Junge Frauen in schicken Kleidern mit Krone auf dem Haupt und Weinglas in der Hand – seit Jahrzehnten repräsentieren Prinzessinnen und Königinnen den Wein in deutschen Anbaugebieten. Ihr Amt hat sich gewandelt, längst sind sie vom schmückenden Beiwerk zu Fachfrauen des Weines geworden. Steht nun ein neuer Wandel bevor? Gut möglich, denn in Gaibach gibt es erstmals einen Weinprinzen.
Ob er eine Krone tragen wird? Die Antwort darauf gibt es erst im April. Dann wird Karol von Feilitzsch zum Gaibacher Weinprinzen gekrönt. Damit stellt er eine Besonderheit dar – nicht nur im Volkacher Ortsteil. Dort hatte die „Weinfestfamilie“, die das Schlossweinfest ausrichtet, sich im vergangenen Jahr auf die Suche nach einer neuen Weinhoheit begeben, da Katrin Engelhard nach drei Jahren Abschied vom Amt nimmt. „Wir haben verschiedene Leute angesprochen“, so Holger Scheidig, darunter auch Karol von Feilitzsch. Man könne schließlich auch mal neue Wege gehen, so Scheidig, zumal der junge Mann schon länger beim Weinfest mitgeholfen habe.
Während andere ablehnten, erklärten der 21-Jährige und eine junge Frau sich bereit, das Amt zu übernehmen. „Wir hatten dann quasi das Luxusproblem, dass wir zwei hatten, während andere Orte niemanden finden.“ Also setzte sich die aus 16 Mitgliedern bestehende Weinfestfamilie an einen Tisch, die Bewerber stellten sich vor. Aus der anschließenden geheimen Abstimmung ging Karol als Sieger hervor.
Er musste nicht lange überlegen
Er sei überrascht gewesen über die Anfrage, sagt Karol. Sein Vater hat zwar einen landwirtschaftlichen Betrieb, aber mit Weinbau hatte der 21-Jährige bislang nicht viel zu tun. Zudem ist er erst mit 15 Jahren nach Gaibach gezogen, seine Mutter stammt aus der Weinbaugemeinde. Karol fühlt sich im Ort sehr wohl, wurde von der Gemeinschaft offen aufgenommen. Dem Weinfest fühlt er sich eng verbunden, ist nicht nur regelmäßiger Besucher, sondern packt eben auch bei Helferdiensten mit an.
Der 21-Jährige, der eine Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker macht, musste nicht lange über das Angebot nachdenken: „Ich habe schnell zugesagt.“ Die Aufgabe sei interessant, es sei etwas Besonderes, den Wein und den Ort repräsentieren zu dürfen. Zudem werde ihn das Amt auch persönlich weiterbringen, ist er überzeugt. „Ich werde viel lernen.“ Er ist sich bewusst, dass sich manch einer in Gaibach noch an einen Mann im Amt gewöhnen muss, dass über seine Rolle diskutiert wird. Nicht nur im Ort, sondern auch darüber hinaus.
Dabei ist der 21-Jährige längst nicht der einzige männliche Repräsentant des Weines in Franken. Weinbaugemeinden mit männlichen Symbolfiguren gibt es bereits, doch sie stehen in der Regel den Weinprinzessinnen zur Seite. Die Landsknechte in Obervolkach zum Beispiel, oder der Kartäuser Mönch in Astheim. In Markt Einersheim gibt es den Schenk von Speckfeld und seine Hofdamen, aber keine Weinprinzessin.
Der Titel Weinprinz ist im Landkreis Kitzingen ebenfalls nicht neu, einen solchen gibt es seit 2014 in Possenheim. Als typische Weinbaugemeinde gilt der Iphöfer Ortsteil allerdings nicht, auch wenn dort schon früher Weinbau betrieben wurde. Das erste Weinfest, der „Possermer Weingenuss“ wurde erst 2013 auf die Beine gestellt, Anlass war die Fertigstellung der Dorferneuerung und der Umgestaltung der Dorfmitte. Possenheim hat eine eigenen Weinlage und zwei Nebenerwerbswinzer, aber nicht die Winzer richten das Fest aus, sondern die Dorfjugend, und die stellt auch den Prinzen.
In Gaibach bauen mehrere Winzer in den Lagen Schlosspark und Kapellenberg Weine an. Die Krönung einer Weinprinzessin hat lange Tradition, mit Eva Barthelme kam 2007/2008 sogar die Fränkische Weinkönigin aus dem Ort.
Wenn auch bis zum Amtsantritt noch einige Wochen vergehen, so beschäftigt sich der 21-Jährige bereits jetzt intensiv mit seinem neuen Posten. Bei einem zweitägigen Seminar des Fränkischen Weinbauverbandes hat er sich gemeinsam mit anderen amtierenden und angehenden Weinhoheiten in Fragen rund um den Wein, den Anbau und die Vermarktung eingearbeitet, vieles über die Geschichte des Weines, die Gebietsweinwerbung und über den Silvaner als Marke gelernt, Styling- und Rhetorik-Tipps erhalten. Er war der einzige Mann in der Runde – und wurde von den Damen gut aufgenommen. „Die Stimmung war sehr positiv.“
Für Lisa Witzleben vom Fränkischen Weinbauverband war es das erste Mal, dass sie einen künftigen Weinprinzen in diesem Seminar begrüßen durfte. „Er nimmt sein Amt ernst und beschäftigt sich mit dem Thema“, bescheinigt sie dem 21-Jährigen. Das unterstreicht auch Weinbaupräsident Artur Steinmann.
Dem Weinbauverband sei es wichtig, dass die Aufgabe ernsthaft ausgeführt werde und Karol von Feilitzsch mache den Eindruck, dass er genau das tun wolle. Die Entscheidung darüber, wer Weinprinzessin wird, liege beim Ort und bei den Winzervereinen. „Wen die küren wollen, ist ihre Sache“, so Steinmann. Und wenn es nun ein Weinprinz sei, wolle und werde der Verband das auch nicht verhindern. Er bezeichnete die Entscheidung für einen Prinzen als überraschend und außergewöhnlich, zumal es in Gaibach auch eine weibliche Bewerberin ums Amt gegeben habe. Aber es sei zu erwarten gewesen, dass irgendwann ein Ort einen Weinprinzen küre.
Noch kann es keinen König geben
Wenn am 20. März in Würzburg die Fränkische Weinkönigin gewählt wird, sind die Frauen noch unter sich. Einen männlichen Bewerber gab es bislang nicht – und er könnte den bisherigen Statuten zufolge auch nicht gewählt werden. Die Voraussetzungen sind derzeit noch ausschließlich weiblich formuliert: Bewerben dürfen sich demnach nur junge Damen aus fränkischen Weindörfern, aus Winzerfamilien, aktuelle und ehemalige Weinprinzessinnen oder junge Frauen mit abgeschlossener fachbezogener Berufsausbildung. Die Bewerberinnen müssen mindestens 18 Jahre alt und unverheiratet sein.
„Über die Statuten kann man beraten, man kann sie ändern“, gibt sich Artur Steinmann offen, was eine künftige Kandidatur von Männern angeht. Die Entscheidung darüber, wer die Krone trägt, liegt bei einer 120-köpfigen Jury. Dass es künftig durchaus den einen oder anderen Weinprinzen in Franken geben könnte, davon ist Lisa Witzleben überzeugt. Insgesamt aber, so ist sie sicher, wird das Amt wohl eher in weiblicher Hand bleiben.