Nach zehn Angriffe von Wölfen auf Schaf-Herden in nur zwei Wochen in der Rhön hat die Regierung von Unterfranken die den Abschuss von zwei Wölfen genehmigt.
Wie geht es jetzt weiter und was sagen die Betroffenen dazu?
Wie viele Genehmigungen zum Töten eines Wolfes wurden bislang in Bayern erteilt?
Die Genehmigung für den Landkreis Rhön-Grabfeld ist die erste derartige Genehmigung im Freistaat. Der letzte frei lebende Wolf in Bayern wurde 1882 geschossen. Somit hat es seit 141 Jahren keine legale Tötung eines Wolfs gegeben.
Was sind die Hintergründe für die Abschussgenehmigung in der Rhön?
In den vergangenen 14 Tagen wurden im Bereich der Stadt Bischofsheim und dem nahen Naturschutzgebiet Lange Rhön mindestens zehn Mal Weidetiere angegriffen und gerissen. Auch wenn die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen noch nicht vorliegen, gibt es deutliche Hinweise, dass Wölfe die Verursacher waren.
Warum und von wem wurde der Abschuss der zwei Wölfe in der Rhön beantragt?
Aufgrund der fast täglichen Attacken auf Herden stellten sowohl der Landkreis Rhön-Grabfeld, mehrere Weidetierhalter, die Marktgemeinde Oberelsbach und der Bauernverband einen Antrag, die Wölfe zu töten. Genehmigt hat die Regierung von Unterfranken nun der Antrag der Tierhalter, da sie wirtschaftlich stark betroffen sind, sagt Landrat Thomas Habermann.
Was sind die Voraussetzungen für einen Antrag für einen Wolfs-Abschuss und seine Genehmigung?
Im konkreten Fall gibt es zwei Voraussetzungen. Das ist zum einen die hohe Zahl Risse von Nutztieren und der damit verbundene wirtschaftliche Schaden. Zum anderen haben der oder die Wölfe offensichtlich gelernt, Maßnahmen zum Herdenschutz wie korrekt aufgebaute Schutzzäune zu überwinden.
Die Regierung von Unterfranken verweist in der Genehmigung außerdem darauf, dass die Schafherden besonders im Naturschutzgebiet Lange Rhön von großer Bedeutung für den Schutz der dort natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt sind.
Was steht in der Genehmigung für den Landkreis Rhön-Grabfeld?
Die Genehmigung legt fest, dass zwei "schadenstiftende Wölfe" abgeschossen werden dürfen. Wie die Regierung festhält, ist die Genehmigung bis zum 9. November befristet und auf das Naturschutzgebiet Lange Rhön sowie das Umfeld der Bischofsheimer Stadtteile Frankenheim und Oberweißenbrunn begrenzt. Die Abschüsse sind nur auf eingezäunten Flächen mit Nutztierherden und einem Radius von 1000 Metern um sie herum erlaubt. Ziel der Einschränkungen ist es, zu vermeiden, falsche Tiere zu töten.
Warum dürfen zwei Wölfe getötet werden?
Es wurden in den vergangenen Tagen zwei Schwerpunkte bei den Rissen festgestellt. Entsprechend geht man davon aus, dass sowohl im Bereich Arnsberg und Bischofsheim als auch im Naturschutzgebiet Lange Rhön ein Wolf aktiv ist. Die Entfernung zwischen beiden Bereichen ist allerdings nicht so groß, als dass sie ein Wolf nicht problemlos überwinden könnte.
Wie sieht das weitere Vorgehen aus?
In einem 60-seitigen Praxisleitfaden der Umweltministerkonferenz für die Erteilung einer solchen Genehmigung ist auch die "Durchführung der Entnahme", wie das Töten in der Amtssprache genannt wird, geregelt. Darin findet sich auch eine Vielzahl von detaillierten Anweisungen. Die reichen von der Auswahl der Jäger über die zu verwendende Munition bis zum Umgang mit einem getöteten Wolf. Geregelt ist zum Beispiel auch, dass bei der Jagd nach dem Wolf Nachtsichtgeräte verwendeten werden dürfen, was sonst nur in Ausnahmefällen erlaubt ist.
