
Traditionell lädt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Unterfranken vor Wahlen zu seinem "Heißen Stuhl", um öffentlich mit den jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten in die Diskussion zu gehen. So auch vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025: Die Veranstaltung für den Wahlkreis 247, zu dem die Landkreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld und Haßberge zählen, findet am Dienstag, 18. Februar, von 19 bis 22 Uhr im Hotel Bayerischer Hof in Bad Kissingen statt. Im Vorfeld gab es nun jedoch Ärger um zwei Absagen und den Umgang mit selbigen.
Üblicherweise sind bei den Debatten die Direktkandidatinnen beziehungsweise -kandidaten aus dem Wahlkreis zu Gast, die einer aus Sicht des DGB demokratischen Partei angehören, welche wiederum im Bundestag vertreten ist. Eingeladen waren nach Bad Kissingen Dorothee Bär (CSU), Sabine Dittmar (SPD), Christian Ruser (Bündnis 90/Die Grünen), Karl Graf Stauffenberg (FDP) und Florian Beck (Die Linke).
Absagen von Bär und Helmerich waren nach eigenen Angaben frühzeitig kommuniziert
Außerdem angefragt war, obwohl die Freien Wähler nicht im Bundestag sitzen, deren Direktkandidat Frank Helmerich (Freie Wähler). Der Grund: Für das diesmal geplante "Duell-Format" braucht es eine gerade Anzahl an Teilnehmenden.
Bär und Helmerich hatten dem Veranstalter nach eigenen Angaben bereits frühzeitig signalisiert, wegen Terminkollisionen nicht teilnehmen zu können: Helmerich, der als Lehrer in Bad Königshofen arbeitet, befindet sich zeitgleich im Skikurs. Bär verwies über die Sozialen Medien auf eine "lange zugesagte Terminüberschneidung".

Die Absagen nutzte der DGB jedoch für einen Seitenhieb, der bei den beiden Betroffenen gar nicht gut ankam. Auf einem inzwischen gelöschten Online-Flyer zu Veranstaltung in Bad Kissingen informierte der Gewerkschaftsbund in Bezug auf Bär und Helmerich mit den Worten: "Beide abgesagt, keine Zeit für Arbeitnehmer!"
Dorothee Bär unterstellt dem DGB: "Meine Teilnahme war nie erwünscht"
CSU-Politikerin Bär reagierte darauf öffentlich über ihre Social-Media-Kanäle: "Der DGB in meinem Wahlkreis ist so lost. Ich hatte von Anfang an gesagt, dass ich an diesem Abend wegen einer lange zugesagten Terminüberschneidung nicht teilnehmen kann. Sie wollten weder eine CSU-Vertretung akzeptieren, noch einen Alternativtermin anbieten." Für Bär bleibe die Schlussfolgerung: "Meine Teilnahme war nie erwünscht."

"Ich habe die Welt nicht mehr verstanden", so war Frank Helmerichs erste Reaktion, als er auf den Flyer mit dem wenig freundlichen Kommentar zu seiner und Dorothee Bärs Absage gestoßen war. "Ich hatte damals extra beim DGB angerufen, und meine Absage begründet und wollte das nicht nur mit einer einfachen E-Mail tun. Dabei hatte die Dame am Telefon noch verständnisvoll reagiert", zeigt sich der Freie Wähler Helmerich vom DGB enttäuscht.
Der Vorwurf "keine Zeit für Arbeitnehmer" auf dem kritisierten Flyer kränke ihn besonders. "Ich war bei allen Demos bei Preh oder Valeo mit der Gewerkschaft vor Ort, Arbeitsplätze in der Wirtschaft sind für mich ein wichtiges Thema", sagt Helmerich.
Auch in einem Facebook-Video vom Mittwoch nimmt er Stellung zu dem Flyer, der "im Stil etwas unpassend sei", wie es der Bad Königshöfer zurückhaltend formuliert. Er sei als Gymnasiallehrer jeden Tag nach Schulschluss so oft wie möglich in der Region unterwegs, wo immer er eingeladen sei. Aber als Inhaber eines Skischeins sei er schlicht unabkömmlich für den fünftägigen Skikurs.

