Ende Juli schien der Konflikt um das Wonnemar in Marktheidenfeld gelöst. Der Stadt Marktheidenfeld wurde im Schiedsgerichtsverfahren das Bad zugesprochen. Jetzt scheint die Lage verfahrener denn je, denn was ist der Sieg der Stadt aufgrund der Insolvenz der interSPA GmbH noch wert? Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz hatte die Gespräche um eine Rückgabe des Bades an die Stadt zwischenzeitlich schon für gescheitert erklärt. Es droht ein weiterer Rechtsstreit, den man eigentlich vermeiden wollte. Im schlimmsten Fall zieht sich dieser über Jahre hin. Was bisher geschah in fünf Akten:
1. Akt: Zwei Partner finden zusammen
Der erste Akt beginnt mit einer guten Idee. Statt das Bad – wie zuvor das Maradies – in eigener Regie zu führen, sucht man sich einen professionellen Betreiber, der das besser kann. Die Stadt zahlt das Darlehen ab, mit dem die Baukosten finanziert werden und erhält dafür ein gut geführtes Bad, in dem auch Schul- und Vereinsschwimmen möglich ist.
Auf der Suche nach einem Partner fand die Stadt in einem europaweiten nichtöffentlichen PPP-Verfahren (Public Private Partnership) die Stuttgarter interSPA-Gruppe als besten Anbieter. Es wurde ein Erbpachtsvertrag abgeschlossen. Die Stadt verpflichtet sich, 30 Jahre lang jährlich 840.000 Euro zu bezahlen, die die Baukosten des Bades decken. Voll des Lobes über diese Regelung ist die damalige Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder. Das jährliche Defizit lässt sich so begrenzen, freute sie sich. Zuvor habe die Stadt ein Defizit von 1,4 Millionen Euro im Jahr für das Maradies bezahlt.
Bei der Eröffnung am 17. Dezember 2012 gab es dann allesamt glückliche Gesichter. Das rote Band am Eingang wurde durch geschnitten. Danach strömten die Wartenden in das neue Bad, zur Begrüßung gab es ein Gläschen Sekt.
Doch die ersten Wolken zeigten sich schon bald. So wie das in jedem Drama ist.
2. Akt: Dann kam Corona
Ob das Erlebnisbad in den Jahren 2012 bis 2020 wirtschaftlich gut lief, lässt sich nicht sagen, da das Unternehmen keine Bilanz veröffentlichte. Gerüchteweise hieß es, es laufe von allen Wonnemar-Bädern in Deutschland am schlechtesten. Auch mit der Stadt gab es immer wieder Probleme, es ging um Wasserentnahmen und Kosten für die Technik, doch die Besucher erlebten das Wonnemar als gut geführtes Bad.
Dann kam der Corona-Virus und dieser führte zur ersten Schließung des Wonnemars im März 2020. "Wir haben null Einnahmen und nur Ausgaben", zitierte diese Redaktion den damaligen Wonnemar-Geschäftsführer Wilko van Rijn. Fast alle Mitarbeiter seien in Kurzarbeit. Nach zwischenzeitlicher Öffnung im Sommer 2020 folgte dann die Insolvenz der interSPA-Gruppe und all ihrer Betriebsgesellschaften, zu denen neben dem Wonnemar in Marktheidenfeld auch die Bäder in Sonthofen, Wismar und Bad Liebenwerda gehören. Zunächst war es eine Insolvenz in Eigenverwaltung, was dem Unternehmen erlaubt, selbst einen Weg aus der Krise zu suchen.
Doch als dann die zweite Corona-Welle ab Oktober 2020 anrollte und zur erneuten Schließung des Bades führte, war klar, das wird nichts mehr. Die Stadt gründete eine Bädergesellschaft, die sich darum kümmerte, dass das Bad weiter geheizt, mit Strom versorgt und gepflegt wird, um ins Geld gehende Folgeschäden zu vermeiden.
Wie sehr viel später erst öffentlich bekannt wurde, muss es dann zu einem Vorfall gekommen sein, der das Verhältnis zwischen den bisherigen Partnern sehr belastete. Während des Notbetriebs wurde laut Staatsanwaltschaft Würzburg eine Schlauchkonstruktion entdeckt, mit der es möglich war, illegal Wasser an der Wasseruhr vorbei von der dortigen Heubrunnenquelle abzuzapfen. Der Stadt sollen so in den Jahren 2013 bis 2020 sowohl Wasser- als auch Abwassergebühren entgangen sein, die die Staatsanwaltschaft mit 80.000 Euro bezifferte.
