Horst Voss bekam am Mittwochmorgen um 9.30 Uhr in Hofheim eine Spritze mit dem Impfstoff gegen das Coronavirus. Damit war der 92-jährige Oberschleichacher zwar nicht der erste Bürger des Landkreises Haßberge, der das lange herbeigesehnte Arzneimittel erhielt, aber der erste, der es im für diesen Zweck geschaffenen Impfzentrum im BRK-Haus in Hofheim gespritzt bekam.
Risikogruppen kommen zuerst an die Reihe
Denn der Landkreis setzt auf eine kombinierte Strategie: Einerseits gibt es das Impfzentrum, in das diejenigen komme können, die in der Lage sind, sich selbst dorthin zu begeben. Andererseits gibt es die mobilen Impfteams, die beispielsweise Altenheime und Behinderteneinrichtungen besuchen, um dort den Bewohnern ihre Spritze mit dem Vakzin zu geben. "Damit können wir jedem Bürger im Landkreis, der sich impfen lassen möchte, dieses Angebot unterbreiten", kommentiert Landrat Wilhelm Schneider dieses Vorgehen. Zum Impfstart waren auch er und BRK-Kreisgeschäftsführer Dieter Greger in Hofheim vor Ort. Während das Impfzentrum erst am Mittwoch seinen Betrieb aufnahm, machten die mobilen Teams bereits am Sonntag ihre Runde.
Das ist auch sinnvoll, denn zuerst sollen diejenigen die Spritzen erhalten, die im Fall einer Corona-Infektion besonders gefährdet wären, also besonders hochbetagte Menschen mit Vorerkrankungen – und die sind besonders in den Seniorenheimen anzutreffen. Und auch wenn das Impfzentrum nun seinen Betrieb aufgenommen hat: Vorerst können sich auch dort nur Menschen ihren Schutz gegen das Coronavirus verabreichen lassen, die zur Gruppe mit der höchsten Priorität gehören. Sprich: Menschen, die älter als 80 Jahre sind. Und auch die brauchen einen Termin, um sich impfen zu lassen.
"Ein kleiner Pieks"
Für Horst Voss ging es mit der Impfung ganz schnell: "Ein kleiner Pieks, keine fünf Sekunden später war auch schon alles vorbei", schreibt das BRK in einer Pressemitteilung. "Alles prima gelaufen", habe der rüstige Senior selbst die Impfung kommentiert. Die besondere Aufmerksamkeit, die er als erster Impfling des Hofheimer Impfzentrums bekommt, nutzt er auch, um seine Hoffnung auszudrücken: "Wenn sich viele Leute impfen lassen, kann man sich ja auch gegenseitig wahrscheinlich nicht mehr anstecken." So hoffe er, irgendwann wieder zur Normalität im Alltag zurückkehren zu können.
55 Senioren bekamen am Mittwoch in Hofheim ihre Impfung. Genauer gesagt: Den ersten Teil davon, denn um den Impfschutz zu gewährleisten, ist nach 21 Tagen eine zweite Impfung notwendig. „Das fordert bereits bei der Terminvergabe durch das Landratsamt eine exakte Planung und bei den Impfwilligen die Disziplin, diesen Termin auch punktgenau einzuhalten“, sagt die Hofheimer Allgemeinmedizinerin Dr. Christina Bendig, Ärztliche Leiterin des Impfzentrums Haßberge.
Verschiedene Stellen müssen zusammenarbeiten
Damit alles reibungslos funktioniert, müssen mehrere Stellen Hand in Hand zusammenarbeiten: Das Landratsamt, das unter anderem die Terminvergabe für die Impfungen übernimmt, das Rote Kreuz, das das Impfzentrum betreibt, sowie Vertreter der Ärzteschaft. Dazu gehöre ein hoher logistischer Aufwand, der seit Wochen im Hintergrund laufe, berichtet das Rote Kreuz in seiner Pressemitteilung.
