
Das Thema öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) dürfte aktuell so viel Beachtung finden wie nie zuvor. Auch die Politik bemüht sich mittlerweile mit Maßnahmen wie dem 9-Euro-Ticket und nun dem 49-Euro-Ticket darum, den Bürgerinnen und Bürgern das klimafreundliche Bus- und Bahnfahren möglichst schmackhaft zu machen. Wie passt es da ins Bild, dass auf der Werntalbahn, einer vom Güterverkehr stark frequentierten, elektrifizierten Bahnstrecke zwischen Gemünden (Lkr. Main-Spessart) und Waigolshausen (Lkr. Schweinfurt), keine Personenzüge (mehr) halten?
Überhaupt nicht, befanden die Kreistage in Main-Spessart und Schweinfurt und stimmten im Mai beziehungsweise November 2021 für die Reaktivierung der Werntalbahn für den Personenverkehr. Um diese Reaktivierung jedoch auch wirklich umsetzen zu können, bedarf es der Zustimmung vonseiten der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG). Die nahm die Gremienbeschlüsse aus Unterfranken zum Anlass, eine Analyse in Auftrag zu geben, die das zu erwartende Fahrgastpotenzial auf der knapp 40 Kilometer langen Strecke bewerten sollte.
Gutachten ermittelt: Fahrgastpotenzial reicht für SPNV-Reaktivierung nicht aus
Das Ergebnis, das im April im Ausschuss für Landkreisentwicklung des Kreistags vorgestellt wurde, war ernüchternd. Lediglich 729 Personenkilometer je Streckenkilometer errechnete die beauftragte Consulting-Firma – 1000 Personenkilometer je Streckenkilometer sind nötig, damit die BEG die Betriebskosten der Bahnstrecke übernimmt.
Die Studie, die die BEG am vergangenen Freitag veröffentlichte, kam darüber hinaus zu dem Schluss, dass auch der Bau zusätzlicher Stellplätze für Autos und Fahrräder an den Stationen die Personenkilometer lediglich auf 823 steigern würden.
Gemündens Bürgermeister stellt Aussagekraft der Potenzialanalyse zur Diskussion
Ein Wert, der nach Ansicht von Gemündens Bürgermeister Jürgen Lippert nicht automatisches Ausschlusskriterium für eine perspektivische Reaktivierung der Strecke sein darf: "Will man den ÖPNV stärken und fördern, lässt sich dies meines Erachtens nicht an prognostizierten rund 100 fehlenden Mitfahrern festmachen, insbesondere dann nicht, wenn eine voll elektrisierte und intakte Verbindung bereits zur Verfügung steht."
Inwieweit die angestellten Prognosen auch repräsentativ seien, stellt Lippert "vor allem vor dem Hintergrund des Umfangs der Beteiligung der Befragten und der Schlüsse, die daraus gezogen werden", zur Diskussion. Während die Stadt Gemünden sich also klar weiter für die Reaktivierung der Werntalbahn positioniert, zeigt sich die Stadt Karlstadt dafür zumindest offen.
Stadt Karlstadt zeigt sich offen für Einrichtung eines eigenen Haltepunkts
Anders als die Main-Spessarter Kommunen Gemünden, Gössenheim, Eußenheim, Thüngen und Arnstein wurde Karlstadt trotz seines an der Strecke liegenden Ortsteils Stetten nicht in die Potenzialanalyse eingebunden, da dort bereits vor der Stilllegung der Strecke für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) im Jahr 1976 kein Haltepunkt existiert hatte. So habe es eine Bürgermeisterdienstbesprechung der MSP-Kommunen entlang der Strecke entschieden, weil ein komplett neuer Haltepunkt teuer würde, heißt es aus dem Landratsamt. Der Einrichtung eines solchen Haltepunkts stehe man jedoch grundsätzlich offen gegenüber, schreibt Uli Heck, geschäftsführender Beamter der Stadt Karlstadt. Eine entscheidende Rolle spiele dabei jedoch das Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Laut Heck würde es die Stadt Karlstadt zudem begrüßen, wenn der Landkreis die Reaktivierung der Werntalbahn weiter auf dem Schirm hat, um bei veränderten Rahmenbedingungen schnell reagieren zu können – ein Wunsch, der sich laut Landratsamtssprecher Markus Rill exakt mit dem Vorgehen des Landkreises Main-Spessart deckt.