Welche Jäger dürfen die Wölfe abschießen?
"Die Abschüsse werden ausschließlich von zur Jagdausübung Berechtigten durchgeführt", heißt es dazu von der Regierung. Es handelt sich dabei zunächst um Jäger, die in den genannten Bereichen zuständig und aktiv sind. Es können aber auch weitere, zur Jagd berechtigte Personen hinzugezogen werden.
Wie geht es dann weiter mit dem Wolfs-Abschuss?
Sobald alle Beteiligten an der Jagd erfasst sind, klären die Behörden die Details der Jagd und bilden Meldeketten. Letztere sollen gewährleisten, dass die Jagd in dem betroffenen Gebiet sofort endet, wenn ein Wolf getötet ist. Entsprechend müssen alle Jäger ständig erreichbar sein. Die Meldeketten müssen so gestaltet sein, dass die Jäger anonym bleiben, um sie vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen zu schützen.
Wie sicher ist es, dass die "richtigen" Wölfe abgeschossen werden?
Experten gehen davon aus, dass Wölfe immer wieder dort aktiv sind, wo sie nach positiven Erfahrungen geeignete Nahrung finden und keine größeren Störungen erleben. In diesen Bereichen würden sie kaum Konkurrenz dulden, weshalb die Wahrscheinlichkeit als hoch gesehen wird, die richtigen Tiere zu treffen. Nach dem Abschuss eines Wolfes ist eine sofortige genetische Bestimmung des Tieres vorgesehen.
Ist mit Klagen von Naturschützern gegen die Genehmigung zu rechnen?
Der Bund Naturschutz Bayern will den Fall in Ruhe analysieren, sagt Wolfsexperte Uwe Friedel. Er rechnet allerdings nicht damit, dass man gegen die Genehmigung klagen wird. Der oder die Wölfe hätten offensichtlich gelernt, den Herdenschutz zu überwinden. Hier sind nach seiner Ansicht Fehler im Vorfeld gemacht worden, wodurch sich der Wolf an Weidetiere als Nahrung gewöhnt habe.
Wie stehen die Schäfer in der Rhön zu den Abschussgenehmigungen für die beiden Wölfe?
Auch wenn sich die Schäfer nicht immer einig sind in der Bewertung der Geschehnisse, herrscht doch große Erleichterung über die Entwicklung – sowohl bei Hartwig Möller als auch Julian Schulz, deren Schaf-Herden dieser Tage angegriffen wurden.
Möller kritisiert zwar, dass die Entscheidung viel eher hätte fallen müssen. Er freut sich aber darauf, endlich nicht mehr Tag und Nacht bei seinen Schafen bleiben zu müssen. Mit seinem Kollegen Schulz ist er sich einig, dass "ein Wolf, der so viele Tiere reißt, weg muss".
Wie stehen die Jäger zu den genehmigten Tötungen von zwei Wölfen?
Für Thomas Schmitt ist die Entscheidung für den Abschuss der Wölfe "sachlich und fachlich richtig und auch notwendig". Für den Vorsitzenden der Kreisgruppe Bad Neustadt des Bayerischen Jagdverbandes ist es aber sehr wichtig, dass jeder der gefragten Jägerkollegen für sich entscheidet, ob er sich an der Jagd beteiligen möchte.
Gibt es noch weitere Anträge auf Abschussgenehmigungen in Unterfranken?
Nach Angaben der Regierung liegen Anträge auf Abschuss einer Wolfsfähe, also eines weiblichen Wolfs, in den Landkreisen Aschaffenburg, Main-Spessart und Bad Kissingen vor. Offenbar handelt es sich um die Wölfin GW3092f, die seit Mai vor allem im Spessart schon 19 Mal Nutztiere gerissen hat.
Man habe die rechtlichen Voraussetzungen geprüft und sei zu dem Schluss gekommen, dass für das Gebiet des Untermains und den Landkreis Main-Spessart diese Voraussetzungen fehlen, da hier keine Wiederholungsgefahr auf Nutztierrisse bestehe, heißt es von der Regierung von Unterfranken. Für den Landkreis Bad Kissingen sei die Prüfung noch nicht abgeschlossen.