
In unserer Serie „Was würdest du tun?“ stellen wir regelmäßig Menschen aus dem Landkreis Haßberge vor, die erzählen, wie sie arbeiten, was sie verdienen und was sie tun würden, wenn sie nicht arbeiten müssten. Hier berichtet die 28-jährige Julia Baum (Name wurde geändert).
Mein Job
Beruf: Ich absolviere eine Ausbildung zur Krankenschwester und befinde mich im ersten Ausbildungsjahr. Die Zeit im Krankenhaus fordert mich sehr. Nach der Schichtübernahme kümmere ich mich um die mir zugeteilten Patienten: Ich teile Medikamente aus, mache die Betten, helfe bei Bedarf beim Toilettengang, messe den Blutdruck sowie die Temperatur und gebe das Essen aus. Die meisten Aufgaben darf ich alleine erledigen.
Auch wenn der Arbeitsalltag stressig ist, macht mir mein Job unheimlich viel Spaß. Die Arbeit mit den Patienten gibt mir das Gefühl, die Lebensqualität von Menschen verbessern zu können. Jeder Einzelne hat eine Geschichte zu erzählen – das ist wirklich schön.
Die Herausforderung meines Berufs besteht vor allem darin, sich auf die vielen verschiedenen Krankheiten einzustellen. Zudem stellt die Schichtarbeit eine große Belastung dar. In der Ausbildung arbeite ich im Zwei-Schicht-Betrieb, als ausgelernte Krankenschwester im Drei-Schicht-Betrieb. Überlastung gehört leider zum Alltag in einem Krankenhaus. Mit dem Zeitdruck und Personalmangel klarzukommen, ist wirklich schwer. Es kommt immer mal vor, dass Patienten auf dem Gang schlafen müssen, weil kein Zimmer mehr frei ist.
Durch die Corona-Pandemie verschärfen sich all diese Probleme. Unsicherheit und Nervosität machen sich bei vielen meiner Kollegen breit – die körperliche und psychische Belastung ist enorm. Wir tauschen uns im Moment noch intensiver aus. Die Lage ist angespannt, aber bisher hat es keine größeren Schwierigkeiten gegeben. In meinem Krankenhaus stehen noch freie Betten in der Intensivstation zur Verfügung.
Da im medizinischen Bereich hohe Hygieneanforderungen herrschen, bedeutet die Verschärfung der Maßnahmen keinen großen Mehraufwand. Lediglich als es zu einem Lieferengpass von Schutzmasken gekommen ist, waren wir sehr beunruhigt.
Die Anspannung ist besonders hoch, wenn ein Patient mit Verdacht auf Corona eingeliefert wird. Die Behandlung eines solchen Patienten empfinden viele Kollegen als sehr unangenehm. Wer sich infiziert, muss sofort in Quarantäne. Wenn Personal ausfällt, erhöht das die Arbeitsbelastung der Kollegen, was jeder möglichst verhindern will.
Die Schule findet gerade nur digital statt, anstelle von Unterricht gibt es Hausaufgaben. Da wir nicht wissen, wann wir unsere Klausuren schreiben, herrscht große Unsicherheit.
Bis sich die Situation im Krankenhaus normalisiert, wird es, glaube ich, noch sehr lange dauern. Selbstverständlich freue ich mich über den Zuspruch aus der Bevölkerung. Meine Hoffnung ist, dass die Politik endlich aufwacht und die Probleme im Gesundheitssystem anpackt. Die Bezahlung ist schlecht, der Personalmangel eklatant. Optimistisch bin ich allerdings nicht. Ich befürchte, dass nach der Krise all das wieder in Vergessenheit gerät.
Von den Fehlern der Politik vor der Krise mal abgesehen, bin ich der Meinung, dass die Regierung gut auf die Krise reagiert hat. Dass es zu wenige Masken gibt, darf jedoch einfach nicht passieren. Ich finde die nun erlassenen Lockerungsmaßnahmen sinnvoll. Man kann die Leute nicht ewig einsperren - das geht an die Psyche.
Berufsentscheidung: Zunächst habe ich nach der Schule eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten in einer Arztpraxis absolviert. Nach ein paar Jahren habe ich nach einer neuen Herausforderung gesucht. Eine Freundin hat mir vorgeschlagen, mich als Krankenschwester zu bewerben. Glücklicherweise hat das sofort geklappt. Der Umgang mit Menschen ist mir wichtig, die Aufgaben im Krankenhaus sind abwechslungsreich. Zudem verdiene ich im Krankenhaus mehr Geld als in der Kinderarztpraxis.