Landkreis Main-Spessart behält die Reaktivierung der Werntalbahn im Blick
So habe der entsprechende Fachausschuss nach der Präsentation der Potenzialanalyse bewusst nicht beschlossen, auf die Reaktivierung der Werntalbahn grundsätzlich zu verzichten. Stattdessen, so Rill, wolle man bei sich ändernden Rahmenbedingen, wie der möglicherweise steigenden Attraktivität des Zugfahrens durch das Deutschlandticket, einer Verbundraumerweiterung, der Anpassung von Reaktivierungskriterien sowie der Schaffung neuer Park & Ride-Kapazitäten an der Strecke, das Thema Werntalbahn gegebenenfalls erneut aufgreifen.
Auch sei es dem Landkreis generell ein großes Anliegen, den SPNV auszubauen und attraktiver zu gestalten. Mögliche weitere Bausteine dafür seien der Lohrer Stadtbahnhof, die Bahnanbindung von Hasloch oder das Regio-S-Bahn-Netz im Maintal.
Die Aussage aus dem Karlstadter Rathaus, "eine entscheidende Rolle spiele dabei jedoch das Kosten-Nutzen-Verhältnis" überzeugt nicht. Kaum eine Investition einer Kommune hat ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis. Letztendlich sind es politische Entscheidungen. Bei den politischen Entscheidungen im Karlstadter Rathaus steht die Werntalbahn wohl nicht hoch im Kurs ...
Letzendlich werden hier die enormen Chancen, welche das 49 € Ticket gerade für den ländlichen Raum biete nicht genutzt. Für 49,00 € monatlich von Stetten nach Aschaffenburg, Schweinfurt oder sogar nach Bamberg, so günstig ist nicht einmal ein E-Auto mit eigenem Solarstrom.
Armin Beck
Karlstadt
Das ganze 49-Euro-Ticket ist sowieso eine Unverschämtheit: die Leute, die in Ballungszentren wohnen oder sowieso schon an den ÖPNV angeschlossen sind, können nun NOCH billiger fahren. Und (mit)bezahlt wird dies von denen, die nach wie vor keinerlei Anbindung haben. Daher führt dieses Ticket auch zu keinen Umstiegseffekte auf Bahn und Bus, weil nicht ein einziger Kilometer Schiene und nicht eine einzige Buslinie mehr existiert.
In Würzburg etwa war mein ÖPNV-Abo für die Stadt schon vorher günstiger als 49€ - nutzt mit also gar nichts.
wenn man sich die Strecke, die örtlichen Verhältnisse und die Notwendigkeiten anschaut, kommen da (nach heutigen Verhältnissen) locker dreistellige Millionenbeträge raus (s. Entwicklung bei der Mainschleifenbahn), um die Werntalbahn für einen vernünftigen ÖPNV (= Taktverkehr!!) zu ertüchtigen (es sei denn, man verzichtet auf die Funktion als Güterumgehungsbahn, aber das dürfte illusorisch sein).
Es bewahrheitet sich mMn der alte Spruch "ist die Bahn erstmal zurückgebaut (und sei es auch nur "teilweise"), kommt sie auch nicht wieder". Alleine was da an Einwänden seitens der Anlieger/innen kommen dürfte - Himmelswillen. Ich kann mir schon vorstellen, dass die ggf. davon Betroffenen (in der Verwaltung) überzeugt sind, ihre Zeit für sinnvollere Maßnahmen (auch zur Förderung des ÖPNV) nützen zu können... also das klappt VIELLEICHT, wenn alle dort an einem Strang ziehen, aber SICHER NICHT, falls nicht!
