Der Kitzinger Stadtrat hat seine Absicht bekräftigt, die Innenstadt attraktiver und die gesamte Stadt klimaneutral zu machen. Erste Schritte in beide Richtungen sollen möglichst noch in diesem Jahr erfolgen, wie bei der Verabschiedung des städtischen Haushalts am Dienstagabend aus den Reihen mehrerer Gruppierungen zu vernehmen war. Konkrete Aussagen, in welchem Zeitrahmen die Ziele und Maßnahmen umgesetzt werden sollen, traf der Stadtrat nicht. Vereinzelt gab es warnende Stimmen zu gewissen Entwicklungen in der Stadt und zum schleppenden Tempo des Altstadtumbaus.
Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU) sprach mit Blick auf den 81,5 Millionen Euro umfassenden Etat und die geplanten 20 Millionen Euro an Investitionen von einem ambitionierten Programm, das die „Familienfreundlichkeit“ der Stadt unterstreiche. Güntner verwies auf das schwierige politische und wirtschaftliche Umfeld mit Ukrainekrieg, Pandemie, steigender Inflation, Fachkräfte- und Materialmangel. Positiv sei, dass die Stadt vermutlich zwölf Millionen Euro Gewerbesteuer und 10,5 Millionen Euro über die Einkommensteuerbeteiligung einnehme. Finanziert werden sollen damit Projekte wie das Haus für Jugend und Familie, ein Bikepark, die Digitalisierung der Schulen oder die Sanierung der Sickergrundhalle.
Die CSU kritisiert, dass Stadträte "unter Druck gesetzt" werden
CSU-Fraktionschef Stephan Küntzer nannte die Innenstadtentwicklung ein „Herzensthema“. Um die Attraktivität zu steigern, sollen der öffentliche Nahverkehr innerhalb der Stadt ausgebaut, Ruhe- und Spielplätze geschaffen werden. Küntzer brachte die Ansiedlung von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und weiteren Behörden in Kitzingen ins Spiel, zudem brauche es Baugebiete und günstigen Wohnraum. Er mahnte eine sachliche Diskussion an. Dass Stadträte „unter Druck gesetzt“ würden, gehe gar nicht. Wichtig sei es, zusammenzustehen und für die freie Meinung einzutreten. Auch die Medien seien in der Pflicht, einen „Gegenpol“ zur Hetze und Polemik in den sozialen Netzwerken zu bilden.
Auch Uwe Pfeiffle (FW-FBW) appellierte an einen fairen Umgang miteinander. Nicht Ideologie dürfe im Vordergrund stehen, sondern Sachorientierung. Er rief das Gremium dazu auf, „ohne moralische Keule“ zu diskutieren. Mit Blick auf das umstrittene Bauvorhaben am Steigweg sagte Pfeiffle, neue Wohnungen brächten mehr Steuerzahler, mehr Umsatz in der Gastronomie und mehr Belebung für die Innenstadt. Dass zu beschlossenen und bereits laufenden Projekten immer wieder Anträge gestellt würden, sei „nicht hilfreich“. Es widerspreche demokratischen Prinzipien und erhöhe die Kosten solcher Projekte.
Manfred Paul (SPD) sprach sich für eine „offene Streitkultur“ aus, in der es möglich sein müsse, sich überzeugen zu lassen. Es sei nicht zielführend, dass Anträge des Stadtrats immer wieder in Beiräte oder Ausschüsse verschoben würden. Mit Blick auf die vom OB genannte Vision von 30 000 Einwohnern sagte Paul, es genüge nicht Ziele zu formulieren, man müsse auch erklären, wie diese erreicht werden sollen. Paul mahnte, die Planungshoheit bei Wohnbauprojekten müsse wieder bei der Stadt liegen und dürfe nicht in „vorauseilendem Gehorsam“ von der Verwaltung abgegriffen werden. Neben Verkehr und Klimaneutralität nannte Paul die Innenstadtentwicklung als großes Thema.
Für Andrea Schmidt (Grüne) hat ein „energieautarkes Kitzingen“ Priorität. Sie bedauerte, dass die Stelle des Klimamanagers im Rathaus noch immer nicht besetzt sei. Auch die „mangelnde Bereitschaft“ des Stadtrates, sozialen Wohnungsbau zu unterstützen, kritisierte sie. Bei der Ablehnung einer Quote habe sich die Mehrheit des Gremiums „nicht für das Gemeinwohl“ entschieden. „Nachholbedarf“ sah Schmidt beim Informationsfluss von der Verwaltung an die Fraktionen.
Jens Pauluhn (ÖDP) sprach von „zukunftsweisenden, guten Beschlüssen“, denen jetzt aber Taten folgen müssten. „Einzelne Maßnahmen“ müssten vom Bauamt noch intensiver begleitet werden. Für Uwe Hartmann (Bayernpartei) ist die Stadt mit der Photovoltaik-Pflicht auf Gewerbehallen und in Neubaugebieten auf gutem Weg. Was fehle, sei die Solarnutzung in der Altstadt. Er kritisierte, dass sich die Kitzinger LKW „vehement“ gegen den Ausbau erneuerbarer Energien und einen Bürgerenergiepark sperrten und dass die Bau GmbH Photovoltaik auf städtischen Wohnhäusern ablehne.
Im Vergleich mit anderen Städten ist Kitzingen nur Mittelmaß
Walter Vierrether (ProKT) sah Kitzingen mit dem Wohnmobilstellplatz touristisch gut aufgestellt, er rügte aber mangelnde Sauberkeit in Teilen der Altstadt und warnte vor einer „Ghetto-Bildung“, etwa im Bereich der Brauhöfe oder der Fischergasse. Werner May (UsW) stellte die Ergebnisse eines Vergleichs mit 28 anderen Großen Kreisstädten Bayerns vor. Bei der Steuerkraft lande Kitzingen auf Platz 26, was Schuldenstand und Personalkosten angeht, im Mittelfeld. Lars Goldbach (AfD) bedauerte, dass die Stadt sich verschulden müsse, um alle gewünschten Projekte umzusetzen.
Dem Haushalt stimmten letztlich alle außer Klaus Christof (KIK) zu. Christof hatte auf eine Rede verzichtet und in einer E-Mail an OB und Stadträte erklärt, die veränderte Lage in den Bereichen Wohnungsbau, Klimaschutz und Bürgerbeteiligung fordere ein „konsequentes Umdenken und neue Handlungsstrategien in der Kommunalpolitik“. Verwaltung und Stadtratsmehrheit seien aber nicht bereit, die „dringend gebotene politische Neuorientierung einzuleiten“.