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Bad Neustadt
Kurzzeitpflege überlastet, dafür Tagespflege mit freien Plätzen: Wie die Pflegelandschaft in Rhön-Grabfeld aussieht
Die Zahl der stationären Plätze in den Pflegeheimen ist gesunken. Personalmangel und demografischer Wandel stellen die Pflege in Rhön-Grabfeld vor Herausforderungen.
Die aktuelle Pflegebedarfsplanung beleuchtet den Pflegebedarf und das Angebot im Landkreis Rhön-Grabfeld bis ins Jahr 2043.
Foto: Marijan Murat/dpa (Symbolbild) | Die aktuelle Pflegebedarfsplanung beleuchtet den Pflegebedarf und das Angebot im Landkreis Rhön-Grabfeld bis ins Jahr 2043.
Sigrid Brunner
 |  aktualisiert: 19.02.2025 02:37 Uhr

Wie viele Pflegebedürftige gibt es im Landkreis Rhön-Grabfeld? Von wie vielen Diensten und Pflegeeinrichtungen werden diese versorgt? Und wie viele Angebote werden in den nächsten Jahren zur Versorgung der Pflegebedürftigen benötigt? Diese Angaben werden vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung der Menschen und angesichts andauerndem Personalmangel in der Pflege immer wichtiger.

Aufschluss darüber gibt die sogenannte Pflegebedarfsplanung, die der Landkreis alle fünf Jahre in Auftrag gibt. Seit 2003 führt das Büro Modus Wirtschafts- und Sozialforschung GmbH aus Bamberg die Bedarfsermittlung durch. 2024 wurde erneut eine Pflegebedarfsplanung erarbeitet, mit den aktuellsten Zahlen vom Stichtag 31. Dezember 2023. Deren Ergebnisse liegen nun vor.

Im Landkreis Rhön-Grabfeld gab es zum Stichtag insgesamt 4851 pflegebedürftige Menschen. Das sind 6,1 Prozent der Gesamtbevölkerung, womit der Kreis über dem bayerischen und unterfränkischen Durchschnitt liegt, erläutert Sabine Wenzel-Geier, Leiterin des Pflegestützpunktes Rhön-Grabfeld, die ermittelten Daten. 

Der demografische Wandel macht auch vor dem Landkreis nicht Halt. Ende 2023 lebten hier 5707 Menschen mit einem Alter von über 80. Bis zum Jahr 2043 wird diese Zahl auf 8609 steigen. Die Anzahl der Pflegebedürftigen ab 75 Jahren steigt in diesem Zeitraum von 3342 auf 4237.

Sabine Wenzel-Geier, Leiterin des Pflegestützpunktes Rhön-Grabfeld.
Foto: Sigrid Brunner (Archivfoto) | Sabine Wenzel-Geier, Leiterin des Pflegestützpunktes Rhön-Grabfeld.

Ambulante Pflege: Der Bedarf ist knapp ausreichend gedeckt

In der ambulanten Pflege wurden 14 Pflegedienste gezählt. Diese beschäftigten 429 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wiederum 1967 Pflegebedürftige betreuten. Die Pflegedienste liegen über den Landkreis relativ gut verteilt, allerdings mit deutlicher Konzentration in Bad Neustadt, Mellrichstadt und Bad Königshofen. 

Im Jahr 2003 waren in den ambulanten Diensten 180 Personen beschäftigt. 2013 stieg die Zahl auf 394. 2018 erreichte sie mit 513 ihren Höchststand. Ende 2023 sank sie schließlich auf die erwähnten 429. Die Zahl der Betreuten lag 2003 bei 818, 2013 bei 1414, 2018 bei 2046 und 2023 bei 1967 Menschen. 

Interessant wird es beim Ist-Soll-Vergleich: Bei einem Bestand an 137,8 Vollzeitpflegekräften errechnete Modus einen Mindestbedarf von 128,1 und einen Maximalbedarf von 279,2 Vollzeitpflegekräften. Das heißt, der Bedarf in der ambulanten Pflege ist mit den vorhandenen Beschäftigten nur noch knapp ausreichend gedeckt. Für eine langfristige Deckung seien, so die Prognose, pro Jahr dreieinhalb zusätzliche Vollzeitstellen nötig.

Tagespflege: Rhön-Grabfeld ist gut aufgestellt

Im Bereich der Tagespflege ist Rhön-Grabfeld gut aufgestellt. "Das Angebot hat sich hier sehr positiv entwickelt", ist auch Sabine Wenzel-Geier zufrieden. Über den Landkreis verteilt gab es Ende 2023 zehn Tagespflegen mit insgesamt 183 Plätzen. Wenn auch die Auslastung der Tagespflegen in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, so sind noch freie Plätze vorhanden. 