"Die als Werntalbahn bezeichnete eingleisige und elektrifizierte Bahnstrecke von Waigolshausen nach Gemünden zweigt von Schweinfurt kommend in Waigolshausen von der Bahnstrecke Bamberg – Würzburg ab. In Gemünden bindet sie in die Strecke zwischen Würzburg und Aschaffenburg ein. Seit der Einstellung des Personenverkehrs im Jahre 1976 wird die Strecke ausschließlich von Güterverkehrszügen befahren. Mit dem zweigleisigen Ausbau der Strecke wird beabsichtigt, das Verkehrsaufkommen auf dem abschnittsweise überlasteten Korridor zwischen Würzburg und Nürnberg zu entlasten, indem Güterverkehrszüge über die Werntalbahn und Bamberg in Richtung Nürnberg umgeleitet werden."
https://www.bvwp-projekte.de/schiene/2-012-V01/2-012-V01.html#h1_uebersicht
Armin Beck
Karlstadt
Mit welcher Dringlichkeit? Nicht die nächsten hundert Jahre ....
Armin Beck
Karlstadt
Außerdem wird als Zweck des zweigleisigen Aubaus explizit NICHT der ÖPNV genannt, sondern "......das Verkehrsaufkommen auf dem abschnittsweise überlasteten Korridor zwischen Würzburg und Nürnberg zu entlasten, indem GÜTERverkehrszüge über die Werntalbahn umgeleitet werden"
wie machen wir den zweigeleisigen Ausbau zum Beispiel in Setten oder Thüngen. Gerne auch Binsfeld oder Reuchelheim. Wollen Sie in Reuchelheim den Friedhof verlegen oder doch Wohnhäuser wegreissen?
Moment, der "Werntal-Basistunnel" von Waigolshausen bis Wernfeld. Das wäre die Lösung!
Wir sollten doch lieber vorher mal die Alternative "Bus" probieren.
Dann bleibt auch Äuße verschont. Denke hier allein an den Durchstich zwischen Kirche und Weinbergen.
Und für dieses eine Mal müssen überall Bahnsteige, Unterführungen (alles behindertengerecht!), Ticketautomaten, Zufahrtsstraßen, Parkplätze usw gebaut werden. Das geht in die hunderte Millionen, wenn nicht Milliarden.
Für das Geld könnte man beliebig viele Busse durchs Werntal fahren lassen, die keinerlei Zusatzkosten verursachen und zudem in jedem Ort halten und nicht in jedem dritten. Gerne alle halbe Stunde.
Wenn diese Busse dann alle voll sind, kann man über die Bahnstrecke mal nachdenken.
a) für diese Strecke tatsächlich kein Bedarf besteht, die Berufsverkehr-Pendlerströme sind völlig anders
b) diese Strecke KOMPLETT "voll" ist mit Güterzügen, denn sie dient zur Entlastung der Strecke GEM - WÜ, welches die meistbefahrene Strecke ganz Deutschlands ist. Es ist im übrigen eine eingleisige Strecke (auch wenn die MP regelmäßig eine zweigleisige Begegnungsstelle zeigt).
ALSO: selbst wenn alle Bahnbefürworter feucht im Schritt werden, sobald sie "Reaktivierung" hören: es geht schlicht und einfach nicht. Ende.
"natürlich Dummfug", "feucht im Schritt werden"
Schade, dass Sie nicht in der Lage sind "anständig" zu diskutieren. Ich hoffe dass die Klarnamen dazu führen dass der eine oder andere Bekannte von Ihnen Ihnen klarmacht, dass es in unserem Land noch ein Mindestmaß an Umgangsformen gibt.
Armin Beck
Karlstadt
Keine Angst, hier ist nichts "unanständig", ein bißchen Würze in der Sprache müssen Sie schon aushalten, als Politiker sowieso....
Warum die Reaktivierung des Personenverkehrs auf der Wertalbahn nicht nur unsinnig, sondern auch unmöglich ist, hatte ich hinlänglich erläutert.
Wer sich aus purer Ideologie trotzdem dafür stark macht, verschließt sich nunmal den rationalen Argumenten.
Verzichtet man auf Klimaschutzprojekte aus Kostengründen, wird die Rechnung später richtig teuer.