Er ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal des Landkreises Kitzingen: der Hofstaat des Kitzinger Hofrats Walter Vierrether. Der verkörpert die Symbolfigur seit dem Stadtfest 1987, die Idee dazu war aus dem Kellerspiel heraus geboren worden. Hatte Vierrether anfangs nur Weinprinzessinnen und andere Majestäten aus dem Kitzinger Stadtgebiet um sich, wurde die Riege ein paar Jahre später auf Anregung des Seinsheimers Michael Schilling auf den ganzen Landkreis ausgedehnt – auch als Gegenpol zu den Mainschleifen-Symbolfiguren.
"Ich dürfte um die 650 Majestäten in den 35 Jahren in meinem Hofstaat gehabt haben", rechnet Walter Vierrether hoch. Er selbst ist mehrfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Frankenwürfel. Und er schart zumeist junge Frauen um sich, die zu Botschafterinnen des Weins und des Kitzinger Lands werden.
Aktuell sogar zwei Weinprinzen im Hofstaat
Einst bezeichneten diese Prinzessinnen und Königinnen Vierrether als ihren Goiker, sprich Hahn im Korb. Da dauerte es nicht lange, bis vom Goiker und seinen Hühnern die Rede war. Phasenweise war er aber nicht allein der Hahn im Korb, denn vor Jahrzehnten gab es auch männliche Mitglieder im Hofstaat mit den Symbolfiguren Fritz Rauchbar, Dieter Henftling und Hermann Knott als Mainstockheimer Gumbertus.
Daneben gab es noch die Symbolfigur des Repperndorfer Kaiser Karl, den am längsten Friedrich Haag verkörperte. Vor der Jahrtausendwende waren die Biebelrieder Georg Leicht junior und Matthias Brandmann in die Rolle des Johanniter-Ritters geschlüpft. Aktuell gibt's mit Florian Müller aus Possenheim und Carol Feilitzsch aus Gaibach im Hofstaat sogar zwei Weinprinzen .
Vier Töchter aus einer Familie als Weinprinzessinnen im Hofstaat
Heute noch hat Vierrether Kontakt mit seinen ersten Weinprinzessinnen Bettina Kristinus aus Repperndorf und Annerose Schüßler aus Sickershausen. Die erste Fränkische Weinkönigin aus dem Hofstaat war vor 34 Jahren die Wiesenbronnerin Doris Paul, deren direkte Nachfolge als Weinprinzessin trat die heutige Landtagsabgeordnete Barbara Becker an.
Aus dem Hofstaat heraus gelangen mehreren Majestäten Sprünge nach oben zur Fränkischen oder gar Deutschen Weinkönigin. Besonders ergiebig für den Hofstaat war die Familie der Wiesenbronnerin Gudrun Ackermann. Denn alle ihre vier Töchter, Monika, Sandra, Barbara und Martina Ackermann bereicherten als Weinprinzessinnen den Kitzinger Hofstaat. Ähnlich oft war die Abtswinder Familie Schwanfelder mit drei Weinprinzessinnen vertreten.
Julia Then wurde von der singenden Weinprinzessin zu Vierrethers rechter Hand
In bester Erinnerung ist Walter Vierrether heute noch die ehemalige Sickershäuser Weinprinzessin Evelyn Kräutlein (geborene Herbolzheimer), "die Hoheit mit Leib und Seele war", so der Hofrat. Sie engagierte sich wie kaum eine andere organisatorisch, terminlich und beim Dekorieren von Ständen auf Tourismusmessen.
Julia Then war in Repperndorf ganze vier Jahre Weinprinzessin und machte sich einen Namen als singende Weinprinzessin. Sie avancierte zur rechten Hand Vierrether, denn er holte sie als dritte Kraft neben Signe Schmitt in die Tourist-Information und sie machte eine Ausbildung zur Gästeführerin.
