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Oberelsbach
Nach zehn Angriffen auf Weidetiere in 14 Tagen: Regierung erteilt Abschussgenehmigung für zwei Wölfe in der Rhön
Bislang einmalig in Bayern: Nach intensiven Vorbereitungen genehmigte die Regierung von Unterfranken einen Antrag zur Tötung von Wölfen. Wie es jetzt weitergeht.
In der Rhön dürfen jetzt zwei Wölfe getötet werden, die möglicherweise für eine Vielzahl von Weidetierrissen verantwortlich sind. 
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa | In der Rhön dürfen jetzt zwei Wölfe getötet werden, die möglicherweise für eine Vielzahl von Weidetierrissen verantwortlich sind. 
Thomas Pfeuffer
 |  aktualisiert: 29.02.2024 15:33 Uhr

Am Donnerstagmorgen brodelte die Stimmung bei den Rhöner Weidetierhaltern. Schnell hatte es sich herumgesprochen. Schon wieder soll ein Wolf zugeschlagen haben. Ein Lamm aus einer der Herden im Naturschutzgebiet Lange Rhön war in einem entsprechenden Zustand tot aufgefunden worden.

Neun oder zehn Wolfsattacken in gerade einmal 14 Tagen, die Stimmung schwankte "zwischen totaler Wut und totalem Frust", wie das ein Schäfer gegenüber dieser Redaktion beschrieb. Am Donnerstagabend dürfte dann die Erleichterung bei den Tierhaltern groß gewesen sein. Kurz vor 18 Uhr traf die Genehmigung ein: Zwei Wölfe dürfen getötet werden. Das ist die erste derartige Genehmigung in Bayern.

Ein totes Schaf am 29. September, ein totes Schaf und zwei tote Ziegen am 2. Oktober, zwei tote Schafe ebenfalls am 2. Oktober und weiter: am 7. Oktober, am 8. Oktober, am 10. und schließlich am 12. Oktober wurden weitere getötete Tiere gefunden, die eindeutige Spuren eines Wolfsrisses aufwiesen. Warum die Angriffe auf Weidetiere in den vergangenen Tagen so eskaliert sind, ist unklar.

Die Vorfälle konzentrierten sich jedenfalls auf zwei Bereiche, den Raum Bischofsheim und das nicht weit entfernte Naturschutzgebiet Lange Rhön. Entsprechend gehen Fachleute und Schäfer von zwei Wölfen aus, die offensichtlich Geschmack an Weidetieren gefunden und gelernt haben, die Herdenschutzmaßnahmen zu überwinden.

Drohendes Ende der Weidewirtschaft wegen des Wolfes soll verhindert werden 

Bei den Attacken ist nicht nur erheblicher Schaden entstanden. Wie Schäfer immer wieder betonen, ist auch die psychische Belastung enorm. Man habe ja eine enge emotionale Bindung zu seinen Tieren. Die Bilder von gerissenen Tiere auf der Weide seien ein Albtraum für jeden Tierhalter. Letztlich stelle sich die Frage, ob man die Weidetierhaltung nicht aufgeben sollte. Eine solche Entwicklung müsse verhindert werden, betont Landrat Thomas Habermann. Ein Ende der Weidetierhaltung in der Rhön würde jahrzehntelange Bemühungen, die wertvolle Landschaft zu erhalten, zunichtemachen.

Julian Schulz ist einer der Rhöner Schäfer, dessen Herde in den vergangenen Tagen vermutlich von einem Wolf angegriffen wurde.  
Foto: Thomas Pfeuffer | Julian Schulz ist einer der Rhöner Schäfer, dessen Herde in den vergangenen Tagen vermutlich von einem Wolf angegriffen wurde.  

In der Folge beantragten sowohl Habermann, drei Landwirte, die Marktgemeinde Oberelsbach und der Bauernverband vor einer Woche die "Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme" vom Bundesnaturschutzgesetz, das heißt die Tötung der eigentlich streng geschützten Tiere. Zuständig für die Genehmigung ist in diesem Fall die Regierung von Unterfranken. Mit ihr, den zuständigen Ministerien sowie dem Landesamt für Umwelt (LfU) hätten daraufhin in der vergangenen Woche "intensivste Absprachen" stattgefunden, so Habermann.

Anonymisierte E-Mail-Verteiler und Meldeketten zum Schutz der Jäger

Täglich mehrstündige Videokonferenzen und Telefonate auf der Spitzen- und der Arbeitsebene, er habe da "maximalsten Druck" aufgebaut, beschreibt der Landrat sein Vorgehen. Man habe gut zusammengearbeitet, der enorme Aufwand sei aber erforderlich gewesen, um das hoch komplizierte Verfahren rechtssicher zu machen. Alleine eine Praxisanleitung der Umweltministerkonferenz für einen solchen Fall umfasst rund 60 Seiten. Die Entscheidungen hätten aber präzise vorbereitet und rechtssicher abgeprüft werden müssen, so Habermann. Das erkläre auch die Dauer des Verfahrens.

