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Haßfurt
Kommentar: Warum Corona die Pflege von Angehörigen beflügelt
Gibt es im Landkreis Haßberge zu viel Impfdrängelei? Wie sollen zum Beispiel die Impfzentren überprüfen, ob jemand wirklich als Pfleger oder Retter unabkömmlich ist?
Corona-Impfungen: Manche Bürger sind schon am Ziel, sprich geimpft - oder haben zumindest ihre Termine. Manche müssen noch warten, obwohl sie so gerne an der Reihe wären.
Foto: Martin Sage | Corona-Impfungen: Manche Bürger sind schon am Ziel, sprich geimpft - oder haben zumindest ihre Termine. Manche müssen noch warten, obwohl sie so gerne an der Reihe wären.
Martin Sage
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:22 Uhr

Man könnte spotten, dass unser Land bald keine Pflegeheime oder mobile Pflegedienste mehr braucht - denn so viele Bürgerinnen und Bürger kümmern sich plötzlich rührend um ihre Angehörigen. Wer hätte das gedacht!

In Wirklichkeit hat es natürlich etwas Trauriges an sich, wenn sich nun so viele Menschen an ihre Eltern oder die Großeltern erinnern, weil diese ihnen Vorteile bei der Corona-Impfung verschaffen könnten. Wer sich um einen Pflegebedürftigen kümmert, hat gute Aussicht, schneller dran zu kommen. 

Es geht wohl auch um den Sommerurlaub

Es geht ja nicht nur um die eigene Gesundheit, sondern auch um den Sommerurlaub. Nur wer doppelt gepikst ist, hat die Aussicht, unbeschwert zu verreisen. Und so gibt es vermutlich doch viele Versuche zu schummeln. Im Einzelfall muss man natürlich vorsichtig sein, wer weiß schon, ob der Nachbar oder Bekannte nicht wirklich eine ernste Vorerkrankung hat?

Aber eines ist auch klar: Die Impfzentren selbst können nicht für letzte Gerechtigkeit sorgen. Sie können nur Berechtigungen überprüfen, und auch dabei stoßen die Verantwortlichen an Grenzen. Aus Hofheim und Zeil heißt es, ohne mitgeführte oder im Notfall vor Ort erbrachte Nachweise setzt es keine Spritze.

Aus einem anderen Impfzentrum berichtet dieser Redaktion ein Zeuge: "Die meisten hier geimpften Jungen (ab 20) und Alten hatten gar keine Nachweise mitgenommen. Ausnahme: ich - wollte aber niemand sehen". Mancherorten würde wohl sonst der Impfbetrieb zu sehr ins Stocken geraten. Also lieber weniger Bürokratie und Kontrolle.

Impfzentren können keine Privatdetektive engagieren

Man bräuchte einen totalen Überwachungsstaat, um in jedem Einzelfall zu erkennen, ob ein Bürger oder eine Bürgerin tatsächlich eine bevorzugte Corona-Impfung verdient. Aber wer wollte das schon? Wenn es um Impfgerechtigkeit in einer Pandemie geht, die den Staat ohnehin auf Trab hält, kommt es auf den Einzelnen an: Bin ich wirklich die zu bevorzugende Kontaktperson eines zu pflegenden Menschen? Warum bedränge ich meinen Arzt, mir "Asthma bronchiale" zu diagnostizieren, obwohl ich nur leichten Heuschnupfen habe? Ist es nicht unfair, von meiner Feuerwehr, von meinem Verein, zu verlangen, mich als relevante Person einzustufen, obwohl ich seit Jahren nicht mehr wirklich dabei bin? Und es kommt auf das unmittelbare Umfeld des Einzelnen an, solchem Egoismus Schranken zu setzen. Was soll ein Impfzentrum machen, wenn jemand ein Papier vorlegt, auf dem steht, er sei unabkömmlich in der Jugendhilfe, aber daran kommen gewisse Zweifel auf? Einen Privatdetektiv beauftragen?

Die einzige Lösung: Möglichst schnell jeden Impfwilligen impfen

Schon die Impfpriorisierung war umstritten. Wenn sie fällt, wird das mit dem Impfen nicht gerechter laufen. Weil dann Drängler noch bessere Chancen haben. Bleibt zu hoffen, dass es  ganz schnell ein Impfangebot für jeden Menschen im Haßbergkreis und sonstwo gibt.

 
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Noch ein Kommentar zum Artikel: Kann man es Leuten wirklich verübeln wenn sie mit allen Mitteln versuchen früher als eigentlich berechtigt einen Impftermin zu bekommen? Immerhin hängen davon unserer Grundrechte ab - ein Pfeiler unserer Gesetze! Es gibt kaum eine Errungenschaft die wichtiger ist als die gesetzlich verankerten Grundrechte.

    Der gesellschaftliche Konsens das nach Reihenfolge der Priorisierungsgruppen geimpft wird war trotz aller Kritik fair und transparent.
    Mittlerweile kennt aber jeder auch Personen wo Ausnahmen gemacht wurden. Der Staat selbst führt durch VORZEITIGE Betriebsimpfungen eigentlich unberechtigter Personen das System ad absurdum und bejubelt diese Ungerechtigkeit öffentlich.

    Ich denke man kann niemanden mehr einen Vorwurf mehr machen; das Hauen und Stechen hat nun begonnen. Warum? - weil auf Aussagen des Staates kein Verlass mehr ist und die Bürger ihr Wohl nicht mehr in die Hände eines Staates legen wollen dem sie nicht mehr vertrauen.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Zitat: "Wer sich um einen Pflegebedürftigen kümmert, hat gute Aussicht, schneller dran zu kommen."
    Ich finde den Satz frech! Ganz persönlich geschrieben herrschte bei uns in der Familie seit einem Jahr die Sorge man könnte den schwerst pflegebedürftigen Angehörigen daheim anstecken. Niemand wollte dieses Risiko eingehen oder schuldig an einer Infektion sein. Das Ergebnis war, dass sich die engeste Familie komplett eingekapselt hat. Testungen waren lange kaum möglich und vorgesehen - man war ja kein Angestellter eines Pflegeheims.
    Pflegebedürftige die sich in der Priorisierungsgruppe 1 befanden wurden im Lkr. SW schlicht vergessen bzw. erst im März geimpft. Von pflegenden Angehörigen ganz zu schweigen. Kontakte nach draußen und Verwandschaftsbesuche gab es nicht mehr. Krankenhausbesuche waren nicht möglich und letztlich war auch der Tod bzw. das Begräbnis unwürdig - ich werde das mein Leben lang nicht vergessen können, eine Verwandte befindet sich seitdem in psychologischer Behandlung!
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  • martin.sage@mainpost.de
    Lieber EinFranke, dieser Satz war zunächst einmal ganz neutral gemeint, weil man ja als Kontaktperson eines pflegebedürftigen Menschen in der Tat in einer höhere Prioritätsgruppe gelangen kann und damit bessere Aussicht auf eine schnellere Impfung hat. Ganz sicher wollte ich damit niemanden diskreditieren, der einen Angehörigen wirklich pflegt oder sich große Sorgen um ihn in der Pandemie macht. Ich selber bin nur regelrecht erschüttert darüber, wie viele - sagen wir Bekannte - plötzlich angeblich den Vater oder die Oma pflegen, weil sie sich dabei Vorteile bei der Impfung versprechen (durchaus mit erkennbarem Erfolg), obwohl sie mit der Pflege in Wirklichkeit nichts zu tun haben...
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