Die Domina für Gerhard Schröder sorgte für Gesprächsstoff
Der Name Julia Then ist auch verbunden mit einer Kuriosität: Als der Hofstaat einst auf dem Sommerfest der Bundes-SPD in Berlin zugegen war und die Kitzinger Wein-Missionarinnen dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder eine Domina als Rotwein beim Kandel-Schluck kredenzten, sorgte das für reichlich Gesprächsstoff.
Eine weitere kuriose Geschichte hatte sich bei einem Caravaning-Treffen in Erding ereignet – inklusive feurigem Gänsehautmoment. Denn damals hatte eine Lichterkette ein Loch in des Hofrats Robe geschmort und ihm brannte sprichwörtlich der Kittel.
Dass manche Zeitgenossinnen bisweilen verkennen, um wen es vordergründig geht, davon kann der heutige Stadtrat und (Un-)Ruheständler ein Lied singen. "Ich könnte Bücher schreiben über Mütter von Hoheiten", sagt der Hofrat vielsagend. Da habe es oftmals Sonderwünsche, Einmischungen und Vorhaltungen gegeben, "aber mit meinem dicken Fell habe ich alles an mir abprallen lassen."
Total erschrocken war Vierrether im Jahr 2012, als Hofrat und Hofstaat wie gewohnt den bayerischen Sportpreis in München garnierten. Mehrere Majestäten wollten damals nicht dort übernachten und nachts noch heimfahren, doch dann passierte ein Unfall auf der Autobahn. Drei Hoheiten kamen verletzt in eine in eine Erlanger Klinik. "Danach habe ich kategorisch bestimmt, dass niemand nachts mehr heimfahren darf", lautete Vierrethers Konsequenz.
Drei Fotografen halten die schönste Momente des Hofstaats fest
"Keiner war jemals so streng mit mir", hatte einst seine Tochter Tina Vierrether moniert, die von 1998 bis 2000 Kitzinger Maiblütenkönigin war, aber sie hat es ihm nie wirklich krumm genommen. Mit der Zeit wuchs der Hofstaat immer weiter an: Durch das Weinparadies kamen mittelfränkische Weinprinzessinnen dazu oder aus dem Landkreis Würzburg. Manche junge Frau nahm oder nimmt weite Anfahrten in Kauf, um im Hofstaat dabei sein zu können.
"Vieles hätten nicht funktionieren ohne das Engagement meiner Frau Britte, sie war und ist der ruhende Pol im Hintergrund", lobt der Hofrat seine Ehefrau. Sie wirkte oftmals als Kümmerin und Seelentrösterin – und ist zudem die Frau mit der großen Messen-Erfahrung. Zu schätzen wussten die vielen Prinzessinnen und Symbolfiguren über Jahrzehnte hinweg auch die Hofstaats-Fotografen Niko Schraut, Jürgen Langhammer und Helmut Beer. Das Trio hielt permanent schöne Momente für die Hoheiten in Unmengen von Bildern fest.
Hofrats-Trio: zwei Stellvertreter unterstützen Walter Vierrether
Natürlich fotografieren sie auch die zwei stellvertretenden Hofräte, auch wenn Vierrether sagt: "Das Original bin ich." Seit einigen Jahren gibt es ein ein Hofratstrio, da die vielen Termine allein nicht mehr zu schaffen waren. Empfänge im Rathaus, Begrüßung und Führungen von Reisegruppen und Schifffahrtstouristen aus aller Herren Ländern und weitere Aufgaben fallen an. Aus diesem Grund fungieren Alexander Nuss (seit 2014) und Jürgen Reitmeier (seit 2012) als seine Stellvertreter und verkörpern ebenfalls die Hofrats-Figur.
Was diese Aufgabe für das Original bedeutet, hatte Vierrether schon bei seinem 25-jährigen Hofrats-Jubiläum erzählt: "Ich bin oft Vater, Opa, Beichtvater und manchmal Psychotherapeut." Und auch als Mitsiebziger fühlt er sich im Kreise seiner Majestäten pudelwohl.