Wer sagt, Handwerk ist uncool und die heutige Jugend will nichts arbeiten, der kennt Timo Rögele nicht. 22 Jahre jung, Metzgermeister und Youtube-Star. Sein Arbeitstag beginnt früh um 5 Uhr. "Okay, manchmal etwas später", gesteht er schelmisch lächelnd. Und endet oft am Schreibtisch. Nicht, weil er die Buchhaltung der Gnodstädter Familienmetzgerei machen muss, sondern weil er Filme für seinen Youtube-Kanal Metzgermeister Rögele schneidet.
"Servus, Leute!", heißt es da regelmäßig und Rögele erklärt seinen Followern zum Beispiel, mit welchen Aromen Gelbwurst gewürzt wird, warum er Salami im Dry-ager-Schrank reifen lässt oder wie ein Versuch mit einer veganen Bratwurst gescheitert ist. Denn eines ist dem 22-Jährigen wichtig: Es will das wahre Leben zeigen. Keine geschönten Instagram-Bilder und kein perfektes Metzger-Image. "Ich zeige auch, wenn's schief läuft", erklärt er in schönstem Fränkisch. Das spricht er auch in seinen Filmen. Und seine Anhänger – übrigens aus ganz Deutschland – finden das richtig gut. Kurz habe er mal überlegt, ob er seine Filme englisch vertonen sollte. "Aber das wäre nicht ich", erklärt er. "Auch wenn ich dann mehr Abonnenten hätte."
Metzgermeister Rögele – der Youtube-Kanal für Hobbymetzger
Anfang des Jahres hat Rögele mit dem Kanal angefangen. 2023 Follower hat er mittlerweile und damit auch seinen Vater Frank überzeugt. Der war erst skeptisch, als der Filius vorhatte, im Internet Filme zu verbreiten. Aber die vielen positiven Rückmeldungen gaben ihm recht und die Freude war groß als sein Kanal nach etwa drei Monaten schon 1000 Abonnenten hatte.
Besonders Hobbymetzger lassen sich anhand von Rögeles Videos zeigen, wie Wurst gemacht wird. Das ist kein Vergleich zum Kanal The Voice Kids der laut Statista, einer Online-Plattform für Statistik, 7,51 Millionen Abos hat, aber immerhin. Doch den ersehnten Metzger-Nachwuchs bringen die etwa zehn Minuten lange Filme bisher nicht in die Wurstküche.
Denn der Gnodstädter ist nicht nur aus Spaß an der Freud ins Netz gegangen. Er will auch zeigen, dass Metzger ein toller Beruf ist. Er möchte fürs Handwerk insgesamt werben und selbstverständlich auch für seine Metzgerei. Denn noch steht die Oma jeden Tag im Laden und verkauft Fleisch, Wurst und selbstgemachte Salate. Doch wie wie lange noch?
Deshalb planen Timo und sein Vater auch einen Online-Shop. Presssack, Salami und geräucherte Bratwürste per Post – ist das die Zukunft? Timo jedenfalls möchte darauf vorbereitet sein und mit seinem Youtube-Kanal den Namen Rögele bekannt machen.
Jägermeister-Schinken – warum nicht?
Der junge Mann will zeigen, wie kreativ sein Beruf ist. Einmal hat der Metzgermeister einen Jägermeister-Schinken gemacht, weil er den Kräuterlikör selbst gerne trinkt. Das ernüchternde Ergebnis: "zu teuer für zu wenig Geschmack", sagt er lachend, aber auch: "Es sind keine Grenzen gesetzt, solange es schmeckt." Probieren geht eben über studieren. Das ist auch die Devise der veganen Bratwurst, die demnächst im Laden verkauft werden soll.
Die Familie muss testen, was in der Wurstküche ausprobiert wird
Kein leichtes Unterfangen. Die vegane Füllung schmeckt noch nicht so, dass Familie Rögele – die Familie muss bei neuen Kreationen als Testesser herhalten – zufrieden ist. Auch die Verarbeitung macht Timo und seinem Vater noch Kopfzerbrechen. Kinderkrankheiten – wird schon irgendwann klappen, denkt er sich, und wurstelt weiter. Oft dabei: die Abonnenten seines Youtube-Kanals. Und manchmal steht in den Kommentaren sogar ein hilfreicher Tipp.
"Servus, Leute!", sagt Rögele in die Kamera. "Heute zeige ich euch, wie man einen Cordon-bleu-Braten macht." Schnell und gekonnt fährt das scharfe Messer in das Fleisch, um das Stück zu halbieren. Timo erklärt dabei seine Handgriffe und blickt immer wieder in die Kamera. Heute steht sie auf einem Stativ, manchmal filmt auch der Vater. Deutlich schneller sei er inzwischen geworden. Trotzdem braucht er etwa zweieinhalb Stunden bis die zehnminütigen Filme fix und fertig fürs Netz sind.
Brennt der junge Gnodstädter für etwas, funkeln seine blaugrauen Augen. Diese Leidenschaft war es wohl auch, die ihn in die Metzgerei geführt hat. Denn eigentlich wollte er Feinmechaniker werden. Doch schon bald brach er die Lehre ab. "Das ist kein Handwerk mehr. Du programmierst nur Maschinen", erklärt er und verkündet dem Vater, dass er Metzger werden will.
Der winkt erst ab und empfiehlt seinem Sohn, nochmal darüber zu schlafen. Doch Timo lässt sich nicht davon abbringen, macht seine Lehre in Würzburg, kurz danach gleich seine Meisterprüfung. Seitdem tragen Vater und Sohn ihre Käppis mit dem Schild nach hinten. "Das war so ausgemacht", erklärt Timo stolz.
Weniger klar dagegen ist die Sache mit den Mädels. "Als Metzger ist es auf Tinder echt schlimm", sagt Rögele frei von der Leber weg über die Online-Dating-Plattform. Als "Leichenverwerter" und "Tiermörder" wird man da schnell weggewischt. Im direkten Kontakt sieht das anders aus. Da kann er leichter mit Vorurteilen aufräumen. Auch auf seinem Youtube-Kanal: "Servus, Leute!"