Der Vorwurf muss allerdings noch bewiesen werden. Die erste Verhandlung, die Ende September vor dem Amtsgericht Gemünden angesetzt war, wurde aufgrund einer Erkrankung auf Dienstag, 25. Oktober, verschoben. Mit der Entdeckung der Schlauchkonstruktion war für die Stadt wohl die Vertrauensgrundlage zerstört, die Stadt hat daher am 13. Januar 2021 den Heimfall erklärt, was bedeutet, dass sie das Bad zurück in ihren Besitz haben will.
3. Akt: Der unbekannte Investor
Doch die Stadt bekam das Bad nicht zurück. Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz vergab die gesamten Wonnemar-Bäder an die AIM Spa GmbH aus Passau. Es soll ein Unternehmen mit Branchenerfahrung sein, hieß es. Doch von Anfang an war die Skepsis groß. Die Branchenerfahrung konnte das Unternehmen nicht nachweisen. Noch nicht einmal eine Homepage gibt es, die über die Größe der Firma informiert. Ein Blick in das Handelsregister zeigt, dass AIM Spa erst wenige Wochen zuvor mit einem Stammkapital von 25.000 Euro gegründet worden war. Als Geschäftsführer wird Robert Maier genannt, der zudem bei vielen anderen Firmen mit zum Teil ähnlich klingenden Namen ebenfalls Geschäftsführer ist.
Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz warnte damals davor, seinem Weg nicht zu folgen. Aus seiner Sicht sei das Insolvenzververfahren abgeschlossen und sollte nicht durch ein Veto der Stadt verhindert werden. Eine Ablehnung hätte einen jahrelangen Rechtsstreit zur Folge. Da sollte er leider Recht behalten. Auf Anfrage sagt er heute, dass es schon möglich gewesen wäre, das Marktheidenfelder Wonnemar aus der Insolvenzmasse herauszunehmen und der Stadt zurückzugeben. Die Stadt hätte dann eine Abfindung zahlen müssen. Zu Verhandlungen darüber sei es aber nicht gekommen.
In Marktheidenfeld kamen der neue Investor und die Stadt nicht zusammen. Im März 2021 wurden die Schlösser des Bades ausgetauscht, um der Stadt den Zutritt zu verwehren. Die Stadt wiederum forderte 150.000 Euro von interSpa, weil der Vertragspartner seinen Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag nicht nachgekommen sei und die Stadt den Notbetrieb übernommen hat. Der Streit eskalierte weiter, sodass die Stadt schließlich das Schiedsgericht anrief, um die Frage zu klären, wer der künftige Besitzer des Bades ist.
Für Marktheidenfeld und für die Wonnemar-Bäder an vielen anderen Standorten präsentierte währenddessen Maier große Pläne. Auch in Marktheidenfeld soll ein Hotel in der Nachbarschaft mit Bademantel-Zugang zum Erlebnisbad gebaut werden. Im Frühjahr 2022 überraschte er mit der Ankündigung, das Bad in Kürze öffnen zu wollen, woran es aber große Zweifel gab, weil er keinen Termin zur Öffnung nennen konnte. Das Bad blieb geschlossen bis heute.
4. Akt: Ein Sieg, doch was ist er wert?
Dann endlich die lang erwartete Entscheidung im Juli 2022. Die Stadt siegt im Schiedsgerichtsverfahren. Eine Nachricht, die Bürgermeister Thomas Stamm als die beste seiner Amtszeit bezeichnete. Der Heimfall sei entschieden, die Stadt bekommt ihr Bad zurück. Zudem hat die Stadt laut Schiedsgericht das Recht, mögliche Schäden der interSPA GmbH in Rechnung zu stellen. Die Hängepartie ist endlich vorbei, wurde kommentiert. Stamm dämpfte jedoch Hoffnungen auf eine schnelle Wiedereröffnung.
Hier hätte der Streit gelöst sein können, doch die interSPA Gmbh antwortete auf die Niederlage im Schiedsgerichtsverfahren mit der Insolvenz ihrer Besitzgesellschaft des Wonnemar Marktheidenfeld. Zum Insolvenzverwalter wurde wieder Jochen Sedlitz bestellt.
