bedeutet das eine umfassende Betreuung ökologisch sensibler Bereiche und deren Lebensgemeinschaften durch ausgewiesene Fachleuten vor Ort, eben den Gebietsbetreuerinnen und Gebietsbetreuern.

Was macht ein Gebietsbetreuer?
Gemäß dem Slogan "Naturschutz. Für Dich. Vor Ort" sind sie seither in ausgesuchten Gebieten Bayerns im Einsatz. Ihre Aufgaben reichen von der fachlichen Beratung bei Pflegemaßnahmen, über das Monitoring gefährdeter Arten bis hin zur Initiierung von Großprojekten. Sie sollen dabei zum einen jeweils die Natur im Blick haben, aber auch mit den Menschen vor Ort in Kontakt stehen. Das bedeutet, dass sie zwischen Naturschutz, den Interessen von Landnutzern, Erholungssuchenden und Eigentümern vermitteln sollen. Sie sind Ansprechpartner, Projektmanager und Artenschützer in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen. Daneben sind sie unter anderem in der Umweltbildung oder auch in der Öffentlichkeitsarbeit tätig und arbeiten eng mit Fachbehörden zusammen. Es gebe niemanden, der so viel vor Ort sei, eine so breite Akzeptanz genieße und immer einen Blick dafür habe, was es zu verbessern gibt, hat das Thomas Keller, Sachgebietsleiter für Naturschutz an der Höheren Naturschutzbehörde in Würzburg, jüngst begründet, warum er die Gebietsbetreuer nicht mehr missen möchte. Ihre Arbeit sei für die Natur, aber auch die Menschen ein Gewinn, würdigte auch Umweltminister Thorsten Glauber.
Wie hat sich das Projekt Gebietsbetreuung entwickelt?
Es begann Ende 1997 mit einem Modell am Ammersee. Dieser Versuch überzeugte auch die politischen Entscheidungsträger, sodass 2002 der Startschuss für hauptamtliche Gebietsbetreuungsstellen unter freier Trägerschaft gegeben werden konnte. In einer ersten Förderperiode bis 2006 wurden 24 Gebiete betreut sowie das Bibermanagement in die Förderung integriert. Bis 2015 waren Gebietsbetreuer dann immerhin schon in 36 Gebiete tätig. Über die Jahre wuchs das Projekt weiter. Die Zahl nahm bis auf nunmehr 60 Gebiete zu.

Wie ist die Situation in Unterfranken?
In diesen 60 Gebieten sind mehr als 70 Gebietsbetreuerinnen und Gebietsbetreuern – sowie eine hauptamtliche Bibermanagerin in Nordbayern und ein hauptamtlicher Bibermanager in Südbayern – als "erfolgreiche Vermittler zwischen Mensch und Natur" aktiv, wie Umweltminister Glauber das "Erfolgsmodell" Gebietsbetreuung anlässlich des Jubiläums jüngst bezeichnete. In Unterfranken sind Betreuer in sechs Gebieten unter verschiedenen Trägern im Einsatz.
Wo sind die unterfränkischen Gebietsbetreuer tätig?
Lange Rhön: Torsten Kirchner (Wildland-Stiftung Bayern);
Schwarze Berge und Sinngrund: Karl-Heinz Kolb (Bund Naturschutz);
Grünland im Naturpark Spessart: Christian Salomon und Torsten Ruf (Naturpark Spessart);
Mainaue und Haßbergtrauf: Birgit Binzenhöfer und Otto Elsner (Bund Naturschutz Bayern); Trockengebiete auf Muschelkalk, Christiane Brandt (Landschaftspflegeverbände Würzburg und Main-Spessart);
Agrarlandschaft Mainfranken: Marc Sitkewitz (Landesbund für Vogelschutz);
Bibermanagement Nordbayern: Berit Arendt (Bund Naturschutz).

Wer sind die Gebietsbetreuer in der Rhön?
Torsten Kirchner ist schon seit 2003 der Gebietsbetreuer für Unterfrankens größtes Naturschutzgebiet, die "Lange Rhön". Seine Arbeit ist geprägt von der Abstimmung mit den verschiedensten anderen Akteuren wie den Naturschutzverwaltungen, dem Biosphärenreservat, dem Naturpark, dem Landschaftspflegeverband oder den Landwirten. Bekannt geworden ist der Biologe unter anderem für seinen Einsatz um das in der Rhön vom Aussterben bedrohten Birkhuhn oder für Engagement eine positive Entwicklung des Schwarzen Moores. Ein weiteres Thema, das Kirchner seit vielen Jahren am Herzen liegt und viel Arbeit für ihn bedeutet, ist die Bekämpfung der sich immer weiter ausbreitenden Lupine in der Rhön.

Die Organisationen der Lupinenbekämpfung in seinem Bereich sieht auch Karl-Heinz Kolb, der seit dem vergangenen Jahr als Gebietsbetreuer für das Naturschutzgebiet Schwarze Berge und den Rhöner Sinngrund zuständig ist, als wichtige Aufgabe. Als eines der weiteren Probleme sieht der Biologe die Aufdüngung artenreicher Wiesen, da hier kein Düngeverbot gilt. Entsprechend geht es ihm darum, mit den Landwirten zusammenzuarbeiten und langfristige Konzepte entwickeln.
Wie werden die jeweiligen Stellen finanziert?
Finanziert werden die Stellen der Gebietsbetreuer über eine die Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds, einer gemeinnützigen, im Bayerischen Naturschutzgesetz verankert Stiftung. Von 2002 bis 2015 war der Europäische Sozialfonds an der Kofinanzierung der Gebietsbetreuung beteiligt. Seit 2015 werden die Gebietsbetreuungsstellen zu 75 bis 85 Prozent vom Bayerischen Naturschutzfonds gefördert, den restlichen Teil übernehmen die Träger. Als solche Träger fungieren Vereine, Verbände, Stiftungen, Naturparke, Umweltbildungseinrichtungen und Landkreise/Kommunen. In der Langen Rhön engagiert sich die Wildland-Stiftung des Bayerischen Jagdverbands als Träger, der Bund Naturschutz ist es im Bereich Schwarze Berge Sinngrund.
Der Bayerische Naturschutzfonds stellt für die Gebietsbetreuungen in der laufenden Förderperiode von 2021 bis 2024 fast neun Millionen Euro zur Verfügung.

Wie sind die Arbeitsverträge der Gebietsbetreuer gestaltet?
Das scheint ein Problem zu sein. "Rein fördertechnisch sind die Gebietsbetreuer ein Projekt", gefördert vom bayerischen Naturschutzfonds, beschrieb das Thomas Keller. Somit müssten die Stellen trotz aller Erfolge alle drei Jahre neu beantragt werden. Ziel sollte sein, so Keller, dass es mit den Gebietsbetreuern dauerhaft weitergeht. Die prekäre Situation entspannte der Bayerische Umweltminister allerdings etwas, als er jüngst in einem Grußwort versprach: "Aufgrund des Erfolgs der Gebietsbetreuung und der positiven Resonanz auf breiter Ebene werde ich dafür Sorge tragen, dass die erforderlichen Mittel für diese wichtige Aufgabe auch in Zukunft bereitstehen werden."