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Bad Neustadt
Seniorenheime bis Pflegedienste in Rhön-Grabfeld: So ist die Pflegesituation im Landkreis
Eine Gesamtschau in Sachen Pflege im Landkreis. Warum Betten in Pflegeheimen teilweise nicht belegt werden können und wie es um die Ausbildung bestellt ist.
Bei steigender Zahl der Pflegebedürftigen gibt es zu wenig Pflegekräfte. Auch im Landkreis Rhön-Grabfeld ist in den meisten Bereichen die Nachfrage größer als das Angebot (Symbolbild).
Foto: Sina Schuldt/dpa | Bei steigender Zahl der Pflegebedürftigen gibt es zu wenig Pflegekräfte. Auch im Landkreis Rhön-Grabfeld ist in den meisten Bereichen die Nachfrage größer als das Angebot (Symbolbild).
Sigrid Brunner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:31 Uhr

Das Thema Pflegenotstand ist in aller Munde. Die Schere zwischen der Zahl der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte geht weit auseinander. Die Situation war schon vor Corona nicht einfach und hat sich nun noch einmal zugespitzt. Wie ist die Lage in den Pflegeeinrichtungen im Landkreis Rhön-Grabfeld? Angefangen von den Alten- und Pflegeheimen über die Tagespflege, ambulanten Dienste bis zu Haushaltshilfen. "Auch bei uns ist in nahezu allen Bereichen die Nachfrage deutlich größer als das Angebot", sagt Sabine Wenzel-Geier, Leiterin des Pflegestützpunktes Rhön-Grabfeld. Gegenüber dieser Redaktion gab sie einen Überblick.

1. Alten- und Pflegeheime im Landkreis Rhön-Grabfeld

Sabine Wenzel-Geier geht davon aus, dass nahezu alle 14 Alten- und Pflegeheime des Landkreises Wartelisten führen. "Angehörige können sich den Heimplatz in der Regel nicht aussuchen und müssen nehmen, was frei ist." Es könne passieren, dass in der nahen Umgebung kein Zimmer frei ist und auf die Nachbarlandkreise oder sogar darüber hinaus ausgewichen werden muss.

Sabine Wenzel-Geier, leitet den Pflegestützpunkt Rhön-Grabfeld. Dieser berät zu allen Themen rund um die Pflege und vernetzt die Pflegestrukturen im Landkreis.
Foto: Sigrid Brunner | Sabine Wenzel-Geier, leitet den Pflegestützpunkt Rhön-Grabfeld. Dieser berät zu allen Themen rund um die Pflege und vernetzt die Pflegestrukturen im Landkreis.

Diese Einschätzung bestätigt Angelika Ochs, Geschäftsführerin des Caritasverbandes Rhön-Grabfeld und zweier Pflegeheime in Mellrichstadt. Sowohl für das Franziska-Streitel-Altenheim als auch das Seniorenheim St. Niklas gebe es Wartelisten. Derzeit könnten personal bedingt nicht alle Betten belegt werden. Während im St. Niklas zehn Betten leer bleiben müssen, sei das Franziska-Streitel-Altenheim jedoch voll belegt, gibt Ochs auf Nachfrage dieser Redaktion Auskunft. 

Ähnlich sieht es nach Angaben von Einrichtungsleiter Florian Meder in der Juliusspitalstiftung in Bad Königshofen aus. Bei insgesamt 63 Betten sind trotz Warteliste nur 55 belegt. In der ebenfalls unter Meders Regie befindlichen Elisabethaspitalstiftung sind bei 40 Betten 35 besetzt. Auch das Stiftungs-Alten- und Pflegeheim in Bad Neustadt führt eine Warteliste. "Alle 2022 eingegangenen Anmeldungen können nicht innerhalb eines Jahres abgearbeitet werden", schildert Pflegedienstleiterin Ute Roßteuscher die aktuelle Situation. Sie schließt sich Ochs und Meder an: "Wenn mehr Personal da wäre, könnten auch mehr Betten belegt werden."

Caritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs wirbt für den Pflegeberuf. Wer pflegt, spende wichtige Lebensqualität, sagt sie.
Foto: Elke Storch/Caritasverband Rhön-Grabfeld | Caritas-Geschäftsführerin Angelika Ochs wirbt für den Pflegeberuf. Wer pflegt, spende wichtige Lebensqualität, sagt sie.

2. Tagespflegeeinrichtungen in Rhön-Grabfeld

Bei den Tagespflegeplätzen sieht es etwas besser aus als im stationären Bereich. "Wir bekommen selten Meldung, dass keine Kapazitäten vorhanden sind", berichtet Sabine Wenzel-Geier. Im Pflegestützpunkt sind zehn Anbieter bekannt, darunter die Diakonie und Caritas, aber auch private Einrichtungen. Die Tagespflege sei sehr wichtig, betont Wenzel-Geier, Angehörige würden durch sie dringend notwendige Entlastung erhalten. 

3. Ambulante Pflegedienste rund um Bad Neustadt, Mellrichstadt und Bad Königshofen

Dem Pflegestützpunkt liege keine Übersicht über freie Kapazitäten der Pflegedienste vor, erläutert Sabine Wenzel-Geier. Die Leitungen der Pflegedienste müssten bei Nachfrage schauen, in welche Tour der Klient aufgenommen werden kann und welche Personalqualifikation für die durchzuführende Tätigkeit notwendig ist. Das seien in der Regel Einzelentscheidungen. Beim Pflegestützpunkt sind 15 ambulante Pflegedienste der Wohlfahrtsverbände und unter privater Trägerschaft registriert. Drei befinden sich unter dem Dach des Caritasverbandes. "Im Moment haben wir genügend Fachpersonal", sagt Angelika Ochs. "Wir stellen jedoch auch proaktiv ein. Das heißt, wann immer wir eine Fachkraft bekommen können, stellen wir sie ein. Auch wenn zu der Zeit der Bedarf noch nicht da ist. Aber nach unserer Erfahrung kommt die Arbeit hinterher."

4. Möglichkeit der Kurzzeitpflege im Landkreis Rhön-Grabfeld

Die Lage in der Kurzzeitpflege sei vergleichbar mit der bei den stationären Alten- und Pflegeheimen, die in ihren Einrichtungen diesbezügliche Plätze eingestreut haben, führt Wenzel-Geier aus. Auch hier sei es schwierig, einen Platz zu bekommen. Die Kurzzeitpflege soll Angehörigen ermöglichen, Urlaub zu machen oder sich bei Krankheit vertreten zu lassen. Darüber hinaus wird die Kurzzeitpflege oft im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt in Anspruch genommen. 

5. Palliativ- und Hospizversorgung in der Region

Man sei im Landkreis froh über die Palliativstation am Campus des Rhön-Klinikums in Bad Neustadt, sagt die Pflegestützpunkt-Leiterin. Der Landkreis Rhön-Grabfeld ist Mitglied im Hospiz- und Palliativversorgungsnetzwerk (HPNV). Im ambulanten Bereich sei man gut aufgestellt. Drei SAPV-Teams (spezialisierte ambulante Palliativversor­gung) aus Schweinfurt und Meiningen betreuen den Landkreis mit. Bei der SAPV-Versorgung ist ein Arzt mit dabei. Außerdem gibt es in Würzburg ein Kinder-SAPV-Team, das sich auch um Rhön-Grabfeld kümmert sowie den Hospizverein Rhön-Grabfeld. Bei der stationären Palliativ- und Hospizversorgung müsse man in größeren Regionen denken. Ein Gewinn werde hier das in Schweinfurt geplante stationäre Hospiz sein.

