In diesen Wochen sieht es so aus, als würde die alte Begrüßungsformel "Wie geht`s?" von der Floskel "Schon geimpft?" abgelöst? Verbunden in letzterem Falle mit echter Wissbegier: Wie kann es sein, dass mein Gegenüber tatsächlich schon Corona-Impfschutz genießt, ich aber nicht?
Offenbar haben viele Zeitgenossen auch im Haßbergkreis den Eindruck, dass es mit den Impfungen nicht (mehr) gerecht zugeht. Zuletzt wurden der Redaktion zahlreiche Fälle von mutmaßlichen Impfdränglern zugetragen: Enkel, die in Berlin oder München studieren, Oma und Opa nur alle Vierteljahre sehen, aber angeblich für deren Pflege unabkömmlich sind - und deshalb ihren Pieks angeblich schon bekommen haben? Der Nachbar, sonst Ausdauersportler durch und durch, kann wegen Asthmas schon seinen Termin nennen?
Noch gilt sie, die Impfpriorisierung
Noch gilt bundesweit eine Impfpriorisierung, in Bayern will sie Ministerpräsident Markus Söder möglichst schon Mitte Mai aufheben. Bis dahin muss es heißen: Es wird zuerst geimpft, wer das Serum wirklich braucht - zum eigenen und zum Schutz anderer. Im Haßbergkreis sind noch die Impfungen der Priorisierungsgruppe (Prio-Gruppe) 2 im Gange: die 70 bis 80-Jährigen, daneben Menschen mit Demenz, Transplantationspatienten oder das Personal in Kitas und Grundschulen.
Aktuell sind die Impfzentren in Hofheim und Zeil bei den "um die 73-Jährigen", wie der BRK-Kreisverband mitteilt, der die Einrichtungen im Auftrag des Landkreises betreibt. Schon bald soll Prio 3 folgen, die 60- bis 69-Jährigen, dazu Personen mit Vorerkrankungen wie Asthma oder Herzinsuffizienz, Männer und Frauen mit wichtigen Führungsaufgaben bei Polizei, Feuerwehr und THW. Oder wer zum Beispiel engen Kontakt mit pflegebedürftigen Menschen hat.
Vorwürfe an die politisch Verantwortlichen
Dass andere Regionen deutlich weiter sind mit der Impfkampagne, befördert das Ungerechtigkeitsgefühl. Werden die Haßberge bei der Kontingentierung benachteiligt? Anderswo gab es doch auch Sonderzuweisungen, etwa in Ingolstadt Mitte April, dort habe man sich auch extra darum bemüht, hat ein Leser beobachtet: Seine Frage "Warum sind wir bei solchen Aktionen nicht dabei?" muss auch als Vorwurf an die politisch Verantwortlichen im Landkreis verstanden werden.
Wie dünnhäutig die Bevölkerung inzwischen bei vermeintlichem Unrecht in der Impfreihenfolge ist, auch wenn die Politik etwas tut, zeigt eine Reaktion des Stimmkreisabgeordneten Steffen Vogel. Im Austausch mit der Redaktion entschuldigte sich Vogel am Wochenende fast für das Modellprojekt der Staatsregierung, bei dem die Belegschaft der Fränkischen Rohrwerke (Königsberg) und FTE-Valeo (Ebern) immunisiert wird. "Ich weiß, dass es viel Verärgerte in der Bevölkerung gibt, die sagen: ,Warum werden da jetzt Mitarbeiter geimpft und ich bin Prio 3 oder gar Prio 2 und bin noch nicht geimpft", schrieb Vogel per E-Mail. Er verstehe das auch voll, meinte der Abgeordnete, wenngleich er damit argumentierte, dass das Modellprojekt sowieso beschlossene Sache war. Und es deshalb für die Haßberge doch besser sei, wenn hier ansässige Großbetriebe den Vorzug erhalten.
Niemandem sei dadurch etwas weggenommen worden, es handele sich um zusätzliche Impfdosen, wehrte sich der CSU-Politiker gegen Kritik, etwa diejenige unter dem Main-Post-Bericht, dass die Impfung in den Unternehmen eine "Sauerei" und "ein Schlag ins Gesicht" gefährdeter Personen sei. Es mache ihm Sorgen, mit welcher Aggressivität zu dem Thema argumentiert werde, ließ Vogel die Redaktion wissen.
Erst abgelehnt - aber jetzt doch möglich, wenn auch anders: Zusätzliche Dosen
Zusätzlichen Impfstoff für die breite und priorisierte Bevölkerung hatte der Freistaat allerdings zuletzt abgelehnt, als der Haßbergkreis über mehrere Tage hinweg Bayerns heftigster Corona-Hotspot war, das Impfzentrum in Zeil aber mangels Vakzin sogar einen Tag schließen musste. Er finde das "pervers und äußerst asozial", wetterte ein Kritiker deshalb gegen die Impfaktion bei Fränkische und FTE-Valeo, wo - so lässt sich seine Aussage interpretieren, gesunde, topfitte und nicht systemrelevante Mitarbeiter wirklich Bedürftigen den Impfstoff wegnehmen.
Wenn schon das Bundesland so handele, brauche man sich auch über Impfdrängler in der Bevölkerung nicht wundern, lautete der Tenor. Nun denn, wie schaut es mit dem Egoismus im Landkreis aus? Was kann das Rote Kreuz Haßberge in dieser Hinsicht zu seinen Impfzentren sagen? Wird hier überhaupt genau hingeschaut, wer den Oberarm freimacht und warum?
