Glaubt man den Prognosen, dann sieht es für unsere Innenstädte düster aus. Kleine, inhabergeführte Läden machen ebenso dicht wie die großen Kaufhäuser. Laut der aktuellen "Deutschlandstudie Innenstadt", herausgegeben von der Beratungsagentur Cima, finden nur noch 40 Prozent der Befragten bis 30 Jahre, dass die Innenstadt ein attraktiver Einkaufsort ist. 2015 lag dieser Wert noch bei 75 Prozent. Fast ein Drittel der insgesamt 2400 Befragten gab an, Innenstädte "seltener als vor der Pandemie" (26,3 Prozent) oder "gar nicht mehr" (43,9 Prozent) aufsuchen zu wollen. Die einst so beliebte Innenstadt in der Krise – was also tun?
Viele Städte haben den Trend erkannt und versuchen gegenzusteuern. Teure Einzelhandelskonzepte werden erstellt, auch Kitzingen hat seit diesem Sommer ein solches Papier. Aber was steht nun auf diesen 110 Seiten? Versteckt sich zwischen den Zeilen das Geheimnis, wie man die Innenstadt wieder lebendiger macht? Wir haben das Konzept studiert und die wichtigsten Erkenntnisse zu destillieren versucht. Zu unterscheiden ist in der Betrachtung zwischen Zentralem Versorgungsbereich (ZVB), der nur den engsten Zentrumsbereich abbildet, und der gesamten Innenstadt, in der der ZVB als Teil des Ganzen vorkommt.
Wie viele Betriebe gibt es in der Kitzinger Innenstadt, und wie hoch ist ihr Umsatz?
Um die Bedeutung der Innenstadt ermessen zu können, lohnt der Blick auf ein paar Zahlen. Für die Kitzinger City hat die vom Stadtrat beauftragte Studie insgesamt 184 Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von 65.700 Quadratmetern erfasst; ihr Umsatz liegt bei 209 Millionen Euro. Allerdings muss man wissen, dass nur 14 Prozent dieser Verkaufsfläche auf den Zentralen Versorgungsbereich (ZVB), also das klassische Zentrum entfallen.
Dieser Bereich umfasst den Gürtel von Marktstraße, Kaiserstraße, Luitpoldstraße, Falterstraße, Ritterstraße, Herrnstraße, Oberer Kirchgasse und Schrannenstraße. Der mit Abstand größte Teil der ermittelten Verkaufsfläche, nämlich rund 69 Prozent, liegt in "städtebaulich nicht integrierten Lagen", das heißt am Rande oder weit außerhalb des Kitzinger Stadtkerns.
Welches sind die fünf "Magnetbetriebe" im Kitzinger Zentrum?
Die "Deutschlandstudie" legt nahe, dass in der Innenstadt immer häufiger nur noch Lebensmittel und Drogerieartikel gesucht und gekauft werden. Gerade das Sortiment Mode ist im Zentrum Kitzingens allerdings noch überdurchschnittlich vertreten. So befinden sich mehr als 50 Prozent der Verkaufsfläche für Bekleidung innerhalb des Zentralen Versorgungsbereichs, ein hoher Wert. Vier der fünf vom Einzelhandelskonzept genannten "Magnetbetriebe" handeln mit Kleidung. Es sind NKD, Takko, Otto und Mode Weigand. Der fünfte Betrieb ist die Buchhandlung Schöningh mitten am Marktplatz.
Wie steht es um die Versorgung mit Lebensmitteln?
Im Zentrum gibt es nach dem Auszug der Norma aus dem Schwalbenhof "keinen strukturprägenden Lebensmittelmarkt" mehr. Für das gesamte Stadtgebiet sieht das allerdings anders aus. Insgesamt nennt das Papier zwölf Lebensmittelmärkte mit einer Verkaufsfläche von jeweils mehr als 400 Quadratmetern. Der Bereich Nahrungs- und Genussmittel verfügt über eine Verkaufsfläche von 18.600 Quadratmetern, das sind 0,78 Quadratmeter je Einwohner, fast doppelt so viel wie im Bundesdurchschnitt (0,41).
Das Problem des Zentrums gegenüber der grünen Wiese: Für einen größeren Supermarkt fehlt es an Parkplätzen und an Verkaufsfläche. Daher braucht es Alternativen und innovative Konzepte wie das Minimarkt-Modell Teo oder Tante M, eine neue Art von Tante-Emma-Läden mit Selbstbedienung. Eine solche Möglichkeit sehen die Konzeptautoren etwa im leerstehenden Gebäude der ehemaligen Commerzbank in der Kaiserstraße.