Was ist nun der Sieg im Schiedsgerichtsverfahren wert? Nicht viel, meint jedenfalls Sedlitz. Seiner Meinung nach hat sich unter den neu eingetretenen insolvenzrechtlichen Bedingungen die rechtliche Situation komplett geändert. Als Insolvenzverwalter müsse er alle Gläubiger im Blick haben, die aus der Konkursmasse der Besitzgesellschaft der interSPA GmbH bedient werden müssen. Wer diese sind und um wieviel Geld es sich handelt, dürfe er nicht sagen, sagt Sedlitz, aber es entsteht der Eindruck, dass es bei den Verbindlichkeiten um große Summen geht.
Die Stadt Marktheidenfeld sieht das anders. Der Rechtsanwalt der Stadt, Klaus Tappmeier, erklärt, dass die Insolvenz keinen Einfluss auf den Anspruch der Stadt hat, das Bad zurückzubekommen. Der Insolvenzverwalter sei mit Insolvenzeröffnung verpflichtet, dem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch Folge zu leisten. Dies sei beim Bayerischen Obersten Landesgericht beantragt worden.
Tappmeier widerspricht der Auffassung, dass die Rückgabe des Bades ohne Entschädigung die Gläubiger benachteiligt. Im Erbbaurechtsvertrag würde es dazu ausführliche Regelungen geben. Nach Ansicht der Stadt stehe interSPA keine Entschädigung zu.
Kontrovers wird auch der aktuelle Zustand des Bades beurteilt. Laut Insolvenzverwalter Sedlitz sei das Bad in einem Top-Zustand und könne jederzeit geöffnet werden. Bürgermeister Stamm widerspricht. Das Bad sei nicht betriebsfähig, das habe ein Sachverständiger festgestellt. Für die notwendigen Arbeiten würden mehrere Monate benötigt.
Ebenso widerspricht Stamm dem Vorwurf von Sedlitz, die Stadt sei nicht verhandlungsbereit. Im Gegenteil. Die Stadt habe interSPA bereits vor Einleitung des Schiedsverfahrens eine Vergleichsregelung vorgeschlagen, die eine Zahlung in sechsstelliger Höhe an interSPA und den Verzicht auf weitere finanzielle Forderungen der Stadt gegen Herausgabe des Bades vorsah. InterSPA habe dies abgelehnt. Das Schiedsgericht habe interSPA zweimal einen ähnlichen Vergleich vorgeschlagen, der ebenfalls abgelehnt worden sei.
5. Akt: Die Zerschlagung des gordischen Knotens
Der Ton wird rauer zwischen den Parteien, die sich eigentlich einigen sollten. Insolvenzverwalter Sedlitz hat in einer letzten Nachricht an die Redaktion zumindest Bewegung in den Gesprächen angedeutet, die die Sachlage verändern könnte. Das ist zu hoffen, damit das Wonnemar nicht noch zu einem größeren Desaster wird, als es jetzt nach zwei Jahren Schließung schon ist.
Der fünfte Akt muss noch geschrieben werden. Man wünscht sich, dass der gordische Knoten zerschlagen wird, damit das schlimmste Szenario nicht wahr wird, nämlich dass das Bad noch über Jahre geschlossen bleibt.
entweder die öffentliche Hand ("der Steuerzahler") muss mit einem satten sechs- bis schwachen siebenstelligen Defizit jedes Jahr rechnen, oder die Betreiber müssen bei den Eintrittspreisen derart hinlangen, dass man schon fast billiger nach Malle an den Strand kommt...
Corona kam erst 2020
Schade dass die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Mit den Großen (Gaunern) spielen kann nicht jeder.
weil diese Unternehmen es aussitzen und das auf Kosten der Allgemeinheit und der
Steuerzahler .
Man sollte einfach hier auch einmal Druck vom Staat machen und gegen solche Firmen saftige Austeilen , wenn wenn sie bewusst alles verzögern .
…..und das wegen 600k Einsparungim Jahr, d.h 50.000€ pro Monat war der damaligen „Führung“ zu schade für Schul-bzw Vereinssport und Familien aus Stadt und Land
BRAVO