Gleichzeitig liefen im Landratsamt die Vorbereitungen an, wie die "Entnahme" der Wölfe praktisch umzusetzen ist, sobald die Genehmigung erreicht ist. Ebenfalls ein kompliziertes Verfahren. Und, ein in Unterfranken bislang einmaliges. Entsprechend fehlen Erfahrungen. Die Jäger müssen informiert werden und eingewiesen werden, so sie sich denn beteiligen. Man müsse Meldeketten und E-Mail-Verteile einrichten, zum Beispiel um die Entnahme sofort zu stoppen, sobald der Wolf getötet ist. Die Namen der Jäger müssen dabei allerdings anonym bleiben, um sie vor möglichen Racheaktionen zu schützen.

Emotionalisierung des Themas Wolf-Abschuss möglichst vermeiden

Nicht zuletzt deshalb, so der Landrat, seien die Vorbereitungen ohne Öffentlichkeit abgelaufen. Ziel sei gewesen, das Thema kühl und geschäftsmäßig abzuarbeiten. Eine Emotionalisierung, die beim Thema Wolf üblich sei, habe man möglichst vermeiden wollen. 

Die Genehmigung, die den Landrat jetzt erreichte, gilt ab sofort. Entsprechend liefen die Vorbereitungen an und die Jäger sollten umgehend informiert werden. Die Genehmigung umfasst den Raum, in dem bisher die Schwerpunkte der Wolfsattacken lagen, den Bereich um Bischofsheim und die Lange Rhön. Sie gilt für Wölfe beziehungsweise Wolfshybride, die bekanntlich auch in der Rhön unterwegs sind. Sobald zwei Tiere getötet sind, erlischt sie. Fall es dann zu weiteren Nutztierrissen käme, muss ein neues Verfahren eingeleitet werden.

 
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  • Richard Baumann
    Die Rückkehr des Wolfes in deutschen Wäldern ist als großer Erfolg für den Naturschutz bezeichnet worden, da der Wolf als großer Beutegreifer für die Gesundheit des Ökosystems sorgt und für den Schutz der Wälder steht. Aber - über 100 Jahre galt er in Deutschland als ausgestorben und für den Schutz der Wälder haben bis heute genauso erfolgreich auch unsere Jäger gesorgt. Selbst wenn diese jetzt legal einen Wolf erlegen, müssen sie nach diesem Artikel mit Vergeltungsmaßnahmen fürchten. Das geht jetzt aber zu weit. Welcher immenser Aufwand wird in Deutschland um den Wolf betrieben? Bei den Übergriffen auf Weidetiere werden akribisch gentechnische Untersuchungen geführt, jeder getötete Wolf "kriminaltechnisch" untersucht, jeder Wolf mit einer eigenen Kennung in Datenbanken verwaltet. Jeder legale Abschuss eines Wolfes muss mit riesigem Aufwand genehmigt und durchgeführt werden. In Deutschland kann es einfach kein Zusammenleben von Wölfen und Weidetieren geben, trotz Artenschutz.
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  • Horst Michalsen
    Ich stimme Ihnen vollumfänglich zu.

    Wie bei anderen strittigen Themen gelingt es aber auch hier einer kleinen, lauten und aggressiven Minderheit, das „Thema Wolf“ für Eigeninteressen zu vereinnahmen. Dazu gehören Wild-Biologen ebenso wie selbst ernannte „Naturschützer“. In einem sehr dicht besiedelten Land wie Deutschland hat der sich völlig unkontrolliert ausbreitende Wolf nichts zu suchen.

