In unserer Serie „Was würdest du tun?“ stellen wir regelmäßig Menschen aus dem Landkreis Haßberge vor, die erzählen, wie sie arbeiten, was sie verdienen und was sie tun würden, wenn sie nicht arbeiten müssten. Hier berichtet der 26-jährige Matthias Winkler (der Name wurde geändert).
Mein Job
Beruf: Ich arbeite als Referendar mit dem Ziel, in zwei Jahren Berufsschullehrer zu sein. Mein Hauptfach ist Sozialpädagogik, mein Nebenfach Religionslehre. Ich arbeite abwechselnd an zwei Schulen, die meisten meiner Schüler üben Pflegeberufe aus.
Der Aufbau meiner Arbeitswoche wandelt sich stark. Montags ist Seminartag: Hier lerne ich, wie ich Lerninhalte am besten vermittle. Dabei geht es beispielsweise um die richtige Methodik, die Struktur einer Unterrichtseinheit oder um Medienschulung. Darüber hinaus lerne ich, wie ich den fachspezifischen Deutschunterricht abhalte. Konkret geht es beispielsweise darum, berufliche Tätigkeiten, die mit Schrift oder Sprache zu tun haben, einzuüben. Zusätzlich findet einmal pro Woche eine Seminarsitzung mit allen Referendaren eines Fachs statt.
In der übrigen Zeit bereite ich Unterricht vor und halte Unterricht ab. Zu Beginn meiner Tätigkeit waren das vier Unterrichtseinheiten, pro Unterrichtseinheit benötigte ich sechs Stunden für die Vorbereitung. Ich wusste gar nicht, wie ich mit mehr Unterrichtsstunden klarkommen sollte. Die Belastung war extrem hoch. Mittlerweile bin ich besser eingespielt, habe sieben Unterrichtsstunden und benötige pro Einheit nur noch zwei bis vier Stunden für die Vorbereitung.
Was mir besonders an meinem Beruf gefällt, ist die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Wenn ich merke, dass die Schüler etwas verstehen und in ihrem Beruf vorankommen, ist das einfach ein tolles Gefühl. Ich empfinde es als große Bereicherung, dass die Klassen in Berufsschulen aus Schülern verschiedenen Alters bestehen. Die Altersspanne in meiner aktuellen Klasse reicht von 16 bis 38 Jahren. Da aufgrund des Altersunterschieds die Schüler unterschiedlich viel Erfahrung mitbringen und sehr unterschiedlich lernen, ist es allerdings manchmal nicht einfach, alle da abzuholen, wo sie stehen.
Im Großen und Ganzen habe ich bei der Vermittlung der Lerninhalte und bei der Zeiteinteilung recht viel Freiheit. Dennoch gibt es von Fach zu Fach Unterschiede. In Religionslehre bin ich in der Gestaltung des Unterrichts freier als in Sozialpädagogik. Ich muss mich immer in einem gewissen Rahmen bewegen, doch dieser ist gerade in Abschlussklassen aufgrund des straffen Lehrplans etwas enger gefasst.
- Ariana Schmidt, Einzelhandelskaufrau
- Mia Husslein, Produktdesignerin
- Robert Glück, Sozialpädagoge
- Johannes Schmidt, Mechatroniker
- Johannes Fuchs, Verwaltungsbeamter
- Hans-Peter Bencic, Polizist
- Christoph Schulze, Zerspanungsmechaniker
- Anni Köster, Kindergartenleiterin
- Lina Schmitt, Ergotherapeutin
- Doris Werner, Augenoptikerin
- Johanna Städtke, Ingenieurin für Landschaftspflege
- Markus Englert, Maschinenbauingenieur
- Julia Baum, Krankenschwester in Ausbildung
- Marcel Gärtner, Verwaltungsfachwirt am Gericht
Generell würde ich sagen, dass die Anfangszeit unheimlich stressig war. Die langen Vorbereitungszeiten gingen mir gehörig auf die Nerven. Wenn ich die Vorbereitung berücksichtige, kam ich in den ersten beiden Monaten auf eine Sieben-Tage-Woche. Verwaltungsangelegenheiten wie Tätigkeitsnachweise oder Fahrtkostenabrechnungen kommen leider auch dazu. Es wird einem deutlich, dass man Beamter ist.
