Fragt man Landwirte im Landkreis Haßberge nach den Folgen, die sich für sie und ihre Betriebe aus dem Ukraine-Krieg ergeben, dann nennen sie mehrere Aspekte. Diese lassen sich jedoch alle auf einen Nenner bringen: Die Kosten steigen. Egal, ob für die Düngemittel, den Fahrzeugdiesel, das Tierfutter oder auch die Energie.
Bernhard Müller ist Landwirt in Goßmannsdorf und hat einen Überblick über die gestiegenen Preise, die seine Branche treffen. So berichtet er zum Beispiel, dass der Kalkammonsalpeter-Dünger, ein im Ackerbau verwendeter Stickstoffdünger, seit Kriegsbeginn preislich von 30 Euro auf 100 Euro pro Doppelzentner (100 Kilogramm) gestiegen ist.
Wenn der Dünger fehlt, sinken die Erträge und die Qualität der Ernte
"Viele Betriebe kaufen deswegen keinen Dünger mehr zu", erklärt er weiter. Die Konsequenz: eine schlechtere Ernte. Im Ackerbau für die Broterzeugung beispielsweise sei der geforderte Eiweißgehalt von mindestens 13 Prozent "ohne Stickstoff nicht möglich". Durch den fehlenden beziehungsweise teuren Dünger sinken also nicht nur die Erträge, auch die Qualität nimmt ab.
Zur Einordnung: Für die Düngung eines Hektars brauche es beim Brotweizen etwa fünf Doppelzentner Kalkammonsalpeter-Dünger, so Müller. Die Konsequenzen würden im Herbst und auch im nächsten Jahr spürbar, erklärt er vor dem Hintergrund der aktuellen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.
Der Haßfurter Landwirt und Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Klaus Merkel, wirft ebenfalls einen Blick voraus. "Zurzeit stellt sich für uns die Frage, wie schaut der Dünger nächstes Jahr aus", berichtet er.
Viele Düngemittelhersteller werden von Pipelines aus Russland beliefert und hängen somit am Tropf von russischem Gas, wie Merkel erklärt. Entfallen die Gaslieferungen, könne von diesen kein Dünger mehr produziert werden. "Daher rührt auch die Drohung, dass die westliche Welt hungern müsse", erklärt er.
Zwar sei die Situation sehr schlecht, aber es bestehe die Möglichkeit, den Dünger stattdessen zum Beispiel aus Ägypten zu kaufen. Das allerdings "geht zu Lasten der dritten Welt", sagt Merkel offen. Entwicklungsländern, wie beispielsweise jenen in Afrika, würden durch Verbraucherinnen und Verbraucher mit Geld die aufgrund des Ukraine-Kriegs knappen Güter weggekauft.
Auch das Futter für die Tiere ist teurer geworden
Zurück zu den gestiegenen Preisen: Beim Futter für die Tiere etwa ist der Preis für Sojaschrot von 35 bis 40 Euro pro Doppelzentner auf 60 Euro gestiegen, wie Bernhard Müller berichtet. Beim Getreide habe sich der Preis etwa verdoppelt. Auch das Mineralfutter, das weltweit gesehen vor allem in Amerika und Russland produziert werde, sei teurer geworden.
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, welche Kreise das Ganze zieht. So berichtet der Goßmannsdorfer Landwirt von einem Bekannten, der eigentlich gute Ferkel für seinen Mastbetrieb gefunden hatte, nun aber kein Getreide für die Mast habe und somit keinen Gewinn erwirtschaften könne. "Er wird seinen Stall wohl leer stehen lassen", sagt Müller.
Die Landwirtinnen und Landwirte seien angewiesen auf Futter für ihre Tiere, betont Kreisobmann Merkel. Er kritisiert die Agrarpolitik und fordert aufgrund der aktuellen Lage etwa eine Freigabe der ökologischen Vorrangflächen. Auf diesen Flächen darf normalerweise nichts produziert werden, um die Artenvielfalt zu fördern. Deutschland sei das einzige Land in der EU, das diese noch nicht freigegeben habe.
