In unserer Serie „Was würdest du tun?“ stellen wir regelmäßig Menschen aus dem Landkreis Haßberge vor, die erzählen, wie sie arbeiten, was sie verdienen und was sie tun würden, wenn sie nicht arbeiten müssten. Hier berichtet die 28-jährige Mia Husslein.
Mein Job
Ich arbeite als technische Produktdesignerin in einem großen Industrieunternehmen. Mein Unternehmensstandort steht für die Entwicklung und Herstellung von Dialysemaschinen. Konkret bin ich in der Konstruktion tätig, dabei geht es vor allem um Produktpflege, Optimierung, Weiterentwicklung von Ersatzteilen und Neuentwicklung. In erster Linie sitze ich vor dem Computer und beschäftige mich mit 3D-Modellierungen, Zeichnungen und Stücklisten.
Eine bloße Reparatur kommt bei uns so gut wie nie vor. Unser Ziel ist es, Geräte stets zu optimieren. Genau diese Herausforderung macht meinen Beruf so spannend: Jeden Tag habe ich es mit einem anderen Werkstück oder Gerät zu tun. Jeden Tag muss ich neue Lösungen finden.
Da ich glaube, ein sinnvolles Produkt zu gestalten, das die Lebensqualität von Menschen verbessern kann, empfinde ich meinen Job als unheimlich sinnstiftend. Zudem habe ich tolle Arbeitskollegen und einen guten Chef.
Die Aufträge erhalte ich meistens von unseren Konstrukteuren und Changemanagern. Die Wünsche und Anforderungen unserer Kunden sind sehr vielfältig: Wie die Herstellung variiert auch das Material. Jedes Teil hat seine ganz eigene Form, die für die Herstellung mit dem gewünschten Material genau darauf abgestimmt ist. Jede Aufgabe sieht anders aus als die vorherige – somit wird mir nie langweilig. Gerade Modellierarbeiten sind total mein Ding. Zum einen stellen wir Geräte für Hämodialysen in Kliniken her, zum anderen für die Peritonealdialyse (PD) für daheim. Ich muss immer offen für alles sein, dabei fällt es mir manchmal schwer, Entscheidungen der Führungsebene zu verstehen. Bei der Frage, wie zum Beispiel ein Produkt verbessert werden kann, kann es zu Meinungsverschiedenheiten kommen.
Seit etwa sechs Jahren hat sich mein Unternehmen internationaler aufgestellt. Die Kommunikation läuft seitdem nahezu komplett auf Englisch, mit meinen direkten Kollegen rede ich allerdings deutsch. Doch gerade kleinere Lieferanten aus Deutschland kamen anfangs nicht so gut damit klar, da zum Beispiel Zeichnungen nun auch auf Englisch verfasst werden.
Ich spüre, dass die Globalisierung zu mehr Wettbewerbsdruck führt. Das finde ich gut, weil ich die stetige Verbesserung wichtig finde – Konkurrenz belebt das Geschäft und fördert Innovationen. Noch nie hatte ich das Gefühl, dass unser Unternehmenserfolg nur den Großaktionären zugute kommt. Wenn es bei uns gut läuft, bekommen wir Mitarbeiter manchmal auch Aktien vom Arbeitgeber – das motiviert mich sehr.
Der Nachteil der Globalisierung besteht aus meiner Sicht darin, bei der Standardisierung der Produkte auf neue Gesetze und Anforderungen aus den verschiedensten Ländern zu reagieren. Die rechtlichen Anforderungen an Dialysegeräte sind im Ausland zum Teil sehr unterschiedlich, somit müssen wir uns stets anpassen. Daher gibt es bei uns zwei Untergruppen: Eine Abteilung kümmert sich um den Westen und insbesondere um die USA.
Die zweite große Abteilung orientiert sich eher am Osten und beschäftigt sich vor allem mit chinesischen Auftraggebern. Der Leistungsdruck ist natürlich hoch, doch den größten Druck mache ich mir selbst. Direkt nach meiner Ausbildung habe ich berufsbegleitend meinen Techniker absolviert. Seit September bin ich fertig. Am liebsten hätte ich eine Technikerstelle in der Konstruktion.
Berufsentscheidung: Ich habe in der Realschule den Mathezweig besucht und hatte deshalb auch technisches Zeichnen.
Als ich in der neunten Klasse war, kam die Agentur für Arbeit in meine Schule. Diese hat mich dazu gebracht, einen Berufsberatungstest zu absolvieren – der Test hat mir den Beruf der technischen Produktdesignerin vorgeschlagen.
Auf diesen Beruf wollte ich mich eigentlich nur bewerben, weil ich mal ein Bewerbungsgespräch bei einem Industrieunternehmen erleben wollte. Da mein ursprüngliches Ziel darin bestand, technische Zeichnerin im Hochbau zu werden, war ich im Bewerbungsgespräch sehr entspannt. Das Unternehmen hat mich letztendlich überzeugt, so dass ich die Ausbildungsstelle dann angenommen habe.