Dass diese Zusammenarbeit gut zu laufen scheint, findet auch Gerhard Langer, ehemaliger Leiter der Haßfurter Polizeistation. "Das hat reibungslos funktioniert, die Dame am Telefon war sehr hilfsbereit und zuvorkommend", lobt der 84-Jährige, der zu den ersten gehörte, die sich in Hofheim gegen Corona impfen ließen. Er ist selbst noch mobil, daher ist er mit dem Auto nach Hofheim gefahren. Den Pieks am Oberarm habe er kaum gespürt. "Da hätte ich mir mehr erwartet", scherzt er. Sich impfen zu lassen sei "vernünftig" und ein Beitrag, dem Coronavirus seinen Schrecken zu nehmen, zitiert ihn das BRK in der Pressemitteilung zum Impftermin. "Diese Impfung dient nicht nur einem selbst, sondern der Gesellschaft."
Bis zur Herdenimmunität kann es noch dauern
Allerdings wird es nach Einschätzung der Experten noch viele Monate dauern, bis Menschen geimpft sind, um die so genannte Herdenimmunität in der Bevölkerung herzustellen. Während in Hofheim die Impfungen begonnen haben, meldet das Gesundheitsamt Haßberge, dass 40 weitere Bürger des Landkreises positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Damit erhöht sich die Gesamtzahl an Menschen im Haßbergkreis, die sich seit Beginn der Pandemie nachweislich infiziert haben, auf 1772.
Von diesen sind 1428 wieder genesen, 40 von ihnen sind an oder mit einer Corona-Infektion verstorben. Demnach sind aktuell noch 304 Personen mit dem Virus infiziert. Von diesen werden derzeit 20 stationär im Krankenhaus behandelt, zwei davon auf der Intensivstation. In häuslicher Isolation sind derzeit 502 Menschen aus dem Landkreis, die Sieben-Tage-Inzidenz steigt laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf einen Wert von 183,68.
Hohe Inzidenzwerte in Nachbarlandkreisen
Das Ausbruchsgeschehen ist nach Angaben des Landratsamtes nach wie vor diffus. "Bei den Neuinfektionen handelt es sich um Personen verschiedener Altersgruppen, verteilt auf den gesamten Landkreis", schreibt die Behörde in einer Pressemitteilung. "Sowohl Kinder als auch junge Erwachsene sowie Personen im mittleren Erwachsenenalter und Senioren wurden positiv getestet." Betroffen seien auch einzelne Kindergärten und Schulen. Dazu kämen Infektionen am Arbeitsplatz und im familiären Bereich, oft seien ganze Familien betroffen.
Dabei geht das Landratsamt allerdings nicht darauf ein, inwieweit das Virus auch aus Nachbarlandkreisen herübergewandert sein könnte. Denn in den Landkreisen Hildburghausen und Coburg sieht es wesentlich dramatischer aus: In den beiden Kreisen, die direkt an den Haßbergkreis angrenzen, liegen die Inzidenzwerte deutlich über 300.
Viele Infizierte in Zeil
Im Vergleich der Corona-Fallzahlen in verschiedenen Kommunen des Landkreises Haßberge steht derzeit Zeil am schlechtesten da: Auf 1000 Einwohner kommen dort 7,9 Personen, die aktuell mit Corona infiziert sind. Nur in zwei Kommunen gibt es derzeit gar keine positiv getesteten Personen, nämlich in Bundorf und in Burgpreppach.
Insgesamt hat es in den vergangenen Monaten die Gemeinde Ermershausen am härtesten getroffen. Dort haben sich pro 1000 Einwohner bisher 56 mit Corona infiziert. Den niedrigsten Wert haben hier Breitbrunn, Bundorf und Stettfeld, wo es jeweils nur neun von 1000 Bürgern erwischt hat. Der gesamte Landkreis kommt hierbei auf einen Wert von 21. Das bedeutet, dass mittlerweile mehr als jeder 50. Einwohner des Landkreises nachweislich mit Corona infiziert war.
Anmeldung zur Impfung: Online oder per Telefon
Das Bürgertelefon des Landkreises unter der Nummer (09521) 27-600 übernimmt die Terminvergabe für das Impfzentrum, außerdem beantworten die Mitarbeiter alle Fragen rund um das Coronavirus im Landkreis Haßberge. Das Telefon ist besetzt von Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr sowie am Freitag von 8 bis 12.30 Uhr. Über den Jahreswechsel ist das Bürgertelefon vom 31. Dezember bis zum 3. Januar nicht erreichbar. Eine Anmeldung für das Impfzentrum kann ab sofort auch online erfolgen über ein Kontaktformular auf der Homepage des Landkreises.