Inzwischen wurde der DGB-Flyer überarbeitet und die Spitze in Richtung Bär und Helmerich gelöscht. Es ist freilich davon auszugehen, dass die Ur-Version im Netz schon eine gewisse Verbreitung gefunden hat. Mit der Bad Kissingerin Nikola Renner nimmt nun doch eine CSU-Politikerin in Vertretung für Dorothee Bär an der Runde teil. Die Freien Wähler sind nach Stand der Dinge nicht mit von der Partie, stattdessen ist ÖDP-Kandidatin Michaela Reinhard angekündigt.
Wie Frank Helmerich am Donnerstagabend erklärte, sei er vom DGB nicht darauf angesprochen worden, ob für ihn ein Ersatzmann oder eine Ersatzfrau auf dem "Heißen Stuhl" Platz nehmen solle. Entsprechend verwundert zeigte er sich, dass dies bei der CSU wohl möglich war.
DGB-Regionsgeschäftsführer Frank Firsching verteidigt den kritischen Umgang mit Absagen
Bei den Veranstaltungen des DGB Unterfranken geht es für gewöhnlich nicht zimperlich zu. Markige, gerne auch provokante Formulierungen gehören dazu. Vor allem aufgrund der Kurzfristigkeit der Wahl gab es diesmal für die verschiedenen Termine in Unterfranken häufiger Probleme, die jeweiligen Protagonisten zusammenzubekommen, erklärt Frank Firsching auf Anfrage dieser Redaktion. Der DGB-Regionsgeschäftsführer, der für die Linke im Schweinfurter Stadtrat sitzt, moderiert die Veranstaltungen.
Beim umstrittenen Flyer handle es sich laut Firsching um einen Entwurf, der den Weg in die Öffentlichkeit noch gar nicht hätte finden sollen. Durch ein Missverständnis in der internen Kommunikation kam es anders. Gelöscht wurde er, weil das Programm sich geändert habe. Inhaltlich will der DGBler sich von der Spitze in Richtung Bär und Helmerich nicht distanzieren: "Wir sind enttäuscht, dass Dorothee Bär sich wie schon 2021 als einzige Bundestagsabgeordnete der Debatte mit der Vertretung der Beschäftigten verweigert."

Man habe die CSU als bayerische Regierungspartei aber dabei haben wollen und deshalb laut Firsching "gezwungenermaßen" die Vertretungslösung schlussendlich akzeptiert. "Wir freuen uns natürlich trotzdem auf Frau Renner", so Firsching.
In Richtung der Freien Wähler sagt der Gewerkschaftler: "Für uns ist es unverständlich, dass die Freien Wähler in ganz Unterfranken flächendeckend abgesagt haben. Wir gehen also davon aus, dass ihnen der 'Heiße Stuhl' zu heiß ist." Deshalb habe man nicht auf einen Vertreter oder eine Vertreterin für Frank Helmerich gedrängt, sondern sich mit der ÖDP anderweitig orientiert. Firsching möchte derweil betonen, dass der DGB ein freier Gewerkschaftsbund ist und unabhängig entscheiden könne, an wen Einladungen verteilt werden.
Unbestritten haben die Gewerkschaften das System mit an die Wand gefahren! Nicht alleine! Das muss deutlich gesagt werden!
Sie haben aber maßgeblich Arbeitsplätze auf dem Gewissen!
Zusammen mit der völlig verfehlten Bundespolitik sind Sie mitverantwortlich für Arbeitslosigkeit, Verlagerungen und Arbeitslose Arbeitnehmer mit ihren Familien.
Da will man offensichtlich keine unangenehmen Fragen und Risiken eingehen!
Das ist grundsätzlich ein Märchen. Es steht jedem Arbeitgeber frei aus dem AG-Verband auszutreten und mit seinem Leuten direkt zu verhandeln.
Dass dieses Mittel funktioniert, kann man zum Beispiel bei Reich in Mellrichstadt sehen - da wurde eine Regelung abseits der „bösen Gewerkschaft“ und IGM Tarifvertrag beschlossen. Geht also doch .
Und wer als Arbeitnehmer was anderes will, der hat die „Freude“ sich einen anderen Brötchengeber zu suchen.
Aber am Ende sollen die AGs dann nicht jammern, dass sie keine Fachkräfte finden. Fachkräfte kosten Geld und gute Fachkräfte kosten gutes Geld.
Isso. Nennt sich Markt. Mit allen Vor- und Nachteilen für AGs und ANs.
Die Argumentation keine Zeit für Arbeitnehmer könnte man kontern: kein Interesse am Fortbestand des industriellen Wohlstands?
Brummende Industrie gleich Arbeitnehmer wohlstand, das haben die wohl aus den Augen verloren!!!