"Natürlich müssen Impfberechtigte, solange die Priorisierung noch gültig ist, einen Nachweis über ihre Berechtigung mitbringen", sagt Michael Will, Pressesprecher des BRK-Kreisverbandes. Geschaut werde etwa auf ärztliche Atteste, Bestätigungen des Hausarztes für die Kontaktperson eines Pflegebedürftigen, Bescheinigungen von Arbeitgebern oder Nachweise der Mitgliedschaft bei Hilfsorganisationen.
Wo Nachweise fehlen, werden Impfwillige abgewiesen
Wo der Nachweis der Impfberechtigung fehle, müsse das Rote Kreuz Personen abweisen. "Das kommt ab und zu vor", sagt Daniel Schirmer, der gemeinsam mit Daniel Imhof die beiden Impfzentren leitet. Die allermeisten Impfwilligen bereiteten sich jedoch gut auf ihre Termine vor und brächten alle benötigten Unterlagen mit. Buch über Abweisungen führt das BKR nicht, es seien ja nur gelegentliche Einzelfälle.
Trotzdem: Das BRK hat festgestellt, "dass manche Personen versuchen, sich eine Impfung unberechtigterweise vorzeitig durch Angaben falscher Daten zu erschleichen." Durch die Überprüfung von Identität und Berechtigung vor Ort glauben die Verantwortlichen jedoch, dererlei Betrug verhindern zu können. Wo den Mitarbeitern der Impfzentren Erklärungen plausibel erscheinen, seien sie bereit, die Angaben zu überprüfen. Pressesprecher Will nennt ein Beispiel: "Wenn eine Pflegekraft eines Seniorenheims ihre Bescheinigung vergessen hat, dann wird versucht, durch eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Heim die Angaben gegenzuchecken. Ist alles soweit ok, kann die Impfung erfolgen."
Auch wenn ein Mann angebe, werdender Vater und damit als enge Kontaktperson zu einer Schwangeren impfberechtigt zu sein, werde das überprüft - beispielsweise durch Vorlage des Mutterpasses, von dem sich das BRK dann eine Kopie anfertigt.
In seltenen Fällen kriminelle Energie bis hin zur Urkundenfälschung
"In der Regel funktioniert das alles gut", fasst Will zusammen. In wenigen Ausnahmefällen seien die beiden Impfzentren aber auch schon mit krimineller Energie konfrontiert worden. Von Urkundenfälschung im juristischen Sinne will der Pressesprecher nicht reden, solche Fälle würde das BRK an das Landratsamt melden. Aber es geht ein Stück weit in die Richtung, mit Bescheinigungen und Erklärungen, die einfach nicht passen. Sanktionen ziehe das nicht nach sich, wohl aber die Verweigerung der Impfung.
Den Impfpass nicht mehr zu finden ist weniger schlimm
Übrigens: Den Impfpass zu vergessen oder gar nicht mehr zu finden, schließt die Impfung nicht aus. In solchen Fällen stellten die Impfzentren eine Ersatzbescheinigung zur Dokumentation aus - der entsprechende Ausdruck sei über die Anmeldesoftware im Impfzentrum möglich, führte das BRK Haßberge aus.
Leider hat es drei Tage vor seinem ersten Impftermin deshalb den bekannten und beliebten Mitbürger im Alter von 73 Jahren getroffen.
Nochmal daher die Frage: Ist es gerechtfertigt aus wirtschaftlichen Gründen Belegschaften von ansässigen Industriebetrieben bevorzugt zu Impfen?
Ich meine: Nein!
Noch vor zehn Jahren war allenthalben vom Generationenkonflikt die Rede. Das heißt: immer mehr Rentner stehen immer weniger jüngeren arbeitenden Menschen gegenüber, die die Versorgung sichern müssen. Stichwort "Pillenknick"
Deshalb kommt die Pandemie mit der "Bereinigung" der überalterten Gesellschaft gerade zur rechten Zeit!
Man darf es die Alten nur nicht so plump merken lassen.
Ich empfehle immer noch den ZDF-Dreiteiler "2030 - Aufstand der Alten" aus dem Jahr 2007!
Diese Angst wird ja durch sehr konkrete Aussagen eines MP Söder geschürt. der bereits am 27. Mai verkündet hat, dass bereits in 82 von 96 Regionen in Bayern Menschen der Priorisierungsgruppe 3 geimpft werden und Mitte Ende Mai die Priorisierung aufgelöst werden soll - weder im Lkr. HAS noch im Lkr. SW spürt man, aktuell eine Woche später davon etwas das Menschen der Gruppe 3 geimpft werden.
Die für die betroffene Bevölkerung (Gruppe 2/3) von HAS und SW nicht näher erläuterten "Drohungen" nach einer Auflösung der Priorisierung eines MP Söder stehen aber unkommentiert im Raum.
Wurden diese Impfdosen also zusätzlich für die topfitten, nicht systemrelevanten Mitarbeiter die keinerlei Priorisierungsgruppe angehörten extra produziert? - ich denke, so etwas kann man außschließen.
Vielmehr wurden sie von unserer Staatsregierung aus dem gelieferten Kontingent entnommen und einem in keinster Weise nötigen Modellprojekt zugeführt! Das wiederum bedeutet, dass man diese Impfdosen Menschen vorenthalten hat, die diese aufgrund ihrer Priorisierung zusätzlich darauf warten müssen.
Laut Aussage eines mir bekannten Betiebsartztes liegen konkrete Pläne schon lange in der Schublade, die Abläufe wurde bereits mit Behörden besprochen, es fehle nur der Impfstoff. Erfahrungen hatte man aus vorigen Impfkampagnen. Firmen benötigen kein Modellprojekt für so einen Pipifax - die könnten sofort loslegen! Gerecht hätte es zugehen sollen!