6. Haushaltsnahe Dienstleistungen

Für Pflegebedürftige ab Pflegegrad 1 kann ein Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro im Monat in Anspruch genommen werden. Damit sollen Pflegebedürftige oder pflegende Angehörige bei der Haushaltsführung und Betreuung entlastet werden. In der Regel üben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialstationen, Wohlfahrtsverbände oder von privaten Anbietern die haushaltsnahen Dienstleistungen aus. Die 125 Euro können für Wohnungsreinigung, Einkaufen, Spazierengehen, Zeitung lesen oder alles Mögliche eingesetzt werden, erklärt Sabine Wenzel-Geier. Nach ihrer Schätzung reichen die 125 Euro für zwei Stunden in der Woche. Auch wenn es keine genauen Zahlen gibt, sei der Bedarf viel größer als das Angebot, weiß sie. Deshalb wäre es gut, wenn mehr Menschen diese Aufgabe übernehmen würden. Es sei eine schöne und attraktive Tätigkeit, meint Wenzel-Geier, die man auch im Ruhestand ausüben könne. Interessierte müssen dazu eine 40-Stunden-Schulung absolvieren. 

7. Ehrenamtlich tätige Einzelpersonen im Landkreis Rhön-Grabfeld

Eine wichtige Alternative, um pflegende Angehörige zu unterstützen, sieht Wenzel-Geier in "ehrenamtlich tätigen Einzelpersonen". Seit 2021 kann der Entlastungsbetrag von 125 Euro nicht nur bei anerkannten Trägern eingesetzt werden, sondern auch im privaten Umfeld. Zum Beispiel können damit Nachbarn, Freunde oder Bekannte für Hilfsleistungen entlohnt werden. Diese müssen dazu eine Acht-Stunden-Schulung durchführen. Der Landkreis unterstützt diese Möglichkeit. Am 15. Februar findet dazu ein Vortrag und am 24. Mai eine Schulung im Landratsamt statt.

Zusammenfassung und Ursachenforschung für den Pflegenotstand

Allgemein sei es momentan schwierig, Anbieter im Bereich der Pflege zu finden, bilanziert Sabine Wenzel-Geier. Das liege zum einen am Personalmangel und zum anderen an der gestiegenen Nachfrage. Die Pflegebedürftigkeit nehme immer mehr zu und immer weniger Menschen werden zu Hause gepflegt. Der Pflegeberuf sei ein attraktiver Beruf mit vielfältigen Möglichkeiten, wirbt sie für dieses Arbeitsfeld. "Es muss positiver über diesen Beruf gesprochen werden." Auch Angelika Ochs plädiert dafür, den Pflegeberuf nicht schlecht zu reden. "Pflege macht Spaß", betont sie. Wer pflege, gebe Lebensqualität. 

Sabine Wenzel-Geier hofft, dass die seit 2020 bestehende generalistische Pflegeausbildung dauerhaft zu einer höheren Zahl an Pflegeschülerinnen und Pflegeschülern führt und diese nicht nur in den Krankenhäusern arbeiten, sondern auch die Altenpflege davon profitieren kann. 2021 wurden in Deutschland fünf Prozent mehr Ausbildungsverträge in der Pflege abgeschlossen. Das geht aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervor. "Die Ausbildung ist der Schlüssel", betont Wenzel-Geier. Im Landkreis gebe es viele Einrichtungen, die ausbilden würden. Das Personalproblem sei erkannt worden und es werde versucht, gegenzusteuern.

Das bestätigt Angelika Ochs für den Caritasverband: "Wir bilden in allen Einrichtungen aus." Sie wehrt sich gegen den Vorwurf, in der Pflege würden schlechte Arbeitsbedingungen herrschen. Bei ihnen gebe es Sonderzuschläge, Wunschdienstpläne und gute Bezahlung. "Wir kommen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so weit wie möglich entgegen." 

 
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  • KPE
    Pflege macht Spaß? Vielleich hätten die Arbeitgeber das erkennen sollen als das Pflegepersonal noch zur Genüge vorhanden war. Es ist nicht die schlechte Bezahlung, nein, es sind die Menschen die Pflegepersonal (vor allem in Krankenhäuser) wie Dienstboten behandeln, Arbeitgeber die meinen das Pflegepersonal ja so sozial eingestellt ist und schon mal 12 Dienste am Stück hintereinander schiebt-. Im drei Schicht Betrieb übrigens oder in 12 Std Schichten. Unser Gesundheitssystem ist seit den ewigen Einsparungen kaputt und durch weitere Privatisierung g wird es weiter kaputt gemacht, denn es geht nicht um den Patienten sondern um den Gewinn den er bringt.
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