Anfangs hetzte ich durch die Stunden und kam mit meinem Stoff nicht immer durch. Da ich zunächst nur wenige Stunden in derselben Klasse abhielt, wuchs die Bindung zu den Schülern teilweise nur langsam.
Zu den allgemeinen Herausforderungen des Lehrerdaseins gehört definitiv der Zeitdruck im Unterricht und das Zeitmanagement zuhause bei der Vorbereitung. Selbst von erfahrenen Kollegen höre ich oft, dass uns Lehrern schlicht zu wenig Zeit im Verhältnis zum Umfang des Stoffs zur Verfügung steht. Für die Vorbereitung sitze ich manchmal bis spätabends am Schreibtisch. Ich habe einen hohen Anspruch an mich selbst. Ich will den Schülern einfach gerecht werden.
Die Corona-Pandemie war und ist eine riesige Herausforderung für alle Beteiligten. Zunächst war die Schule sieben Wochen geschlossen, wir stellten auf Digitalunterricht um. Die digitale Infrastruktur an einer meiner beiden Schulen ist eine Katastrophe. Dort gibt es kein WLAN. Die Komik an der aktuellen Entwicklung besteht darin, dass wir ohne Corona gar nicht in der Lage wären, Inhalte digital zu vermitteln.
Der Vorteil des digitalen Unterrichts ist, dass die Schüler eigenständig im Internet recherchieren und sich Inhalte durch Erklärvideos selbst beibringen können. Zudem besteht die Möglichkeit für die Schüler, Lösungen hochzuladen und Fragen anonym zu stellen. Dadurch brauche ich selbst weniger Zeit für die Vorbereitung, allerdings mehr Zeit für die Korrektur, da individuelles Feedback wichtiger denn je ist.
Da es einigen Schülern an digitalen Kompetenzen fehlt, kommt es auch zu Schwierigkeiten. Manche wissen nicht, wie Anhänge in Mails zu öffnen sind oder wie man sich in bestimmten Programmen einloggt. Um solche Dinge im Unterricht zu erklären, fehlt leider oft die Zeit. Darüber hinaus besitzen vereinzelte Schüler keinen PC oder Drucker.
Für mich ist allerdings klar: Digitale Kommunikation kann direkte Kommunikation nicht ersetzen. 90 Prozent der Schüler waren froh, wieder in der Schule zu sein. Viele meiner Schüler würden allerdings gerne bestimmte digitale Lernformen weiter nutzen.
Seit einiger Zeit findet der Unterricht wieder in der Schule statt. Wir müssen den Mindestabstand von 1,5 Metern im Klassenraum einhalten. Damit das überhaupt möglich ist, teilen wir die Klassen auf. In einem Raum befinden sich so nur noch 15 Schüler. Teilweise halte ich die Stunden deshalb zweimal. Da einige ältere Lehrer zur Risikogruppe gehören, herrscht Lehrermangel. Das alles bedeutet eine extreme Umstellung für uns, die Belastung ist noch größer geworden. Für die meisten Maßnahmen habe ich Verständnis. Dass das Durchreichen von Arbeitsblättern verboten ist, finde ich jedoch fragwürdig. Generell frage ich mich, warum in der Schule im Vergleich zum Supermarkt solch strikte Maßnahmen gelten.
