Mitten in die eigentlich vorgesehene endgültige Beerdigung der Steigerwaldbahn zwischen Schweinfurt und Großlangheim (Lkr. Kitzingen) ist dieser Tage ein Positionspapier der bayerischen Verkehrsministerin geplatzt, wonach der Freistaat künftig auch die Reaktivierung von Bahnstrecken fördern könnte, die das 1000-Fahrgäste-Ziel pro Tag nicht erreichen. Dieses Ziel wird auch der Knackpunkt für die beiden gewünschten Wiederinbetriebnahmen in Main-Spessart, den Lohrer Stadtbahnhof und Personenverkehr auf der Werntalbahn, sein. Für Lohr soll die Potenzialprognose bald vorliegen. Erhöhen die Pläne der Staatsregierung also die Chancen für die Werntalbahn und Lohr Stadt?
Bislang ist es nur ein internes Positionspapier, das Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) Anfang Dezember an die Landtagsabgeordneten von CSU und Freien Wählern verschickt hat. Zwar sollen demnach die bislang geltenden Kriterien zur Wiederinbetriebnahme von Regionalbahnen weiter gelten. Allerdings sollen diese Kriterien um ein "Vier-Säulen-Modell" mit einem Gesamtvolumen von 55 Millionen Euro pro Jahr ergänzt werden, das eine "sinnvolle Reaktivierung" auch jenseits der fixen Vorgaben möglich machen soll.
Harald Schneider sieht Pläne als "Taschenspielertrick"
Konkret sollen demnach 15 Millionen Euro jährlich in die Wiederinbetriebnahme von Strecken fließen, bei denen das Ziel 1000-Fahrgäste-Kriterium nicht erreicht wird – allerdings ist dann zwingend eine finanzielle Beteiligung der Landkreise (im Fall der Werntalbahn Main-Spessart und Schweinfurt) und kreisfreien Städte vorgesehen. Im Gespräch ist offenbar die Übernahme von je zehn Prozent der Betriebskosten pro hundert Fahrgäste unter der Tausender-Marke durch die Kommunen.
Kreisrat Harald Schneider (SPD), der sich seit Langem für die Reaktivierung des Pesonenverkehrs auf der Werntalbahn einsetzt, ist von dem Konzept nicht überzeugt. "Im Prinzip ist dieses Modell eine Nulllösung. Frau Schreyer kennt doch die finanziellen Verhältnisse der meisten Landkreise in Bayern. Dort ist das Geld mehr als knapp. Der Landkreis Main-Spessart und auch Schweinfurt sind meiner Meinung nach jedenfalls nicht in der Lage, den Beitrag zu leisten. Dies trifft auch auf die Kommunen zu." Schneider sieht es gar als "zusätzliche Hürde für die Reaktivierung des Schienennahverkehrs".
"Ich bezeichne dieses Vorgehen eher als einen Taschenspielertrick. Die SPD wird jedenfalls weiter für eine Reaktivierung der Werntalbahn kämpfen und wir sehen die Staatsregierung in der Verpflichtung", schreibt Schneider auf Anfrage der Redaktion. Der Kreistag Main-Spessart stimmte dem Antrag der SPD-Fraktion zur Wiederaufnahme des Personenverkehrs auf der Verbindung von Gemünden nach Schweinfurt im Mai mit großer Mehrheit zu. Anfang November stimmte zudem der Kreistag Schweinfurt einmütig dafür, den Reaktivierungsprozess für die Nebenstrecke zu starten.
Lohrs Bürgermeister Mario Paul begrüßt die Pläne
Lohrs Bürgermeister Mario Paul (Grüne), der die Idee für die Reaktivierung des Lohrer Stadtbahnhofs hatte, die in Lohr schon zu kontroversen Debatten geführt hat, begrüßt hingegen grundsätzlich die Pläne der Staatsregierung. Die 1000er-Marke war aus seiner Sicht immer ein vergleichsweise "hohes und hartes Ziel". Fahrgastpotenziale im Rahmen einer Verkehrswende und zukunftsfähiger Mobilität ließen sich über dieses Kriterium seiner Meinung nach nur schwer abschätzen.
Generell sollte man sich sachlich ein Bild über Chancen und Risiken einer Reaktivierung machen. Fragen seien etwa: "Wie kann das konkret umgesetzt werden, was kostet es und wer zahlt es?" Die Beschlüsse für eine Potenzialuntersuchung wurden von der Stadt Lohr und vom Landkreis gefasst. Eine reaktivierte Strecke zwischen dem Lohrer Bahnhof und dem Stadtbahnhof müsste laut Paul eingebettet werden in ein regionales Bahnkonzept, etwa eine Anbindung an ein mögliches Regional-S-Bahn-Netz.
Potenzialprognose soll bis Ende Januar vorliegen
Laut Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) sollen die Ergebnisse der Potenzialprognose für den Abschnitt Lohr Bahnhof – Lohr Stadt bis Ende Januar vorliegen. Zwar sollen künftig auch Projekte unter dem Ziel von 1000 Fahrgästen gefördert werden, allerdings sollen die bisherigen Kriterien des Freistaats für eine Wiederinbetriebnahme weiterhin gelten. Neben dem Ziel von 1000 Personenkilometer pro Kilometer Streckenlänge sind das: Die Infrastruktur wird ohne Zuschuss des Freistaats ertüchtigt; ein Eisenbahnunternehmen ist bereit, die Strecke und die Stationen dauerhaft zu betreiben, und der Landkreis als ÖPNV-Aufgabenträger müsste sich vertraglich verpflichten, ein mit dem Freistaat abgestimmtes Buskonzept im Bereich der Reaktivierungsstrecke umzusetzen.
Lohr muss aufpassen, dass der Bahnhof nicht an die Nantenbacher Kurve verlegt wird, wenn die Ertüchtigung der Strecke durch den Spessart erfolgt. Nur unter diesem Aspekt könnte ein Pendel Stadtbahnhof - Nantenbach sinnvoll sein.
Für eine Bahnstrecke Lohr/Stadt-Würzburg (fänden sich sicher Interessenten. Derzeit hält die Linie Würzburg-Gemünden mehr oder weniger im Niemandsland - ebenso die Strecke Gemünden-Jossa.
Ein Fahrzeug nur zwischen Lohr Stadt und Lohr Bahnhof pendeln zu lassen, dürfte sich nicht rentieren. Und für einen zusätzlichen regelm. Zug zwischen Lohr und Würzburg dürfte kein Platz auf der Strecke sein. Vermute ich mal.