    Von den Kosten, die das Wolfsmanagement verursacht und die nicht veröffentlicht werden, ganz zu schweigen. Warum soll die Allgemeinheit diese Kosten für Herdenzäune, Entschädigungen, entsprechendes Fachpersonal in Behörden u.v.m. tragen, wenn es auch einfacher und unkompliziert und nach der überwältigenden Mehrheit der Bürger ginge?
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  • Horst Michalsen
    Ein kleiner, überfälliger Schritt in die richtige Richtung.
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  • Helga Scherendorn
    Gute Entscheidung, aber ich hätte mir mehr Abschüsse als nur 2 gewünscht!
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  • Gerhard Zwierlein
    "Alleine eine Praxisanleitung der Umweltministerkonferenz für einen solchen Fall umfasst rund 60 Seiten" . Liebe MainPost - was nutzt die Quellenangabe, wenn sie nicht stimmt! Sie umfasst nämlich nur 59 Seiten! ( https://www.wolfcenter.de/wp-content/uploads/2021/05/PDF_Jahr2021_Praxisleitfaden_Komplettfassung_19042021.pdf). Es folgen unter anderen Erläuterungen der Art, dass der Jäger auch treffen können soll, wissen soll, was ein Wolf ist und wo sich der Wolf befindet.
    Was wenn man den falschen Wolf trifft und "Strafbewehrte/ordnungswidrigkeitenbewehrte Fehlabschüsse auftreten .... Da das Strafrecht nicht zur Disposition der Naturschutzverwaltung steht, bleiben strafrechtliche Vorschriften unberührt." Sind zwei Wölfe tot und danach gibts weitere Risse? Tja, dann hat er Schütze ein strafrechtliches Problem oder die anderen Wölfe haben nicht auf vegan umgestellt!
    Sind alle Wölfe abgeschossen, holen wir neue aus Schweden - zusammen mit dem Birkhühnern! Würde nicht überraschen!
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  • Jutta Nöther
    Zwei Wölfe - woran will man denn erkennen, dass es sich um die "richtigen" beiden Tiere handelt?
    Oder ist das egal...?
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  • Stefan Köhler
    Der Kapitalismus muss geschützt werden!
    Geht der Wolf ans Kapital muss er weg.

    Sad Days.
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  • Roland Rösch
    Wie ernähren sie sich und ihre Familie. Nur wenn man komplett vom Staat lebt kann man den Vorwurf Kapitalismus machen.
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  • Ulrike Kohl
    Man regt sich auf über ein paar Schafe, die der Wolf angreift…. Das ist Natur!
    Wo sind denn die Stimmen für die Millionen Rinder/Schweine, denen wirklich in den zuchtställen und Schlachthöfen ganz übel mitgespielt wird??
    Ich finde diese Heuchelei zum Kotzen.
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  • Horst Michalsen
    Jetzt vermischen Sie unzulässig zwei völlig verschiedene Themen, die wahrlich nichts miteinander zu tun haben. Aber wenn Sie meinen, unbedingt kotzen zu müssen, jederzeit und gern …
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  • Richard Baumann
    Jetzt geht sie los, die Erbsenzählerei!
    Wenn zwei Wölfe getötet sind, erlischt die Genehmigung.
    Dann müssen erst wieder E-Mail Verteiler und Meldeketten den sofortigen Stopp möglichst sofort bekanntgeben.
    Zwischenzeitlich werden 3 weitere Lämmer von Wölfen gerissen und es beginnt die Messung der Entfernung, da ja 1000 Meter eingehalten werden müssen.
    Wo war denn der Wolf vor 30 Jahren?
    Ja, es gab keinen und es gab auch keine Schäden bei Weidetieren!
    Jetzt muss das Raubtier geschützt werden und damit steigt auch die Zahl der Staatssekretäre und Beamten im höheren Dienst um die Erbsenzählerei genau auf den Punkt zu bringen. Oh, armes Bayern, oh armes Deutschland.
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  • Gerhard Zwierlein
    @Richard Baumann: "... es beginnt die Messung der Entfernung, da ja 1000 Meter eingehalten werden müssen. Wo war denn der Wolf vor 30 Jahren?..." Definitiv war der Wolf vor 30 Jahren mehr als 1000 Meter weg.
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Die Leute von den Staatsforsten wissen genau, was sie da zu tun haben. Sie brauchen da keine Belehrung.
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  • Thomas Hemmerich
    Egal wie man zu dem Thema steht, ich vermute man hat mit der Abschussgenehmigung so lange gewartet, bis die Wahl vorüber ist. Es ist ein emotionales Thema für beide Seiten und diese Entscheidung hätte evtl die eine oder andere Wählerstimme gekostet.
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  • Gerhard Zwierlein
    Wenn man die Entscheidung vor dem "Volk" bis nach der Wahl verstecken müsste, wäre das ein Armutszeugnis für Verwaltung und Politik. Der Antrag war verblüffender Weise vor der Wahl publikumswirksam und öffentlich. Ich hatte hier schon mal angefragt, aber der MainPost-Zensur unterlegen, nämlich, ob der Antragsteller, Herr Habermann als Jäger selbst abschussberechtigt ist und ob er sich die "Beute" dann ausstopfen lassen kann oder den Wolf im Wechterswinkler Kloster ausstellen darf. Aber die eigentlich "ironisch" gemeinte Frage, ist ja nun eine richtige Frage: Die Jäger müssen informiert werden und eingewiesen werden, so sie sich denn beteiligen. Also wenn es ein Wahlrecht zum beteiligen gibt, dann stellt sich diese Frage erst recht! Können sich da alle Jäger melden oder nur bestimmte - Im Staatsforst und/oder in den einzelnen Jagdrevieren. Oder wieder zurück: darf sich Herr Habermann hier auch melden, "so er sich denn beteiligen" will.
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