
Im Mai 2021 war Sonja Fischer eine fitte junge Frau, die nur mal kurz eine zehnminütige Runde auf ihrem neuen Fahrrad drehen wollte. Weil sie damals auf dem Feldweg zwischen Arnstein und Büchold ein Auto mit weit überhöhter Geschwindigkeit überholte, womöglich sogar touchierte, stürzte sie schwer. Noch heute, fast ein Jahr später, leidet die 36-Jährige psychisch und körperlich unter dem Unfall und fühlt sich von der Polizei im Stich gelassen.
"Das mag blöd klingen, aber ich habe immer viel gemacht und geleistet", erzählt Fischer. Neben dem Beruf als IT-Beraterin eines Modeunternehmens schloss sie ein Studium mit zwei Abschlüssen ab. Die verheiratete Mutter einer heute sechsjährigen Tochter engagierte sich auch im Elternbeirat des Kindergartens und für Senioren. Heute aber ist sie kaum noch belastbar, bekommt schnell Kopfschmerzen und traut sich nicht mehr aufs Fahrrad. Der Sturz hat ihr Leben umgekrempelt – nicht zum Guten.
Die erste Fahrt mit dem neuen Fahrrad
"Es war Sonntag, 16. Mai, so gegen 17 Uhr. Ich wollte mein neues Rad ausprobieren und dafür nur kurz die zwei, drei Kilometer auf dem Feldweg zwischen Arnstein und Büchold bis zu einem Wäldchen und wieder zurück fahren", erzählt Sonja Fischer. "Ich trug dabei einen Helm." Als sie nach einer Weile noch nicht zurück war, sorgte sich ihr Ehemann und rief sie auf dem Handy an. Die Notärztin nahm das Gespräch an und sagte ihm, dass er sich beeilen müsse, wenn er seine Frau noch sehen wolle. Sie stehe kurz davor, mit dem Rettungshubschrauber in die Klinik gebracht zu werden.
- Die Unfallmeldung vom 17. Mai: Radfahrerin bei Sturz schwer verletzt

Ein Quadfahrer war an der Stelle vorbeigefahren und hatte sich über das am Wegrand liegende Fahrrad gewundert. Er kehrte zurück, sah Sonja Fischer bewusstlos im Feld liegen und wählte den Notruf.
In den ersten Tagen nach dem Sturz konnte sich die Arnsteinerin zunächst an nichts erinnern. Sie hatte eine Gehirnerschütterung mit Schleudertrauma, schwere Prellungen am Kopf und der linken Körperhälfte, konnte sich kaum bewegen und musste sich ständig übergeben. Trotzdem wollte sie das Würzburger Krankenhaus recht zügig entlassen. Fischer sah sich dazu zunächst nicht imstande und wurde "nach drei Tagen mehr oder weniger rausgeworfen", sagt sie.
Die Erinnerung an den Fahrrad-Unfall kehrte erst nach Tagen zurück
"Fünf, sechs Tage nach dem Sturz kehrten bruchstückhafte Szenen zurück. Ich erinnerte mich daran, dass ein silbernes Auto mit hohem Tempo auf dem Weg unterwegs war." Um den Schlaglöchern am rechten Fahrbahnrand auszuweichen, sei sie ganz links gefahren. "Eigentlich ist der Weg dort ausreichend breit, aber der war so schnell unterwegs und kam mir wahnsinnig nah." Sie habe reflexartig die rechte Hand vom Lenker genommen und sei dann gestürzt. "Ob er mich touchiert hat oder ob es an einem Schlagloch lag, weiß ich nicht." Sie wisse nur, dass das Auto viel schneller als die erlaubten 30 Stundenkilometer gefahren sei, auch mehr als 50. "Ich schätze, der ist mit 80, 90 Sachen an mir vorbeigerast."
Am 21. Mai war sie sich dieser Erinnerung sicher. Sie kontaktierte die Polizei, um eine Anzeige gegen Unbekannt aufzugeben. Ihr wurde gesagt, die nötigen Unterlagen würden ihr zugeschickt. Am 31. Mai habe die Polizei nachgefragt, ob sie denn tatsächlich Anzeige erstatten wolle. "Natürlich will ich das", habe sie geantwortet und die Polizei erneut zur Fahndung nach dem Fahrer und zur Suche nach Zeugen aufgefordert. Am 4. Juni dann habe sie die Unterlagen endlich erhalten und Anzeige erstattet. Keine drei Wochen später – am 23. Juni – habe sie ein Brief von der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Verfahrens informiert.