Berufsentscheidung: Ich hätte direkt nach dem Abi nicht gedacht, dass ich mal Lehrer werden würde. Zunächst absolvierte ich ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in einem Jugendbildungshaus. Dort hatte ich viel mit Schulklassen zu tun. Da wurde mir klar, dass mir das Spaß macht. Daraufhin stellte ich mir die Frage, ob ich Sozialpädagogik oder Lehramt studiere. Meine Entscheidung war ein guter Kompromiss.
Studium: Ich studierte im Bachelor und im Master berufliche Bildung mit Sozialpädagogik im Hauptfach und Religionslehre im Nebenfach. Mein Studium ist das einzige Lehramtsstudium im Bachelor- und Mastersystem. Während des Studiums musste ich drei Schulpraktika absolvieren, in denen ich jeweils zwei Unterrichtsstunden halten konnte. Das war definitiv zu wenig.
Darüber hinaus arbeitete ich unbezahlt 38 Wochen in sozialen Einrichtungen in den Semesterferien. Das war einerseits sehr anstrengend, andererseits bestätigten diese Erfahrungen meinen Berufswunsch.
Tipps: Wer eine Ausbildung im angestrebten Unterrichtsberuf absolvierte, ist klar im Vorteil. Ich würde das solchen Leuten wirklich empfehlen. Generell sollte man Belastbarkeit, Offenheit, Widerstandsfähigkeit und ausgeprägte Sozialkompetenzen mitbringen. Orientierungspraktika sind definitiv empfehlenswert.
Wöchentliche Arbeitszeit: Normalerweise arbeite ich 50 bis 60 Stunden in der Woche, in Zeiten von Corona etwa 45 Stunden.
Bedingungsloses Grundeinkommen: Wenn ich ohne Voraussetzungen 1500 Euro im Monat erhalten würde, würde ich in meinem Leben im Großen und Ganzen nichts ändern. Mit Menschen zu arbeiten, ist mir wichtig - das merke ich gerade in der Corona-Krise. Arbeit gibt mir eine Aufgabe im Leben. Eventuell würde ich nur noch halbtags arbeiten und mehr reisen.
Meine Einnahmen
Bruttoeinkommen: Ich erhalte als Beamtenanwärter 1500 Euro brutto. Später im höheren Dienst werden es etwa 4600 Euro brutto sein.
Nettoeinkommen: Netto komme ich auf circa 1450 Euro. Das Weihnachtsgeld beträgt 75 Prozent eines Monatsgehalts.
Meine Ausgaben
Wohnkosten: Ich zahle für meine 57-Quadratmeter-Wohnung mit Strom etwa 450 Euro warm.
Lebensmittel: Für Lebensmittel gebe ich etwa 325 Euro im Monat aus.
Handy und Internet: 10 Euro fallen fürs Handy an.
Mobilität: Ich gebe privat 25 Euro im Monat für Benzin aus. Die beruflichen Fahrtkosten werden mir erstattet. Die KFZ-Steuer beträgt etwa 150 Euro im Jahr, die Auto-Versicherung 700 Euro. Zudem fahre ich gerne Motorrad. Hier fallen 50 Euro für die Steuer und 70 Euro jährlich für die Versicherung an. Auf das Jahr gerechnet, zahle ich etwa 300 Euro für den Sprit.
Versicherungen: Meine Dienstunfähigkeitsversicherung kostet mich 90 Euro im Monat, meine private Krankenversicherung 90 Euro.
Kleidung und Körperpflege: Ich gebe monatlich circa 25 Euro für Kleidung und 15 Euro für Körperpflege aus.
Freizeit: Für das Fitnessstudio zahle ich 27 Euro im Monat. Wenn ich Essen gehen sowie Essen bestellen und Kaffee trinken zusammenfasse, komme ich auf etwa 90 Euro im Monat. Meine Urlaubskosten betragen pro Jahr circa 1200 Euro. Da ich ein Musikliebhaber bin, gebe ich für Platten 15 Euro im Monat aus.
So viel bleibt am Ende übrig
Am Ende des Monats bleiben mir etwa 48 Euro.