
Als FDP-Mitglied in Bayern für den Landtag oder den Bundestag zu kandidieren, erfordert meist eine recht hohe Frustrationstoleranz. Zu unbedeutend ist die Rolle der Freien Demokraten im Freistaat, in dem seit Jahrzehnten die CSU dominiert. Gerade einmal zwei Unterfranken sitzen für die FDP aktuell im Bundestag, der am 23. Februar neu gewählt wird. Mit seinem Platz 19 auf der Liste sind die Chancen auf einen Bundestagssitz auch für Karl Graf Stauffenberg denkbar gering.
Viele werben ums bürgerliche Lager
Dass die FDP in Bayern so schlechte Karten hat, führt er darauf zurück, dass CSU und Freie Wähler eine ähnliche Klientel im bürgerlichen Lager ansprechen. Persönlich glaubt er zudem, dass sich die FDP hauptsächlich um städtische Themen kümmert, weil die meisten Mitglieder in Metropolregionen leben. Bayern sei aber ein Flächenland.
Was den Bewohner des romantisch anmutenden Wasserschlosses in Irmelshausen (Landkreis Rhön-Grabfeld) im Wahlkreis 247 Bad Kissingen aber nicht beirren kann. Als FDP-Kreisvorsitzender und stellvertretender Bezirksvorsitzender sieht er sich in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen. 2021 bei seiner ersten Kandidatur erhielt er 12.206 Stimmen oder 7,1 Prozent. "Ich mache Politik, um die demokratischen Werte zu verteidigen", sagt Stauffenberg, der vom Konzept des Liberalismus überzeugt ist und 2017 in die FDP eingetreten ist.
Stauffenberg vermisst die Beschäftigung mit hierzulande relevanten Themen wie der Standortpolitik im ländlichen Raum, aber auch der Wolfsproblematik. Nicht Subventionen seien der richtige Weg, sondern Steuererleichterungen, gewissermaßen als Konjunkturprogramm für strukturell schwache Gebiete, so wie früher fürs Zonenrandgebiet. Und dann gehe es um die weitere Entbürokratisierung, um die sich der ehemalige Justizminister Marco Buschmann sehr verdient gemacht habe, was aber noch lange nicht ausreiche.
Warum müssten Brüssel und München den Bauern vorschreiben, welche Fruchtfolge sie auf ihren Äckern zu praktizieren haben, fragt sich Stauffenberg, um nur ein Beispiel zu nennen. "Das wissen die Landwirte doch selbst am besten." Stattdessen müssten sie auch noch selbst beweisen, dass sie sich an die Anordnungen halten.
Das Maß des Misstrauens gegenüber Unternehmern im Allgemeinen sei enorm. "Das geht so weit, dass sie im Grunde der Bürokratie nachweisen müssen, dass sie keine Steuern hinterziehen", formuliert Stauffenberg überspitzt.
Das Ampel-Aus war für die FDP der richtige Weg
Die FDP ist für Stauffenberg die Partei, die die meisten ihrer Wahlversprechen gehalten habe. Dagegen sei von der Koalition kein einziger der vereinbarten 49 Punkte zur Belebung der Wirtschaft umgesetzt worden. Das ist für ihn der eigentliche Grund für das Ende der Ampel. Die Kritik, dass sich die FDP in einem Papier vorab mit dem Scheitern der Koalition befasst hat, kann er nicht nachvollziehen. Vielmehr wäre es unverantwortlich gewesen, es nicht zu tun. Allerdings seien dort verwendete Begriffe wie "D-Day" oder "Feldschlacht" nicht die richtige Ausdrucksweise, aber auch kein Grund für eine Skandalisierung.
Bei allen Problemen ist Stauffenberg davon überzeugt, dass in Deutschland auf hohem Niveau gejammert wird und das System hier besser ist als beispielsweise in den USA. Trotzdem könne man von der Gesellschaft nicht verlangen, jeden persönlichen Fehler mitzutragen, womit er beim Bürgergeld angekommen ist, das er für bestimmte Personen kürzen würde.
Womit er jene meint, die keinen Anreiz in der Arbeit sehen und damit zufrieden seien, was sie vom Amt bekommen. Wer aber krank sei oder aus anderen nachvollziehbaren Gründen nicht berufstätig sein könne, dem müsse natürlich ein menschenwürdiges Leben ermöglicht werden.
Engagement für die Demokratie und Freiheit
Neben seinem Engagement bei der FDP ist Stauffenberg bundesweit in Sachen Demokratie und Freiheit unterwegs. Stauffenberg wird von Schulen und anderen Einrichtungen für Vorträge über seinen Großvater, den Hitler-Attentäter Claus Schenk Graf von Stauffenberg, eingeladen. "Natürlich spreche ich hier über meinen Großvater.
Aber es geht mir vor allem darum, zu vermitteln, in welch privilegierter Situation wir hier mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung leben." Denn die zwölf Jahre lange Herrschaft der Nationalsozialisten sei natürlich viel mehr gewesen, als der vom AFD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland bezeichnete "Fliegenschiss in der Geschichte".