Es war der Hit dieses Corona-Sommers: Paddeln und Planschen im Altmain, ob auf riesigen Gummi-Flamingos oder in einem Kanu der Firma Waterwalker. Der Verleih von Kajaks, Kanus und Stand-Up-Paddle-Boards boomt bereits seit einigen Jahren. Markus Schönfelder, Geschäftsführer von Waterwalker, hatte offensichtlich den richtigen Riecher, als er 2010 die neue Kanu-Vermietstation neben dem Wohnmobilstellplatz am Volkacher Mainufer eröffnete. Ein Gewinn für alle? – Nun ja, die Stadt Volkach bekommt für das rund 4500 Quadratmeter große Grundstück 66 Euro im Monat als Pacht.
Der Pachtpreis beträgt also 800 Euro im Jahr, geht aus dem Vertrag hervor, der dieser Redaktion vorliegt. Öffentlich wurde dieser im Zuge einer Gerichtsverhandlung. Markus Schönfelder hatte gegen den streitbaren Volkacher Ingenieur Elmar Datzer geklagt. Dieser hatte im Namen der Bürgerinitiative Landschaftsschutz Mainschleife (Lama) zahlreiche Behauptungen über das Unternehmen Waterwalker und dessen angebliche Rechtsverstöße aufgestellt.
Erschienen waren diese vier Seiten im Volkacher "Extrablatt", einer Art Bürgerzeitung, die unregelmäßig erscheint. Angefangen vom fest installierten Zaun im Überschwemmungsgebiet des Mains über fehlende Stellplätze bis zum angeblich rechtswidrigen Biergarten kritisierte Datzer das Unternehmen Waterwalker sowie die Stadt Volkach und das Landratsamt Kitzingen mit harschen Worten.
Auf Falschaussagen steht eine saftige Strafe
Allerdings waren darin nicht alle Aussagen korrekt. Sieben davon darf Datzer in dieser Form nicht mehr wiederholen, sonst muss er eine saftige Strafe zahlen. Als "Sieg auf ganzer Linie" interpretiert Schönfelder den ausgehandelten Vergleich. Das Stadtratsmitglied Elmar Datzer (Bürgerliste) selbst nennt seinen Artikel überspitzt formuliert und hat einen Zwölf-Punkte-Antrag an den Volkacher Stadtrat gestellt. Dessen Kern: Der bestehende Pachtvertrag mit Waterwalker soll gekündigt werden.
Liest man diesen genau, fallen neben der niedrigen Pachtsumme sofort zwei Dinge ins Auge: Der Vertrag ist auf 30 Jahre geschlossen und zwar von 2016 bis 2045. Schönfelder argumentiert, er habe am Anfang der Pacht ein verwildertes Grundstück im Überschwemmungsgebiet des Mains "mit einer hohen Belastung an Müll und Hinterlassenschaften von Mensch und Tier" bekommen. So weit, so einleuchtend. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Estenfeld musste vor dem Start in Volkach 2010 erst einmal investieren; das wirkte sich auf die Pacht aus.
Warum aber hat die Stadt Volkach noch 2016, als der Kanuverleih bereits sechs Jahre in Volkach bestand und kräftig wuchs, einen derart lang laufenden Vertrag mit einer so minimalen Pacht vereinbart? Schönfelder schreibt auf Nachfrage: "Ich denke, die Stadt Volkach hat uns die Pacht ohne Verhandlungen so günstig angeboten und auch in einem zweiten Vertrag bestätigt, da man gesehen hat, was wir für Volkach, seine Bürger und Gäste aus dem Areal auf unsere Kosten gemacht haben."
Bürgermeister von 2002 bis 2020 war Peter Kornell (FWG), der seit Mai mit Heiko Bäuerlein (CSU) die Plätze getauscht hat. Nach drei Perioden als Stadtratsmitglied steht nun Bäuerlein an der Spitze; Kornell wurde in den Stadtrat gewählt. Beide sind also mit der Causa Waterwalker vertraut, haben sie die Pachtverträge doch – wie in solchen Fällen üblich nichtöffentlich – verhandelt und beschlossen.
Hohe Investition zu Beginn?
Bürgermeister Heiko Bäuerlein versucht sich an einer Erklärung: Das Land sei Ödland gewesen und Schönfelder habe vorab einen sechsstelligen Betrag investiert. Diese hohe Investition wohne er gewissermaßen ab und das relativiere die niedrige Pacht. "Rechnet man das an, sieht es schon wieder ganz anders aus." Zudem setzt Bäuerlein darauf, dass Schönfelder wie angekündigt seinen Betriebssitz von Estenfeld nach Volkach verlege und dort dann Gewerbesteuer zahle. Diesbezüglich versichert Schönfelder, seiner Zusage zu 100 Prozent nachzukommen, "wenn das genehmigte Bauprojekt abgeschlossen ist".
Denn eigentlich sollte sich der provisorische Charakter von Bootsverleih und Biergarten längst ändern. Als "Wanderzirkus" hatte Bäuerlein selbst das Areal noch vor einem Jahr im Stadtrat bezeichnet. Schönfelder möchte am südlichen Zipfel der Volkacher Mainlände ein Gebäude auf Stelzen errichten und hat dafür eine Baugenehmigung. Deren Rechtmäßigkeit zweifelt die Lama-Initiative allerdings an.
Eine weitere Erklärung der niedrigen Pacht liefert Ex-Bürgermeister Peter Kornell: "Der Campingplatz wird genauso behandelt seit langer Zeit – ganz einfach." Dessen Vertrag sei zur gleichen Zeit wie der von Waterwalker erneuert worden. Die lange Laufzeit sei nötig für die Planungssicherheit bei einer großen Investition. Das gelte für den Volkacher Campingplatz Ankergrund, der 2018 sein 50-jähriges Bestehen feierte, ebenso wie für den Kanuverleih Waterwalker.
Der neue Bürgermeister Bäuerlein betont, er wolle die ganze Diskussion in die richtigen Bahnen lenken und das Waterwalker-Grundstück in die Neugestaltung der Mainlände einbinden, denn so wie bisher sei niemand zufrieden. "Ich mache meine Hausaufgaben, aber das dauert einfach." Und Heiko Bäuerlein versichert: "Da wird nichts vertuscht; das sind für mich reine Sachfragen."