Ausbildung: Insgesamt dauert die Ausbildung drei Jahre. Auf jeder Station steht ein Mentor für die Auszubildenden bereit – diese sind allerdings nicht immer eine Hilfe. Oftmals werde ich ins kalte Wasser geschmissen und muss auf Knopfdruck funktionieren. Meistens geht das aber in Ordnung. Auch in Zeiten von Corona kann ich behaupten, dass ich von der Ausbildung im Großen und Ganzen überzeugt bin.
Tipps: Wer sich für diesen Beruf interessiert, sollte Aufgeschlossenheit, viel Lernbereitschaft, Interesse sowie jede Menge Selbstbewusstsein mitbringen. Zudem sollte man keine Scheu vor Körperkontakt mit den Patienten haben. Der Job ist nicht einfach, aber ich erhalte viel Zuspruch von den Patienten. Am Ende des Tages weiß ich, was ich durch meine Arbeit erreicht habe. Das empfinde ich als unheimlich sinnstiftend.
Wöchentliche Arbeitszeit: Wenn ich im Krankenhaus bin, arbeite ich 38,5 Stunden in der Woche. Die Frühschicht beginnt um 6 Uhr und endet um 14 Uhr. Dazwischen gibt es eine dreißigminütige Pause. Die Spätschicht geht von 13 bis 21 Uhr. Der Schichtwechsel findet teilweise mehrmals in einer Woche statt.
Bedingungsloses Grundeinkommen: Wenn ich ohne Voraussetzungen 1500 Euro im Monat erhalten würde, würde ich vielleicht in meinen vorherigen Beruf zurückkehren und in Teilzeit arbeiten. Die Schichten gehen langfristig an die Substanz, in der Arztpraxis hatte ich geregelte Arbeitszeiten. Möglicherweise würde ich mir dann auch einen Hund zulegen, bisher hatte ich dafür keine Zeit. Zudem würde ich versuchen, mehr Geld zurückzulegen, um mir irgendwann ein eigenes Haus leisten zu können - das ist ein großer Traum von mir.
Meine Einnahmen
Bruttoeinkommen: Im ersten Ausbildungsjahr verdiene ich 1201 Euro brutto. Das Bruttoeinstiegsgehalt einer Krankenschwester liegt bei etwa 2400 Euro.
Nettoeinkommen: Netto komme ich auf 946 Euro im Monat. Zum Vergleich: In der Kinderarztpraxis habe ich im dritten Ausbildungsjahr etwa 800 Euro netto erhalten.
Als ich zuletzt als ausgelernte Kraft in der Kinderarztpraxis gearbeitet habe, bin ich auf 1189 Euro netto gekommen.
Meine Ausgaben
Wohnkosten: Eine 75 Quadratmeter-Wohnung teile ich mir mit meinem Freund. Mein Anteil beträgt 300 Euro.
Lebensmittel: Mein Anteil an den Lebensmitteleinkäufen liegt bei circa 70 Euro im Monat.
Handy und Internet: Auf meinen Handy-Vertrag entfallen zehn Euro monatlich, für das Internet gebe ich 35 Euro aus.
Mobilität: Monatlich entstehen Spritkosten in Höhe von 120 Euro. Die Kfz-Steuer beträgt etwa 100 Euro im Jahr, die Auto-Versicherung ungefähr 660 Euro.
Versicherungen: Ich investiere 43 Euro im Monat in einen Bausparvertrag.
Kleidung und Körperpflege: Dafür gebe ich im Durchschnitt etwa 35 Euro im Monat aus.
Freizeit: Im Moment zahle ich 48 Euro pro Monat für einen Fitnesskurs. Für Grillabende, Restaurant- sowie Discobesuche und Kino gebe ich zusammen circa 80 Euro im Monat aus. Einen Urlaub kann ich mir zurzeit nicht leisten.
So viel bleibt am Ende übrig
Am Ende des Monats kann ich 142 Euro sparen.
- Ariana Schmidt, Einzelhandelskaufrau
- Mia Husslein, Produktdesignerin
- Robert Glück, Sozialpädagoge
- Johannes Schmidt, Mechatroniker
- Johannes Fuchs, Verwaltungsbeamter
- Hans-Peter Bencic, Polizist
- Christoph Schulze, Zerspanungsmechaniker
- Anni Köster, Kindergartenleiterin
- Lina Schmitt, Ergotherapeutin
- Doris Werner, Augenoptikerin
- Johanna Städtke, Ingenieurin für Landschaftspflege
- Markus Englert, Maschinenbauingenieur
Falls wir es mit Corona nicht begreifen und endlich umdenken werden wir es vermutlich nie schaffen ...