Die Tagespflege ist ein wichtiges Angebot zur Entlastung von pflegenden Angehörigen. Die Pflegebedürftigen können weiter zu Hause betreut werden und den Angehörigen wird es ermöglicht, dennoch zu arbeiten. Wenzel-Geier hebt noch einen weiteren Punkt hervor: "In der Tagespflege sind die Personen nicht nur versorgt, sie haben auch Kontakt und werden gefördert und aktiviert." Bemerkenswert ist, dass 9,3 Prozent der Besucher der Tagespflege zum Stichtag Pflegegrad 5 hatten, sprich, dass auch in diesem Bereich noch eine Betreuung in der Tagespflege möglich ist.

Mit den 183 Plätzen ist der Landkreis deutlich näher am ermittelten Maximalbedarf von 221 Plätzen als am Mindestbedarf von 70 Plätzen. "Da können wir sehr zufrieden sein", so die Pflegeexpertin. In den nächsten 20 Jahren wird sich aller Voraussicht nach der Bedarf an Plätzen verdoppeln. Nach aktuellem Stand könne der Landkreis dies abdecken. Ein weiterer Ausbau wäre jedoch zu begrüßen, so Wenzel-Geier.

Kurzzeitpflege: Rhön-Grabfeld liegt unter dem Mindestbedarf

Düsterer sieht es in der Kurzzeitpflege aus. Bei den Erhebungen von 2013 und 2018 wurden noch 53 beziehungsweise 54 Pflegeplätze gezählt. Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren es nur noch 29. Grund dafür seien nicht nur das fehlende Personal, sondern auch der Verwaltungsaufwand, führt Sabine Wenzel-Geier aus. Dieser sei für einen dreiwöchigen Aufenthalt der Gleiche wie bei einem langfristigen stationären Pflegeplatz. Hier wäre eine Entbürokratisierung wichtig. Es gebe zwar finanzielle Anreize, diese seien aber wohl für die Pflegeheime nicht unbedingt ausschlaggebend.

Mit den 29 Pflegeplätzen befand sich Rhön-Grabfeld sogar unter dem Mindestbedarf von 41. Der Maximalbedarf lag unerreichbar bei 78 Plätzen. Der Bedarf wird weiter steigen. Für das Jahr 2043 kündigt Modus einen Maximalbedarf von 132 und einen Mindestbedarf von 70 Plätzen an. Etwas verbessern wird sich die Situation durch den Neubau des Franziska-Streitel-Altenheims in Mellrichstadt, wo ein ganzjähriger Kurzzeitpflegeplatz eingerichtet wird. Im Neubau des BRK-Pflegeheims in Bad Neustadt sollen die vier zeitweise eingestreuten in ganzjährige Plätze umgewandelt werden.

In Anspruch genommen wird die Kurzzeitpflege in der Regel, wenn die Angehörigen in den Urlaub fahren wollen beziehungsweise selbst erkrankt sind, nach einem Krankenhausaufenthalt oder wenn eine Pflege neu organisiert werden muss. Eine gute Versorgung mit Kurzzeitpflegeplätzen wäre demnach sehr wichtig, so Wenzel-Geier.

Vollstationäre Pflege: Nicht alle Plätze können belegt werden

Im Bereich der vollstationären Pflege sind die Pflegeeinrichtungen zwar flächendeckend gut aufgeteilt, die Platzzahlen sind aber im Vergleich zu 2018 weiter zurückgegangen. 2018 gab es noch 1041 Pflegeplätze, 2023 waren es nur noch 872. In diesem Zeitraum wurde das Haus am Kurpark in Bad Neustadt geschlossen. Außerdem wurden vermehrt Doppel- in Einzelzimmer umgewandelt.

Hinzu kommt, dass wegen fehlenden Personals nicht alle Plätze belegt werden können. Ende 2023 waren insgesamt 96 Pflegeplätze nicht verfügbar. Mit den 872 Plätzen ist Rhön-Grabfeld näher am Mindestbedarf von 725 als am Maximalbedarf von 1307 Plätzen. Perspektivisch wäre der Landkreis im Jahr 2043 mit den 872 Plätzen deutlich unter dem errechneten Mindestbedarf von 1093.

Bis 2028 wird wegen anhaltendem Personalmangel und baulichen Anforderungen mit einem weiteren Abbau an Pflegeplätzen auf 803 Plätze gerechnet. Demnach könnte es zu noch stärkeren Engpässen kommen, wenn nicht wieder mehr Pflegekräfte für den stationären Bereich rekrutiert werden können, lautet das Fazit der Modus GmbH.

 
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