"Ich habe mehrfach an die Polizei appelliert, nach Zeugen zu suchen, aber weder online noch in der Presse sind Zeugenaufrufe erschienen." Sie sagt, ihr sei klar, dass die Erfolgsaussichten einer solchen Fahndung nicht besonders groß seien. Aber dass überhaupt nichts unternommen worden sei, könne sie nicht verstehen. "Ein Polizist hat zu mir gesagt: Es ist ja nichts passiert", berichtet Fischer. Sie fühle sich deshalb von der Polizei im Stich gelassen.
Was Karlstadt Polizeichef zu den Ermittlungen sagt
Karlstadts Polizeichef Thomas Miebach sagt, die Polizei habe getan, was sie konnte. "Die Voraussetzungen waren sehr ungünstig. Wir haben erst einige Tage nach dem Unfall von einer Fremdbeteiligung erfahren und die Informationen zum Auto des Täters waren gering." Er verstehe, dass es für Sonja Fischer "ein schwerwiegendes Ereignis" war und ist. "Ohne Helm hätte sie das vielleicht nicht überlebt."
Die Karlstadter Polizei habe sich deshalb an eine auf schwere Fälle von Unfallflucht spezialisierte Gruppe gewandt, "aber die hatten keine Tipps für uns". Und bei Zeugenaufrufen online müsse das Social-Media-Team der Polizei Unterfranken angesichts zahlreicher Fälle eben Prioritäten setzen. "Da war es drei Wochen später fast aussichtslos, noch jemanden zu finden", so Miebach. "Das tut mir sehr leid für Frau Fischer."
Thomas Miebach weiß: "So etwas kann jedem von uns passieren." Er wünsche sich deshalb "Bürger, die helfen und sich einmischen". Die Polizei sei auf Zeugen angewiesen. An den Autofahrer gerichtet betont der Polizeichef: "Unabhängig davon, ob der Fahrer am Sturz schuld war oder nicht, einfach weiterzufahren ist charakterlos!"
Laufen und Klavier spielen waren weg
Sonja Fischer sagt: "Mein Leben ist auf den Kopf gestellt." Sie kämpft darum, zurückzufinden. Es dauerte drei Monate, bis sie wieder ohne Krücken oder Nordic-Walking-Stöcke gehen konnte. Obwohl sie seit Kindesbeinen Klavier spielte, musste sie diese Motorik komplett neu erlernen. Weil sie Lärm oder Belastung stresst, hat sie vor allem in den ersten Wochen nach dem Sturz weniger Zeit als üblich mit ihrer Tochter verbracht. Ein MRT-Scan hat jedoch keine Einblutungen oder neurologischen Schäden im Gehirn festgestellt.

Bereits im Juli habe sie wieder arbeiten wollen. "Da musste ich nach 15 Minuten am Computer eine Stunde schlafen, so stark hat mich das beansprucht." Fischer wurde klar, dass sie den Unfall trotz Nachlassen der körperlichen Beschwerden noch nicht überwunden hat. "Ich bin seit Monaten wegen einer Belastungsstörung in therapeutischer Behandlung", sagt sie. Erst seit der letzten Aprilwoche arbeitet sie wieder voll auf ihrer 50-Prozent-Stelle. Auch heute noch teile sie die fünf Stunden tägliche Arbeitszeit auf mehrere Portionen.
Gute Nachrichten gibt's aber auch: Ihre Krankenkasse, die im Januar die Zahlung des Krankengeldes zunächst einstellte, hat dieser Tage mitgeteilt, dass sie nach der Untersuchung durch den medizinischen Dienst nachzahlen werde. So geht's für Sonja Fischer in kleinen Schritten bergauf. Aber die Alte ist sie noch lange nicht. "Ich wollte neulich mit meiner Tochter Rad fahren, aber das ging nicht", erzählt sie. "Ich muss das erst mal alleine für mich wieder trainieren."
wie oben im Bild fahren doch nur Ortskundige.
Mit ein wenig Mühe könnte doch die Polizei mit Fahrzeugfarbe und -form eventuell die Anzahl der potentiellen Nutzer einkreisen. Es wäre halt Ermittlungswillen nötig.
aber was wäre damit erreicht?
Man hätte ein paar Autos und Halter/innen, die grundsätzlich in Frage kommen und aber überhaupt nichts bewiesen, solange alle alles abstreiten bzw. schon überhaupt nicht geklärt werden kann, wer tatsächlich gefahren ist (wozu man, um das zu wissen, noch nicht mal unbedingt einen Anwalt braucht). Klar ist das - vorsichtig ausgedrückt - frustrierend für bei solchen Fällen Geschädigte (und die Ermittler/innen übrigens ebenso), schützt sie aber andererseits auch selbst vor letztlich unbeweisbaren Anschuldigungen.
