
Ein Nachtclub für "ganz normale Leute", die sich gerne ein wenig schicker kleiden – das war die Ursprungsidee des Studios in der Haugerpfarrgasse 7: "Bei uns kommt man rein, wenn man sich anzieht, wie zu seinem ersten Date", fasst Christian Reitlinger, Geschäftsführer des Studios, die Türpolitik des Clubs kurz und knapp zusammen. Inzwischen ist das Studio von Inhaber Rudolf "Rudi" Schmidt schon 20 Jahre alt. Im Dezember soll der Geburtstag groß gefeiert werden.
Als Christian Reitlinger mit 18 Jahren anfing, in der Diskothek Airport als Barkeeper zu arbeiten, lernte er Rudolf Schmidt kennen. Eigentlich, so sagt der 49-jährige Reitlinger heute, wollte er Architektur studieren. In der nächtlichen Feierkultur fühlte er sich jedoch so wohl, dass er damals ja sagte, als Schmidt ihn fragte, ob er nicht eine leitende Position in der Diskothek einnehmen möchte: "Wir waren irgendwie auf einer Wellenlänge", sagt der 73-jährige Schmidt, der damals noch Eigentümer des Airports war. Heute gehören ihm noch das Studio und der Zauberberg.
Die beiden verbindet eine lange, gemeinsame Berufshistorie. Mit 20 Jahren ging Reitlinger nach Nürnberg und arbeitete im Techno-Club 'Mach 1'. Er hatte den Drang, einmal etwas anderes auszuprobieren, wie er sagt. Schmidt holte ihn dann wieder zurück. Er hatte ein Angebot vom Pächter des ehemaligen 'Take 5' erhalten. Die beiden krempelten den Laden um und eröffneten am 29. Oktober 2002 das Studio.

Das Studio ist ein Club für alle – selektiert wird trotzdem
Schmidt und Reitlinger hatten sich zuvor verschiedene Nachtclubs in ganz Deutschland zur Inspiration angesehen, erklärt Schmidt. Den Service führte man mit der Erfahrung aus dem Airport weiter. Die Musik wollte man bewusst nicht spezifizieren. Mit der "Mainstreamigen-Musik" sollte das Studio ein Club für alle sein. An der Atmosphäre durch Soundsystem und Beleuchtung haben die beiden über die Jahre stetig gefeilt. Eintreten darf nur, wer mindestens 20 Jahre alt ist, sagt Reitlinger und fügt hinzu, dass in diesem Jahr, aufgrund des Geburtstags, für alle 20-Jährigen der Eintritt frei ist.
Unter anderem arbeitete Christian Reitlinger in der Anfangszeit oft an der Tür. Den Begriff des "Selectors", wie Türsteher auch genannt werden, mag er nicht besonders. "Aber irgendwo muss man natürlich schon selektieren und den Gast vor Gästen schützen, die vielleicht nicht in den Laden passen. Vor Betrunkenen zum Beispiel", sagt er. Und natürlich achte man schon darauf, "dass die Leute nicht gerade erst vom Sofa aufgestanden sind." Man müsse dabei nicht "übertrieben rausgeputzt" sein, aber eben schick – wie beim ersten Date.
Leute wegzuschicken und sie damit zu enttäuschen, sei für Reitlinger immer schwierig gewesen: „Ganz schlimm finde ich, wenn das jemand zum Beispiel auf seine Hautfarbe reduziert. Wahrscheinlich 90 Prozent der Leute, die wir wegschicken, sind Deutsche", sagt er. Doch der Club sei letztendlich ein privater Raum, das würden viele nicht verstehen. Diskussionen, Beleidigungen und Anspucken: Diese Reaktionen kennt Reitlinger. Meist bleibe es aber friedlich.
Generationenwechsel in Würzburger Club-Szene
Rudolf Schmidt ist eine Ikone im Würzburger Nachtleben. Jahrzehnte lang hat er die Nächte durchgefeiert. Ob man die Lust dazu im Alter verliert? "Ich habe nach wie vor immer wieder Lust, aber die Vernunft siegt dann meist. Ich habe so viel Nightlife hinter mir, dass ich jetzt nicht mehr so oft will und auch nicht kann", sagt der 73-Jährige.
Ab und an zieht er dann aber doch los. So hatte er vor wenigen Wochen eine Tour unternommen, bei der er "sieben oder acht Clubs an einem Abend" besuchte: "Das war eine tolle Erfahrung, in vielen Clubs war ich auch lange nicht mehr", sagt er. Am längsten habe er im 'Kurt & Komisch' festgesteckt, wo er sich unter anderem mit dem Inhaber unterhalten habe. Dort hat er 1970 seine erste Disko, das 'Tiffany', betrieben: "Es hat mir gut gefallen, was sie daraus gemacht haben", sagt er.
Aus dem aktiven Geschäft hat er sich inzwischen zurückgezogen. Auch Reitlinger, der eine 17-Monate alte Tochter hat, verbringt nicht mehr so viele Nächte im Laden, wie früher. Mit dem neuen Abendbetriebsleiter, Zarif Aliu, sei jetzt die nächste Generation gefragt. Er sei als Mitarbeiter sehr vertrauenswürdig und fleißig. Und er könne sich besser mit dem heutigen Studio und seinen Gästen identifizieren, sagt Schmidt. Wie genau es mit dem Nachtclub in Zukunft weiter geht, lassen die beiden auf sich zukommen. Doch einfacher als in der Vergangenheit werde der Betrieb nicht, sagt Reitlinger.

Auch nach den Flaute-Jahren der Pandemie hat es die Nachtgastronomie schwer
Während der kritischen Phase der Corona-Pandemie seien viele von hohen Besucherzahlen nach der Zeit voller Beschränkungen ausgegangen, sagt Reitlinger. Er sei von Anfang an skeptisch gewesen, was sich bewahrheitet hätte. In den ersten Wochen seien die Läden zwar brechend voll gewesen, doch das habe deutlich nachgelassen und vom Level vor der Pandemie sei man weit entfernt.
2022, sagt Reitlinger, sei das Jahr der Hochzeiten, der Festivals und der Urlaube gewesen. Die Menschen hätten all das nachgeholt, was während der Corona-Zeit nicht möglich war. Hinzu komme die abgeschwächte Konsumlaune durch die hohe Inflation. Das größte Problem sehe er allerdings in modernen Dating-Apps.
Früher habe es weniger Freizeitangebote gegeben. Die Leute hätten sich zwangsläufig, etwa beim Kegeln oder auf der Tanzfläche getroffen. Auch, wenn es um die Liebe ging: "Heute muss man ja nicht mal mehr in den Club um Frauen kennen zu lernen. Tinder ist die größte Gefahr, die wir als Clubbetreiber haben."
Zur großen Geburtstagsfeier am Donnerstag, dem 1. Dezember, soll die Tanzfläche trotzdem voll sein. Dann wird der italienische DJ Nicolino auflegen. Er habe ein gutes Gespür dafür, was die Leute hören wollen, egal ob jung oder älter, sagt Schmidt. Denn das Publikum soll an diesem Abend gemischt sein: Alle, die sich in den letzten 20 Jahren im Studio zu Hause gefühlt haben, seien willkommen.