Er gilt als "Rockstar des Bäckerhandwerks": Der Schlagzeug spielende Bäckermeister Axel Schmitt liebt nicht nur Heavy Metal, sondern weiß auch beruflich, auf sich aufmerksam zu machen: Er tritt in TV-Sendungen auf, schreibt Backbücher, präsentiert sich in Sozialen Medien. Allein auf Facebook folgen ihm 61.000 Leute.
Trotzdem hat der Inhaber der gleichnamigen Familienbäckerei aus Frankenwinheim (Lkr. Schweinfurt) ein Problem, das das gesamte Handwerk betrifft: Er findet kaum Nachwuchs. Schmitt, 2022 zum Weltbäcker gekürt, hat deshalb eine ungewöhnliche Aktion gestartet, mit der bereits im Frühjahr ein Kollege aus Bamberg in die Offensive ging: Wer jetzt eine Lehre bei ihm beginnt, dem zahlt er die doppelte Ausbildungsvergütung. Im ersten Lehrjahr gibt es nun 1350 Euro statt bislang 675 Euro.
Axel Schmitt: Es ist kein Geheimnis, dass gute Leute gesucht werden. Der Markt ist wie leergefegt. Arbeitswillige Menschen sind rar. Vollzeit arbeiten ist scheinbar nicht mehr in. Wir haben schon alle möglichen Sachen probiert. Und natürlich ist eine ausgebildete Fachkraft etwas anderes als eine Hilfskraft. Da sehe ich bei uns Bedarf. Deswegen würde ich sagen, auf dieser Ebene sind wir verzweifelt.
Schmitt: Ja, weil es sich nach letzter Lösung anhört. So ist es aber nicht. Wir wollen unseren hohen Standard halten. Gerade im Handwerk, wo man Backwaren, also High-End-Produkte, herstellt, da brauchst du einfach ausgebildete Fachkräfte, die wissen, was sie tun. Natürlich freuen wir uns über Quereinsteiger und alle, die Bock draufhaben, denn das ist das Wichtigste. Ich gehe auch in Schulen und kläre dort auf. Wir wollen die Leute motivieren. Und mit Geld ist auch ein Stück Wertschätzung verbunden.
Schmitt: Man kann Leute nicht mit Geld kaufen. Dann sind wir beim Söldnertum. Es muss alles ein bisschen passen. Wenn ich zurückdenke an meine Lehrzeit, da wollte ich Wertschätzung und als junger Erwachsener wahrgenommen werden. Aber mit 400 Mark damals! Da musste ich noch Musik spielen und nebenbei ein bisschen Kohle verdienen.
Schmitt: Ich mache quasi einen Deal mit dem Jugendlichen: Ich nehme ihn ernst, zahle ihm das Doppelte an Ausbildungsvergütung, und er brennt dafür fürs Handwerk und benimmt sich halbwegs wie ein junger Erwachsener. Und zusammen rocken wir dann die Bude.
Schmitt: Die Aktion ist ganz frisch, erst eine Woche alt. Bisher gibt es zwar großes Interesse. Aber ich habe noch nicht stapelweise Ausbildungsverträge ausgedruckt.
Schmitt: Nein, aber es ist jetzt nicht die Hauptazubisuchzeit. Und man muss eine Lehre nicht am 1. September beginnen, man kann auch zwischendrin einsteigen. Auch Studienabbrecher, die merken: Mensch, ich wollte doch eigentlich immer was mit den Händen machen. Wir sind definitiv krisensicher, systemrelevant, und auch unsere Enkel werden essen. Ich arbeite mit Social-Media-Experten und IT-lern zusammen, die sich im Studium befinden, aber gar nicht wissen, ob es ihren Berufszweig überhaupt noch gibt, wenn sie fertig studiert haben. Die KI räumt gerade ordentlich auf in den Büros.
Schmitt: Sehr positiv, auch von Kollegen. Die finden das alle geil.
Schmitt: (lacht) Mal ganz grundsätzlich: So ein Verhalten wie bei der Bahn oder im Handel finde ich ein absolut unsoziales Verhalten, weil damit billigend in Kauf genommen wird, dass Unbeteiligte, Einkaufende oder Urlaubsreisende, geschädigt werden. Das alles befeuert das Rad der Inflation weiter. Wir versuchen schon immer, so fair wie möglich zu zahlen. Und wir kommen aus harten Jahren. Aber im Ausbildungsbereich kann man ruhig ein Zugeständnis machen. Meine Frau und ich haben uns Gedanken gemacht, was sagt denn die Belegschaft? Aber die verstehen das. Unseren Auszubildenden, die im dritten Lehrjahr sind, haben wir auch eine Erhöhung versprochen.
Schmitt: Also ich werde nicht jeden Lohn verdoppeln können. Man muss auch gönnen können! Nochmal: Ich hätte gerne gute Azubis, die Bock haben. Junge Menschen, die drei Jahre die Rohstoffe und die ganze Wertschöpfungskette kennenlernen. Die sind anders mit dem Betrieb verwurzelt als eine Hilfskraft. Wir sind hier am flachen Land, bei uns muss man lauter schreien, dass man gehört wird. Das ist ein Bereich, wo man lange verschlafen hat, ein bisschen mit der Zeit zu gehen.
Dass der Herr Schmitt mit bisher € 675 im Monat keine Chance hatte Lehrlinge zu bekommen ist doch klar. Von Frankenwinheim bis Schweinfurt sind es nur 20 km und da werden auch Azubis gesucht.
Und nach der Lehre sieht es bei FAG, ZF und Co. finanziell auch viel besser aus als im Lebensmittelhandwerk.