Von einem „touristischen Highlight“ spricht Zweiter Bürgermeister Manfred Freitag. Der Mann muss es wissen, er ist Fahrradhändler in Kitzingen und wartet nach eigenen Worten „seit über 40 Jahren“ auf ein solches Angebot in der Stadt. Jetzt ist es zum Greifen nahe. Ein Bikepark soll demnächst neben dem Sportzentrum Sickergrund entstehen. Es wäre der zweite im Landkreis nach Dettelbach. Der Stadtrat hat dazu am Donnerstagabend mit großer Mehrheit einen Grundsatzbeschluss gefasst: 365 000 Euro will sich die Stadt dieses „Alleinstellungsmerkmal“, wie Freitag es nannte, kosten lassen. Schon im Sommer könnte die Anlage stehen.
Von 3 bis 83 Jahren – im Kitzinger Stadtrat lächelt mancher, als Robin Specht die Zahlen in den Raum wirft. Specht, ein ehemaliger Mountainbike-Profi, ist Co-Geschäftsführer der oberfränkischen Firma Radquartier, die im Auftrag von Städten und Gemeinden die immer beliebter werdenden Bikeparks projektiert und baut. Neulich sei tatsächlich ein 83-Jähriger mit dem Rad über einen der Parcours gefahren, so Specht. Er erzählt die kleine Geschichte gerne, um zu zeigen, dass Bikeparks nicht nur etwas für Kinder und Jugendliche sind, sondern auch für junggebliebene Erwachsene. Und: Als Freizeitattraktion locken sie im Idealfall auch die eine oder andere Familie zum Urlaub in die Stadt.
In Kitzingen kam die Idee zu der Anlage im Juni 2020 nicht aus dem Rathaus, sondern vom Jugendbeirat. Stadtrat Tobias Volk (FW-FBW) hatte das Thema dort angeschnitten und breites Interesse unter den Jugendlichen geweckt. Gemeinsam überlegten sie, wie man das Projekt am besten umsetzen könne. Ein Profi musste her. Von drei angeschriebenen Planern meldete sich nur Specht mit seiner Firma. Bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück wurde die Stadt in der Siedlung fündig: auf rund 3400 Quadratmetern zwischen Sickergrundhalle und Erich-Kästner-Schule, baumfrei und gut zu erschließen. Laut Specht besteht die geplante Anlage aus zwei Teilen: Dirtpark und Pumptrack.
Die Pumptracks ziehen ein bunt gemischtes Publikum an
Ein Pumptrack ist ein geschlossener Rundkurs mit Wellen, Steilkurven und Sprunghügeln, der sich in Endlosschleife befahren lässt. Wer sein Körpergewicht geschickt verlagert, kann die Strecke zurücklegen, ohne in die Pedale zu treten. Auf Pumptracks treffen sich echte Fahrrad-Akrobaten und solche, die es werden wollen. Der Kurs eignet sich aber auch für Skateboard, Longboard, Scooter oder Inlineskates, selbst für Kleinkinder mit dem Laufrad.
Dirtparks mit ihren Rampen, Hügeln und Hindernissen werden von Mountainbikern und BMX-Fahrern für kühne Luftsprünge und andere Tricks genutzt. Drei Linien in den Schwierigkeitsgraden leicht, mittel und schwer stehen zur Verfügung. Für die Modellierung des Parks wird das Erdmaterial bearbeitet und stark verdichtet. Alle Anlagen sind laut Specht TÜV-zertifiziert. Wenn alles passt, könnte es im späten Frühjahr mit den Arbeiten losgehen und bis zum Spätsommer alles fertig sein.
In Bayern laufen derzeit einige Klagen gegen geplante Bikeparks, etwa in Selb (Oberfranken) oder Weßling (Oberbayern); einmal sind es Anlieger, einmal Umweltschützer, die protestieren. Auch in Kitzingen gibt es diesbezüglich Bedenken aus Reihen des Stadtrats. Specht ist bemüht, sie zu zerstreuen. „Danke für die Frage“, sagt er. Der Lärm sei nicht größer als bei einem Basketballfeld, und die Umweltauflagen, die von der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt gemacht wurden, könne man gut erfüllen. Da es auch keiner zu großen Eingriffe in die Natur bedarf, könne die Anlage außerhalb der Schutzzeiten für Vögel oder Amphibien gebaut werden, heißt es auf einen Einwand von Timo Markert (CSU).
Die Bikeparks könnten bald die Skateanlagen verdrängen
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund führt keine Statistik darüber, wie verbreitet Bikeparks hierzulande sind. Doch Sportwissenschaftler wie Tim Bindel registrieren eine wachsende Beliebtheit. „Pumptracks sind deshalb so attraktiv, weil sie quasi als Mehrgenerationen-Spielplatz genutzt werden können“, sagte Bindel kürzlich in einem dpa-Gespräch. Gerade in kleineren Gemeinden könnten Pumptracks bei Jugendlichen populärer werden als Skateparks. „Skate-Anlagen waren oft Schnellschüsse von Kommunen“, sagt Bindel. „Das ist ein bisschen tot. Um solche Anlagen zu nutzen, muss man viel mehr trainieren als bei Pumptracks.“
Positive Effekte erwartet sich auch Kitzingens Jugendreferent Stephan Küntzer (CSU) von dem Bikepark. „Das wird ein richtig tolles Sportzentrum.“ Küntzer hält auch den Standort für ideal, da es kaum Wohnbebauung gebe – im Gegensatz zu Wolfgang Popp (KIK), dem die Anlage zu sehr Blickfang für die benachbarte Erich-Kästner-Schule ist. Die Schülerinnen und Schüler könnten durch das Treiben vor ihren Fenstern zu sehr abgelenkt sein. „In diese Richtung gehen mindestens zwölf Klassenzimmer.“
Abgesprochen ist das Projekt laut Stadtjugendpfleger Jochen Kulczynski mit der Schulleitung nicht. „Das sollte man dringend tun“, empfahl auch Klaus Heisel (SPD), wie Popp früher selbst Lehrer. „Manchmal“, so wandte Bürgermeisterin Astrid Glos (fraktionslos) ein, „liegt es auch am Lehrer, ob man seine Jungs und Mädels bei Laune halten kann.“