Wenn sich da nicht der/ die Schuldige von selber meldet oder irgendjemand, wer diese/n mit 100 %-iger(!) Sicherheit bei der Tat(!) erkannt hat, kann man das Buch wohl zumachen.
1) das Auto zu ermitteln
2) rauszukriegen wer es zu dem Zeitpunkt gefahren hat
3) nachzuweisen(!) dass Fahrer/in den Unfall zumindest bemerkt haben muss(!), sonst wäre nicht mal unterlassene Hilfeleistung "drin".
Fazit: sollte der/ die nicht Gewissensbisse kriegen und sich selber melden, dürfte da kaum was zu machen sein.
Kann daher nur Frau Fischer wünschen, dass sie wieder ganz gesund wird und ihr sowas nicht nochmal passiert.
Zitat: "Ob er mich touchiert hat oder ob es an einem Schlagloch lag, weiß ich nicht." Sie wisse nur, dass das Auto viel schneller als die erlaubten 30 Stundenkilometer gefahren sei, auch mehr als 50. "Ich schätze, der ist mit 80, 90 Sachen an mir vorbeigerast."
Sie schätzt! Wie gut kann sie in so einem Fall schätzen? Es ist laut ihrer eigener Aussage sogar völlig unklar, ob das Auto sie berührte! Demnach hat sie eine Berührung nicht wahrgenommen und eine solche konnte wohl auch nicht nachgewiesen werden. Sie gibt selbst zu, dass auch ein Schlagloch an diesem Unfall schuld sein könnte.
Der Fall wurde meiner Meinung nach zurecht eingestellt.
Und dass ein Mensch zur Rechenschaft gezogen wird für viel zu schnelles Fahren, Überholen ohne ausreichenden Abstand und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort finde ich nicht zu viel verlangt.
Herzlichen Dank an alle anderen freundlichen und wohlgemeinten Kommentare!
wünsche Ihnen Alles Gute, vollständige Wiederherstellung Ihrer Gesundheit.
Überhöhte Geschwindigkeit und mangelnder Abstand zum überholten Objekt (Ihnen), unterlassene Hilfeleistung sollte ein Ermittlungsverfahren nicht ausschliessen.
Es wurde, nachdem endlich die Unterlagen für eine Anzeige bei mir eingingen, nach 3 Wochen ermittelt - das war leider etwas spät. Und wie im Artikel steht hatte das Social-Media Team der Polizei leider andere Prioritäten gehabt als bei mir nach Zeugen zu suchen. Und ja: nach drei Wochen die Suche zu beginnen ist wirklich nicht zielführend - das hätte am 21.5. nach meinem ersten Anruf erfolgen sollen. Daher komme ich mir ja im Stich gelassen vor. Ein Hoch auf den couragierten Quadfahrer der angehalten hat - danke nochmals!!!
Unerlaubtes entfernen vom Unfallort liegt nur vor, wenn der Fahrer den Unfall bemerkt hat. Das muss nachgewiesen werden!
Fakt ist, dass Sie auf der falschen Strassenseite fuhren, dass Sie nicht wissen wie der Unfall überhaupt passiert ist. Es kann genauso gut ein fataler Fahrfehler Ihrerseits gewesen sein. Sie können nicht einmal nachweisen, dass da überhaupt ein zweites Fahrzeug war denn es gab offensichtlich keine Spuren an Ihnen oder dem Fahrrad die dies bestätigen könnte.
Es ist zudem ein Unding, dass ich, der dieser Unfall passiert ist, von Ihnen hier angezweifelt werde mit Falschfakten, denn ich WEISS, dass es ein zu schnelles Auto gab das sich nicht an die StVO gehalten hat und deshalb hat die Polizei auch ermittelt. Und würden sie die Strecke kennen würden sie auch wissen, dass es auf einer kerzengeraden Strecke schlicht unmöglich ist NICHT mitzubekommen wenn ein Radfahrer den ich eben noch überholt habe auf einmal weg ist - also entfernen vom Unfallort. Man kann ihnen nur wünschen, dass Ihnen so etwas nicht passieren möge und falls doch, dass dann nicht so Zweifler im Netz auftauchen, die außer Stänkereien nichts zum Fall beitragen können.
...von einigen Kommentaren hier.
Von mir jedenfalls auch alle guten Wünsche für Ihr weiteres Verarbeiten der Geschehnisse. Es gibt (zum Glück) nicht nur emphatielose Egoisten und Besserwisser im Forum.