Ausbildung: Die Ausbildung hat dreieinhalb Jahre gedauert. Im ersten Lehrjahr habe ich 700 Euro brutto verdient, im vierten Jahr 1200 Euro. Zu Beginn haben die Aufgaben denjenigen eines Industriemechatronikers geähnelt, ich war vor allem mit Drehen und Fräsen beschäftigt.
Relativ früh bin ich in meine jetzige Abteilung gekommen – dort hat es mir gut gefallen, denn ich wurde nie wie eine blutige Anfängerin behandelt. Die Ausbildung hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, ich würde sie genauso wieder machen.
Tipps: Räumliches Denken ist in diesem Beruf unheimlich wichtig, gute Mathe- und Physikkenntnisse sind zudem ein absolutes Muss. Generell kommt es darauf an, wissbegierig und offen für alles zu sein. Ich empfehle auf jeden Fall, ein Praktikum zu absolvieren.
Wöchentliche Arbeitszeit: Auf dem Papier arbeite ich 37,5 Stunden in der Woche in Gleitzeit – in Hochphasen leiste ich jedoch einige Überstunden. Einmal in der Woche arbeite ich von zuhause aus.
Bedingungsloses Grundeinkommen: Wenn ich ohne Voraussetzungen 1500 Euro netto im Monat vom Staat erhalten würde, würde ich meine Wochenstundenzahl reduzieren, um mich mehr um mein Zuhause und meine Hobbies kümmern zu können – ich liebe es, zu backen und zu nähen. Zudem treibe ich Leichtathletik. Meinen Job würde ich jedoch nicht aufgeben wollen, eine gewisse Struktur und Ordnung brauche ich einfach. Darüber hinaus ist mir der Austausch mit meinen Kollegen sehr wichtig.
Meine Einnahmen
Bruttoeinkommen: Ich verdiene 3100 Euro brutto im Monat, zudem erhalte ich ein Weihnachts- und Urlaubsgeld in Höhe eines Monatsgehalts. Zusätzlich vereinbare ich mit meinem Chef eine sogenannte Zielvariable: Wir loten ein bestimmtes Arbeitsziel für mich aus. Wenn ich das erreiche, bekomme ich eine Prämie.
Nettoeinkommen: Netto komme ich ohne Zuschläge und Prämien auf etwa 2200 Euro im Monat.
Meine Ausgaben
Wohnkosten: Ich wohne zusammen mit meinem Freund in seinem Elternhaus.
Lebensmittel: Hier kommen wir auf circa 260 Euro im Monat.
Handy und Internet: Für meinen Handyvertrag zahle ich neun Euro monatlich, für das Internet fallen 40 Euro an.
Mobilität: Auf den Sprit entfallen etwa 70 Euro, die jährliche Kfz-Steuer liegt etwa bei 242 Euro.
Versicherungen: Meine Haftpflichtversicherung kostet mich halbjährlich 58 Euro, auf meinen Riestervertrag entfallen 162 Euro monatlich. Für meine Arbeitsunfähigkeitsversicherung zahle ich 31 Euro monatlich, für meinen Bausparvertrag 150 Euro. 300 Euro lege ich im Monat auf mein Sparkonto.
Kleidung und Körperpflege: Für Kleidung gebe ich durchschnittlich 100 Euro im Monat aus, auf meine Körperpflege entfallen etwa 10 Euro.
Freizeit: Fürs Fitnessstudio zahle ich 40 Euro im Monat. Ich gehe gerne Skifahren und liebe Sommerurlaube, darüber hinaus unternehme ich mit meinem Freund öfter ein paar Kurzausflüge. Insgesamt fallen hier Kosten in Höhe von etwa 2500 Euro im Jahr an.
So viel bleibt am Ende übrig: Ohne Weihnachts- und Urlaubsgeld bleiben mir etwa 790 Euro im Monat.
„Was würdest Du tun?“
In unserer kleinen Serie befragt Felix Schwarz Menschen aus der Region, für welches Geld und unter welchen Umständen sie arbeiten und was sie tun würden, wenn sie nicht auf diese Art des Broterwerbs angewiesen wären.
Die Befragten bleiben auf Wunsch anonym, der Redaktion liegen aber die Namen und Adressen vor.
In Teil eins der Serie kam eine Augenoptikerin zu Wort, in Teil zwei hat sich unser Reporter mit einer Ergotherapeutin unterhalten. Dieser folgten die Leiterin eines Kindergartens und ein Zerspanungsmechaniker, ein Polizist, ein Verwaltungsbeamter, ein Mechatroniker und ein Sozialpädagoge. Im neunten Teil hat sich Felix Schwarz mit einer Produktdesignerin getroffen.