Es gibt keine Fahrräder, die Lieferzeiten dauern ewig. Sätze wie diese liest und hört auch Volker Rosenberger immer wieder in den Medien. Doch er sagt: Er kenne viele Fahrradhändler, deren Lager voll sind. Und auch in der Bodelschwinghstraße in Karlstadt, wo er seit fünf Jahren einen Laden betreibt, habe er bisher noch für keine Kundin oder keinen Kunden ein Fahrrad bestellen müssen.
Dabei ist die Fahrrad-Nachfrage hoch. Rosenberger vermutet, dass viele aktuell ein Rad als vorgezogene Investition kaufen, da die Preise weiter steigen werden. Auch junge Familien seien bereit, viel Geld für ein Fahrrad auszugeben. Allerdings werden die teuren Bikes auch immer öfter geleast. Und ich "gehe davon aus, dass das Fahrrad-Leasing weiter zunehmen wird", so Rosenberger. Gefragt seien vor allem Cargobikes und Lastenräder mit Gepäckträger vorne und hinten.
Große Nachfrage nach E-Bikes, auch bei jungen Käufern
"Gigantisch" sei die Nachfrage nach Rädern mit Elektromotoren. "Die Zielgruppe wird immer jünger, es ist nicht mehr nur der Rentner nach der Hüft-OP", sagt Rosenberger. Er verkauft seit 1999 Elektro-Räder, weil er wusste, "dass irgendwann der Durchbruch kommt". Das geschah 2012/2013, durch die Corona-Pandemie gab es einen zusätzlichen Schub. Von zehn verkauften Fahrrädern seien ungefähr sechs mit Elektromotor ausgestattet. Im Umsatz machen sie gegenüber herkömmlichen Rädern sogar 90 Prozent aus, da E-Bikes höherwertiger sind.
Er möchte, dass Familien ihren Zweitwagen stehen lassen. "Klar, auf dem platten Land kann keiner sein Auto verkaufen, aber vielleicht tageweise stehen lassen", sagt er. Vor allem jetzt, wo die Kosten rund um das Auto "knallhart steigen". Doch bisher werde das Fahrrad immer noch häufig als Sportgerät oder Freizeitbeschäftigung gesehen, und viel zu wenig im normalen Alltag angesiedelt.
Dabei lege man die ersten vier Kilometer in der Regel schneller mit dem Rad zurück als mit dem Auto: Das Ausparken entfällt, die ein oder andere rote Ampel, und gegebenenfalls die Parkplatzsuche. Dazu kommen die weiteren Vorteile: "Spaß, Bewegung, Gesundheit und ein bisschen der sportliche Gedanke", so Rosenberger, der seit über 30 Jahren Fahrräder verkauft.
Die Fahrradhändler müssen schon ein Jahr im Voraus bestellen
Für alle Fahrradarten gilt: Die Händler müssen mehr Risiko aufnehmen und schon ein Jahr im Voraus kaufen. Trotzdem müsse keine Kundin und kein Kunde auf ihr Fahrrad warten, "wenn sie ein bisschen flexibel sind". Wer unbedingt ein rotes Rad will, der wird kein schwarzes kaufen, so Rosenberger. "Doch wer ein hellgrünes will, dem kann ich vielleicht ein mintgrünes anbieten."
Das klappe in der Regel sehr gut, dennoch sei es Rosenberger nicht wichtig, dass "der Kunde, der vor mir steht, hier ein Fahrrad kauft". Wichtiger sei, dass sich die Kundinnen und Kunden gut beraten fühlen und den Laden bestenfalls weiterempfehlen. Mund-zu-Mund-Propaganda "ist für Fahrradhändler absolut wichtig", sagt er.
Fahrrad-Werkstatt ist wichtiger als der Fahrrad-Verkauf
Mit dem Fahrrad-Boom der letzten Jahre steigt auch die Reparaturnachfrage. Dieser "kann kein Händler derzeit gerecht werden", sagt er. Rosenberger muss die Aufträge deshalb priorisieren. "Wer mit einem Fahrrad kommt, das 30 Jahre in der Scheune stand und komplett restauriert werden muss, den muss ich leider ablehnen."
Insgesamt sei die Werkstatt im Vergleich zum Verkauf das wichtigere Standbein, weil es sicherer ist. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Fahrrad-Konsum im nächsten Jahr weiter steigt", sagt er angesichts steigender Lebenshaltungskosten. Da er die Räder ein Jahr im Voraus bestellen muss, trage er ein hohes Risiko. "In die Werkstatt kommt dagegen immer jemand."
Werkstatt vor Ort macht Fahrradhändler gegenüber Konkurrenz aus dem Internet attraktiv
Dort spielt auch der Kundendienst an Elektrorädern eine immer größere Rolle. "Nicht E-Bike-Fahrer kommen bei konkreten Problemen, E-Biker kommen regelmäßig, um den Problemen vorzubeugen", erklärt er.
Den größten Vorteil hat die Werkstatt aber gegenüber den Mitbewerbern, "und damit meine ich nicht die Händler in Lohr oder Würzburg, sondern das Internet", so Rosenberger. "Das Netz kann keine Fahrräder reparieren", sagt er.