Konventionell arbeitende Landwirtschaftsbetriebe tendenziell stärker betroffen
Für Müller fügt es sich angesichts der aktuellen Krisenlage glücklich, dass sein Betrieb mit dem Ackerbau und der Schweinemast auf zwei Säulen fußt. "Wir erzeugen das Futter für unsere Tiere größtenteils selbst", erklärt er. Nur etwa fünf bis zehn Prozent müsse er zukaufen. Diese Bestände hat der Landwirt für heuer bereits eingekauft, sodass der Zukauf erst im kommenden Jahr wieder ansteht.
Durch die Tierhaltung wiederum muss Müller, wie er selbst sagt, nur wenig Dünger zukaufen – anders als beispielsweise ein reiner Ackerbaubetrieb. Die Gülle, ein Abfallprodukt der Tierhaltung, liefert als natürlicher Dünger unter anderem Stickstoff für die Felder. Er profitiere hier von der Kreislaufwirtschaft der Natur, erklärt der Landwirt.
Mit dieser Herangehensweise ist Müller nicht allzu weit von dem Gedanken entfernt, der für Bio-Betriebe ausschlaggebend ist: "Wir arbeiten mit einem geschlossenen System", erklärt hierzu Hans Dünninger vom gleichnamigen Demeterhof in Goßmannsdorf. Biologisch arbeitende Betriebe seien daher von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs weniger betroffen als konventionelle.
Durch selbst erzeugtes Futter sowie hofeigenen Mist und Kompost als Dünger – ganz im Sinne des geschlossenen Systems – ist Dünningers Bio-Betrieb unabhängig von Zukäufen und den Preisexplosionen, die mit diesen aktuell verbunden sind. "Die Dieselpreise treffen uns aber natürlich genauso wie die anderen auch", fügt der Landwirt und Grünen-Kreisrat an.
Verkaufspreis für Bio-Milch seit Kriegsbeginn um zwei Cent gestiegen
Gleiches gilt für die Energiekosten, wie Landwirt Klaus Dietz aus Bundorf berichtet, der seinen Betrieb vor zwölf Jahren auf Bio-Bewirtschaftung umgestellt hat. Im Gegensatz zu den aktuell – und auch den seit Jahren steigenden Kosten, etwa für Investitionen oder Löhne – würden die Preise, für das was verkauft werde, "fast gar nicht anziehen", berichtet Dietz.
Die Fleischpreise etwa seien aktuell gerade einmal auf einem "Niveau, das wir schon vor 30 Jahren gebraucht hätten", sagt der Landwirt. Der Erlös, den er für die auf seinem Hof produzierte Bio-Milch bekommt, ist seit Beginn des Ukraine-Kriegs um zwei Cent pro Liter gestiegen, wie Dietz weiter berichtet. Nicht viel, schon gar nicht, wenn man hier die gestiegenen Betriebskosten gegenrechnet.
Um kostendeckend arbeiten zu können, wäre ein Preis von 70 Cent pro Liter nötig, sagt Dietz. Was er stattdessen tatsächlich erhalte, seien 50 beziehungsweise 52 Cent pro Liter. Das heiße für Betriebe zum Beispiel, Investitionen oder Reparaturen nicht tätigen zu können. Das Problem kenne man in der Landwirtschaft im Grunde bereits aus den vergangenen drei Jahrzehnten.
Kritik an Billigdenke bei Lebensmitteln
"Wir sind die Restgeldempfänger der Industrie", sagt der Bundorfer Landwirt, ehe er kurz überlegt und dann anfügt: "Doch, das kann man schon einmal so sagen." Viele würden denken, dass die Bäuerinnen und Bauern sich ihre Taschen vollmachen. "Aber so ist es nicht." Die Landwirtinnen und Landwirte bekämen am Ende das Wenigste aus dem Verkaufspreis, der bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu Buche schlägt.
Im Gespräch mit dieser Redaktion wird auch deutliche Kritik der Landwirte an der Billigpreismentalität laut, die in Deutschland – trotz vergleichsweise hohem Einkommensniveau – im Lebensmittelbereich vielfach vorherrscht. Von dieser müsse man wegkommen, sagt zum Beispiel Dünninger. Und: "Man sieht aktuell, wie abhängig wir von billigen Auslandslebensmitteln sind."