Seit mehr als 30 Jahren führt Eberhard Helm eine Hausarztpraxis in Ostheim. Er versorgt Wunden, nimmt Blut ab, steht Patienten in schwierigen Situationen bei. "Ich halte meinen großen Erfahrungsschatz für unbezahlbar und bin gerne für die Patienten da", sagt der Allgemeinmediziner. Wenn es nach Gesundheitsminister Karl Lauterbach geht, sollen Helm und seine Kollegen für ihre Arbeit bald mehr Geld bekommen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf stellte Lauterbach kürzlich im Bundeskabinett vor. Nun muss der Bundestag darüber entscheiden.
Das "Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz" soll den Hausarztberuf attraktiver machen und dem Ärztemangel entgegenwirken. Es sieht unter anderem die Abschaffung der Budgetobergrenze, des sogenannten "Honorar-Deckels", für Hausärzte vor. Denn Pauschalen für die Behandlung gesetzlich Versicherter werden bisher nur ausgezahlt, solange sie ein festgelegtes Budget nicht übersteigen. Geht man etwa von einem Schnitt von 1000 eingelesenen Gesundheitskarten pro Quartal aus, erhält der Mediziner nur die volle Vergütung, wenn er weniger oder exakt so viele Patienten versorgt. Wer mehr behandelt, bekommt nur das Honorar für die festgelegte Patientenzahl.
Wo Hausarzt Eberhard Helm aus Ostheim den größten Reformbedarf sieht
Um die Situation der Hausärzte zu verbessern, schlägt der Gesundheitsminister auch vor, die Honorierung der Ärztinnen und Ärzte von Quartals- auf Jahrespauschalen umzustellen. Des Weiteren sollen Mediziner Versorgungspauschalen erhalten, wenn sie chronisch Kranke versorgen. Bisher erfolgt die Vergütung hierbei pro Behandlung beziehungsweise Hausbesuch.
Doch kann das neue Gesetz – sofern es tatsächlich verabschiedet wird – wirklich etwas ändern? "Die Gedanken sind alle gut. Meine Erwartungen sind zwar nicht sehr groß, dass sich dadurch durchschlagend das System verändert, pessimistisch bin ich allerdings auch nicht", sagt der Ostheimer Hausarzt Eberhard Helm.
Rhöner Arzt hält Versorgungspauschale für eine "gute Idee"
Er sieht durch das Gesetz vor allem hohe Mehrkosten auf die Krankenkassen zukommen. Ob die Reform Ärztinnen und Ärzte tatsächlich entlasten wird, müsse sich zeigen. Denn was junge Mediziner vor allem abschrecke, sei die Bürokratie. Den Plänen von Lauterbach steht er "skeptisch, aber nicht pessimistisch" gegenüber. "Die Honorarobergrenze betrifft kleine Praxen oder mittlere wie meine aber kaum, da nur Riesenpraxen sie überhaupt erreichen", so Helm.
Die Versorgungspauschale für chronisch Kranke bezeichnet er als "gute Idee". Allerdings bezweifelt er, dass er dadurch mehr Patienten aufnehmen und behandeln könnte. "Gerade bei älteren Hausbesuchspatienten geht es auch darum, das Vertrauensverhältnis aufrechtzuerhalten und ihnen Sicherheit zu vermitteln", begründet der Mediziner. "Ich kann sie nicht einfach hängen lassen und nicht mehr regelmäßig besuchen".
Wichtig ist ihm, sich nicht nur um seine Patientinnen und Patienten zu kümmern, sondern auch um den medizinischen Nachwuchs. Deshalb ermöglicht er regelmäßig angehenden Ärzten, in seiner Praxis – sie hat den Status einer akademischen Lehrpraxis – mitzuarbeiten. So gibt er Einblicke in seine Arbeit über Praktika oder die Ausbildung von Weiterbildungsassistenten, von denen derzeit rund zehn im Landkreis tätig seien. "Wenn wir die alle in Rhön-Grabfeld halten könnten, wäre unser Nachwuchssuche-Problem gelöst", meint Helm. Um den Wünschen junger Mediziner gerecht zu werden, brauche es aber neue Modelle wie ärztliche Gemeinschaften.
Wie Eberhard Helm über den Ärztemangel in der Region denkt
Das medizinische System in Deutschland funktioniert gut, ist die Ansicht von Eberhard Helm. Nur verschlechtern dürfe es sich nicht. Kürzlich habe er eine Ärztin aus Mexiko kennengelernt, die statt in ihrem Heimatland lieber in Deutschland arbeiten möchte. Und einen Mediziner aus Afghanistan, der in Bad Neustadt tätig ist.
Doch auch der Landkreis bringe immer wieder medizinischen Nachwuchs hervor. Gemessen an der Zahl der Medizinstudenten und den Einwohnern müsse es in Rhön-Grabfeld zwischen 80 und 100 Medizinstudierende geben, rechnet der Hausarzt vor. "Es ist genug Man- und Frauenpower da", so Eberhard Helm. Doch mancher oder manche benötige etwas Ermutigung. "Ich sehe hier auch die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in der Pflicht. Sie sollten auf Medizinstudierende aus ihren Gemeinden zugehen, ihnen eine ärztliche Tätigkeit in Rhön-Grabfeld schmackhaft machen und Kontakte vermitteln".