Einen Hausarzt oder eine Hausärztin in Rhön-Grabfeld zu finden, ist nicht einfach. Im Sommer 2024 wird sich die Lage verschärfen: Bis Ende Juni versieht Peter Metz vertretungsweise den Dienst in der Praxis Zauper, deren Inhaber Anfang des Jahres gestorben war. Doch dann wird die Praxis im Bad Neustädter Stadtteil Gartenstadt, die mehr als 1000 Patientinnen und Patienten betreute, schließen, wenn sich nicht doch noch ein Nachfolger findet. Vier von ihnen haben dieser Redaktion erzählt, was die Schließung für sie bedeutet.
1. Sigrid Müller (60), Gartenstadt: "Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll"
"Ich habe mit Dr. Zauper nicht nur meinen Arzt verloren, sondern er war für mich wie ein guter Freund, kam regelmäßig zum Hausbesuch und hatte viel Verständnis für meine Krankheit. Auch für meine Familie ist es ein großer Verlust, drei Generationen sind in der Praxis in Behandlung", sagt Sigrid Müller aus der Gartenstadt. Wie es nun für sie weitergeht? "Das weiß ich nicht, ich bin ratlos."
Aufgrund ihrer Behinderung brauche sie dringend einen Arzt. Doch die Suche gestaltet sich schwierig: "Wir haben alle Ärzte in Bad Neustadt angerufen, ohne Erfolg, keiner nimmt mehr Patienten auf. Meine Tochter hat jetzt einen Doktor in einem anderen Ort im Landkreis gefunden, der uns zur Not aufnehmen würde", so Müller. Doch weil Sigrid Müller auf einen Rollator angewiesen ist, müsste ihre Tochter sie dann stets zur Praxis fahren, was auch nicht ideal sei. Sie hoffe immer noch, dass sich ein dauerhafter Nachfolger für Torsten Zauper findet.
2. Kai Lüsebrink (56), Innenstadt: "Es ist eine sehr schwierige Situation für die Patienten"
"Ich bin bei einer anderen Praxis untergekommen, allerdings nur durch 'Vitamin B'. Darüber bin ich sehr froh, auch wenn ich künftig längere Fahrzeiten in Kauf nehmen muss", erzählt Kai Lüsebrink, der in der Bad Neustädter Innenstadt lebt. Über die Schließung und ihren Grund sei er sehr traurig, so der 56-Jährige. "Es ist eine sehr schwierige Situation für die Patienten".
In einer "derartig brisanten Situation" sollten aus seiner Sicht Gremien wie die Kassenärztliche Vereinigung unterstützen, statt Forderungen zu stellen. "Auf der anderen Seite kann ich kaum verstehen, dass kein Arzt eine solch gut organisierte und laufende Praxis übernehmen möchte. Da müsste doch ein Mediziner mit Kusshand einsteigen wollen." Eine viel bessere Praxisstruktur gebe es in seinen Augen nur selten. "Und ich spreche aus Erfahrung, denn als selbstständiger Ergotherapeut habe ich schon viele Praxen gesehen", sagt der Bad Neustädter.
3. Andrea Schagerl (56), Gartenstadt: "Das ist sehr schade, die Menschen brauchen die Praxis"
"Schon ewig, bestimmt 10 Jahre", ist Andrea Schagerl aus der Bad Neustädter Gartenstadt Patientin in der Hausarztpraxis Zauper. Die Nachricht von der Schließung habe sie sehr getroffen, so Schagerl. "Das ist sehr schade, die Menschen brauchen die Praxis." Sie denke dabei nicht nur an sich, sondern vor allem an ihre Eltern. "Die sind beide über 80 Jahre alt und stärker auf ärztliche Versorgung angewiesen als ich. Dr. Zauper kannte ihre Krankheitsgeschichte. Meine Mutter telefoniert gerade sämtliche Praxen ab, aber es ist alles voll. Sie ist verzweifelt", erzählt die 56-Jährige.
Ihr Vater fahre zwar noch Auto, dennoch sollte sich ein neuer Hausarzt – gerade auch mit Blick auf Notfälle – im Umkreis befinden und die Praxis möglichst ebenerdig sein, meint die Gartenstädterin. Die Notfallpraxis am Rhön-Klinikum Campus sei für die beiden Senioren keine Alternative: "Da wären sie in ihrem Alter einfach überfordert." Sie selbst hat ebenfalls noch keinen neuen Allgemeinarzt gefunden. "Ich denke gerade erst darüber nach, wie es für mich weitergehen könnte. Denn ich hoffe immer noch, dass sich ein Nachfolger findet."
4. Sonja Demmler (71), Gartenstadt: "Es ist eine Situation, in der man resigniert"
Wie Andrea Schagerl ist auch Sonja Demmler, ebenfalls aus der Gartenstadt, noch auf der Suche nach einem neuen Hausarzt. "Die Schließung der Praxis Dr. Zauper hat mich schwer getroffen. Nicht nur, dass die Praxis in Wohnortnähe liegt und auch zu Fuß erreichbar ist. Auch der unkomplizierte Umgang mit dem Arzt und dem Praxisteam kommen mir und meiner Familie sehr entgegen", sagt die 71-Jährige.
Der Versuch, einen Hausarzt-Ersatz in Bad Neustadt zu finden, habe sich sehr schnell als "fast unlösbar" herausgestellt, so Demmler. "Bei akuten Beschwerden den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst über die 116117 anzurufen ist ein Albtraum, weil man praktisch grundsätzlich in einer Dauerwarteschleife landet." Eine Lösung für normale hausärztliche Tätigkeiten wie Impfungen oder Vorsorgeuntersuchungen hat sie bisher nicht gefunden: "Es ist eine Situation, in der man resigniert."
Vielen Dank an die Kassenärztliche Vereinigung und Regierung.