Wie viele Leerstände gibt es im Kitzinger Zentrum?
Das Konzept spricht von "prägnanten Leerständen in zentralen Lagen" und stützt sich dabei auf Daten von November 2021. Damals gab es innerhalb des Kitzinger Zentrumsgürtels 29 leerstehende Ladenobjekte – zwei Drittel aller Leerstände in der gesamten Innenstadt. Seither hat sich die Entwicklung nochmals verschärft, gerade in den vergangenen Monaten. Die ehemalige Bäckerei Will in der Falterstraße – dicht. Das Waffengeschäft Melber in der Luitpoldstraße – ausgezogen. Die Löwen-Apotheke am Marktplatz – geschlossen.
Nach dem Abzug der Amerikaner im Jahr 2006 gab es erste Stimmen, die in Kitzingen ein Leerstandsmanagement forderten. Das größte Problem: Es gibt immer noch zu viel Verkaufsfläche pro Einwohner. 2,76 Quadratmeter sind es laut aktuellem Einzelhandelskonzept. Das ist zwar weniger als bei der letzten großen Erhebung vor zehn Jahren, aber immer noch deutlich mehr als im bundesweiten Durchschnitt: Da sind es 1,46 Quadratmeter pro Kopf. Mancher kritisiert, dass in der Vergangenheit mittels Ausnahmeregelungen zu viel Verkaufsfläche außerhalb der Innenstadt genehmigt wurde: in Supermärkten wie E-Center oder Kaufland. Das räche sich jetzt. Denn das Gefälle sei auch mit dem besten Angebot im Zentrum nur schwer auszugleichen.
Welche Sortimente bergen das größte Potenzial in der Innenstadt?
Die Studie schaut sich den Zeitraum bis 2026 an. Bei Nahrungsmitteln, Blumen, Zoobedarf sowie Uhren/Schmuck sei der Markt in Kitzingen gesättigt, bei Drogerie- und Kosmetikartikeln, Apotheken und Bettwaren gebe es allenfalls punktuellen Bedarf. Für Bekleidung und Baumarktsortiment werden jeweils kleine Fachmärkte vorgeschlagen. Den größten Bedarf sehen die Experten in den Segmenten Spielwaren/Basteln, Sportartikel/Fahrräder/Camping sowie neue Medien/Unterhaltungselektronik; hier werden sowohl kleine als auch große Fachmärkte empfohlen. Allerdings steht vor allem die Unterhaltungselektronik in harter Konkurrenz mit dem Onlinehandel. Die Autoren sprechen ausdrücklich von "Prognose- und Orientierungswerten", die keinesfalls als "Grenze der Entwicklung" verstanden werden sollen.
Wo liegen die größten Stärken und Schwächen des Zentralen Versorgungsbereichs?
Auch hier lohnt ein Blick von außen. Die Experten des mit der Studie beauftragten Büros Stadt + Handel mit Sitzen in Dortmund, Hamburg und Karlsruhe kommen ja weit herum. Was ihnen in der 23.700-Einwohner-Stadt Kitzingen positiv aufgefallen ist, sind die räumliche Integration der Geschäfte, die gute Verkehrsanbindung und Erreichbarkeit des Zentrums, das differenzierte Angebot vieler inhabergeführter Fachgeschäfte oder die breite Palette an medizinischen Einrichtungen und Dienstleistungen (Fahrschulen, Friseure), dazu die Möglichkeit eines Rundlaufs durch die Stadt. Auch die Parkplatzsituation sieht man hier positiv.
Getrübt wird das Ganze durch Leerstände in der Herrnstraße, Oberen Kirchgasse und Schweizergasse, das uneinheitliche und nicht barrierefreie Pflaster, mangelnde Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, das Fehlen eines strukturprägenden Lebensmittelmarkts und das "eher einseitige Gastronomieangebot". Weiterer Kritikpunkt: Das mit vielen Millionen Euro gestaltete Mainufer habe kaum verbindende städtebaulich-funktionale Elemente, ist auf gut Deutsch zu wenig ins Zentrum integriert. Außerdem gebe es – vor allem in der Oberen Kirchgasse – deutlichen Sanierungsbedarf an den Fassaden.
