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Bad Neustadt
6,5 Hausarztsitze unbesetzt, Patienten verzweifelt: So gravierend ist der Ärztemangel im Raum Bad Neustadt
In der Theorie gibt es in und um Bad Neustadt genug Hausärzte, doch die Realität sieht anders aus. Was der Vorsitzende des ärztlichen Kreisverbands dazu sagt.
Dr. Helmut Klum ist Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Bad Neustadt und betrachtet die derzeitige hausärztliche Versorgungslage in Rhön-Grabfeld mit Sorge.
Foto: Björn Hein (Archivbild) | Dr. Helmut Klum ist Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Bad Neustadt und betrachtet die derzeitige hausärztliche Versorgungslage in Rhön-Grabfeld mit Sorge.
Kristina Kunzmann
 |  aktualisiert: 22.04.2024 02:39 Uhr

Wer derzeit in Rhön-Grabfeld einen neuen Hausarzt oder eine neue Hausärztin sucht, muss Geduld und Durchhaltevermögen mitbringen. Denn wie dieser Redaktion immer wieder Patienten erzählen, gestaltet sich die Suche nach einer Aufnahme bei einem Allgemeinmediziner schwierig. "Alles voll, wir können niemanden mehr aufnehmen", höre man dort meist. Verschärfend kommt für den Raum Bad Neustadt hinzu, dass Ende Dezember 2023 die Praxis Metz in Windhausen schloss und ab Sommer 2024 voraussichtlich auch in der Bad Neustädter Praxis Zauper keine Patienten mehr betreut werden können.

Was manche Patienten verzweifeln läsststellt sich in Zahlen folgendermaßen dar: Zum Stichtag 31. Januar 2024 waren im hausärztlichen Planungsbereich Bad Neustadt nach Aussage von Dr. Helmut Klum (Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Bad Neustadt) 6,5 Hausarztsitze unbesetzt. Den Versorgungsgrad gibt die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) in ihrem jüngsten Versorgungsatlas dennoch mit 89,13 Prozent an.

Derzeit keine Unterversorgung im Planungsbereich Bad Neustadt – zumindest auf dem Papier

Weil er 75 Prozent nicht unterschreitet, liegt auf dem Papier keine Unterversorgung oder drohende Unterversorgung für den Planungsbereich Bad Neustadt vor. Die KVB kann deshalb derzeit dort keine Niederlassungen finanziell fördern. "Durch die aktuellen Entwicklungen könnte der Planungsbereich Bad Neustadt aber in eine drohende Unterversorgung geraten", so Klum.

Das müsse der Landesausschuss allerdings in einer Sondersitzung oder der nächsten regulären Sitzung im Juli feststellen und vom Ministerium genehmigen lassen. Erst dann würde die Umsetzungsphase beginnen. Vor Mitte des Jahres werde hier also wohl nichts passieren.

"Wir als Ärztlicher Kreisverband können auf diese Prozesse nicht einwirken. Wir können auch keine Ärzte anlocken oder 'backen'", meint Helmut Klum. Eine Ursache für den Ärztemangel sieht er darin, dass die Politik zwischen 1982 und 2002 wegen der damals prognostizierten "Ärzteschwemme" die Zahl neuer Ärzte in Deutschland von rund 16.500 auf 8000 Ärzte "heruntergefahren" habe. Das räche sich nun.

Helmut Klum: "Es ist eine ganz schlechte Situation"

"Es ist eine ganz schlechte Situation. Und ja, es gibt eine Diskrepanz zwischen den Zahlen und der tatsächlichen Lage", so der Mediziner. Wenn Praxen schließen, gebe es für die anderen Hausärzte im Umkreis allerdings keinen Zwang, deren Patienten aufzunehmen. Das sei auch nur schwer möglich: "Alle arbeiten am Limit".

Er verstehe, dass Patienten die Situation Sorgen bereite. "Es gibt ein Anspruchsdenken in unserer Gesellschaft – das ja auch berechtigt ist – dass jederzeit ein Arzt verfügbar ist", meint Helmut Klum. Grundsätzlich sieht er den Landkreis mit dem Rhön-Klinikum Campus am Ort medizinisch als "verdammt gut" versorgt an. Aber es fehle eben "wie überall" an Hausärzten. "Wir können die Lage nicht ändern. Dass im Notfall ein Patient hängen gelassen wird, hat es aber nie gegeben und wird es auch in Zukunft nicht geben."

Der Ärztliche Kreisverband Bad Neustadt

Der Ärztliche Kreisverband Bad Neustadt vertritt die Ärztinnen und Ärzte in Rhön-Grabfeld. Die rund 440 Mitglieder sind ambulant oder stationär tätige Praktische/Allgemein- oder Fachärzte, Ärzte im Ruhestand oder Mediziner, die in Rhön-Grabfeld wohnen, aber andernorts ärztlich tätig sind. Der Verband vertritt die Ärzteschaft in der Öffentlichkeit, führt Fortbildungen durch oder betreut die Mitglieder, etwa beim Erstellen/Verlängern von Arztausweisen.
Quelle: Ärztlicher Kreisverband Bad Neustadt/ku
 
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