Fazit der Städteplaner: Die Innenstadt soll und müsse als Besuchsort gestärkt werden. Überspitzt gesagt: Das Einkaufen soll mehr zum Erlebnis werden, dazu müssen sich Geschäfte teils neu erfinden. Das hört sich einfacher an, als es in der Praxis ist. Denn an vielen Stellen des Konzepts ist der Wunsch Vater des Gedankens, kein Geschäftsinhaber kann gezwungen werden, sich im Zentrum anzusiedeln oder dort zu bleiben. Die Stadt hat bis zum gewissen Grad eine Lenkungs- und Steuerungswirkung, etwa in der Frage, welche Sortimente sie am Stadtrand zulässt, um so die Innenstadt zu schützen. Sonderlich viele Instrumente aber – das sollte allen Beteiligten klar – stehen ihr nicht zur Verfügung.
Die Lunte mit dem Motto: „AUTOS raus“ wurde fast immer von dilettantisch agierenden Planern in Verwaltung und Rat unter Druck der GRÜNEN gezündet. Mochte man doch gerne gleichziehen mit den Großflächen der Metropolen und gleichzeitig die Zentren beruhigen - wie wir heute wissen, eine toxische Mischung!
Und der bequeme Konsument kaufte von da an auf den Großflächen ein und reklamiert jetzt „tote Innenstädte“ - so wat...
Die Folgen kann man zum Beispiel in Kitzingen, Aschaffenburg, Marktheidenfeld, Lohr und Alzenau „bewundern“ es fehlt der Mix früherer Zeiten, zu denen man auch am Abend mal in den Zentren bummeln und Schaufenster besichtigen konnte.
Heute sind viele Innenbereiche nach Feierabend „halb so groß wie der Zentralfriedhof von Chicago“ aber doppelt so tot!
Ausserdem hat jetzt auch jemand herausgefunden, dass es keine Fahrradstellflächen gibt.
Ebenso wurde in dieser Grundlagenforschung erkannt, dass es gewisse Leerstände in der Innenstadt gibt.
Also diese Studie ist wirklich ihr Geld wert, das konnte doch wirklich keiner ahnen und wissen der in der Stadt unterwegs ist ?? (ironiemodus aus)
Ebenso dass es gewisse einseitige Gastronomieangebote in der Stadt gibt ?
Und das Geld ist ja auch massenweise vorhanden, das hier verbuddelt wird und wurde. Steht ja auch da: Millionen am mainkau, aber kein Bindeglied zur Innenstadt.
Vielleicht erkennt mal jemand, dass zwar gerade bis zu 100 Millionen am Filetstück Deusterberg für ein Aktengrab verschwendet wird, diese riesige summe aber nichts - aber auch rein gar nichts - für Kitzingen bringt ???
Das würd dann die nächste Studie aufzeigen - und alle sind überrascht.
Es muss nach dem Prinzip geben und nehmen stattfinden.
So werden Anreize geschaffen, das ein Ladenbesitzer einem einheitlichen guten Konzept folgt. Wir sind lange nicht mehr beim Bedarfs einkaufen , das übernimmt seit langem das Internet. Heute sprechen wir von Erlebnisshopping. Das findet in Kitzingen nur punktuell statt. Hier braucht der Einzehandel in der Kitzinger Innenstadt Nachhilfe und finanzielle Unterstützung.
Die Studie kommt doch ganz klar zu dem Schluss das die Erreichbarkeit, Verkehrsanbindung und Parkplatzsituation der Innenstadt gut ist. Diese Einschätzung teile ich auch!
Viel mehr ist es der fließende Verkehr der die Aufenthaltsqualität erheblich einschränkt.
Heute hat sie auch noch Charme, aber es ist mehr der morbide Charme einer Geisterstadt im australischen Outback, aufgehübscht mit einigen schrillen Farbtupfern.
Die paar Ü-60 Radel-Rentner, die sich im Sommer nach KT verirren machen das Kraut nicht fett und wenn Herrn Scholzens Plan gelingt den frühen Renteneintritt endgültig zu verbauen ist gar nichts mehr los.
Wenn es mich heute mal nach KT verschlägt, ist mein erster Gedanke: "Bonjour Tristesse..."
Gesteckt voll mit allen möglichen Leuten sind da die Lokalitäten am Marktplatz wenn das Wetter einigermassen taugt.
Das weltstädtische Flair und die rege Betriebsamkeit des Kitzinger Zentrums könnten mich überfordern und einen gefährlichen Kulturschock auslösen. Daher vermeide ich es nach Möglichkeit mich dieser Reizüberflutung auszusetzen.
Aber es geht um den täglichen Bedarf, vor allem die ältere innerstädtische Einwohnerschaft, die kein Auto mehr bewegen kann, oder finanzieren kann,was ist da vorhanden?????