
200 Unterstützungsunterschriften. Diese Hürde müssen Politikerinnen und Politiker überwinden, um sich als Direktkandidaten bei der Bundestagswahl aufstellen lassen zu können. "Normalerweise ist das kein Problem, aber jetzt in der Kürze der Zeit war es schwierig", erklärt Michaela Reinhard, die für die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) im Wahlkreis 247 Bad Kissingen antritt. Gerade für Kleinparteien sei die geringe Vorlaufzeit eine enorme Herausforderung. Dementsprechend froh ist Reinhard darüber, diese Hürde erreicht zu haben.
Von allen Koalitionspartnern der Ampelregierung hätte sie sich deshalb etwas mehr Kooperationsbereitschaft gewünscht. "Ich frage mich, ob man nicht noch bis September hätte durchhalten können, aber da hat wohl der Wille gefehlt", so die Politikerin.
Zusammen mit ihrer Partei versuche sie eine "enkeltaugliche" Politik zu betreiben. Damit sei vor allem "nachhaltig" gemeint: "Also dass man Entscheidungen trifft, im Hinblick auf die Frage: Wie wirkt sich das in fünf oder sechs Generationen aus?"
Wirtschaft und Klimaschutz stehen für Reinhard in keinem Widerspruch
Hierbei sei vor allem das von der ÖDP angestrebte Wirtschaftsmodell einer "Gemeinwohl-Ökonomie" von Bedeutung. Darunter versteht Reinhard ein Wirtschaftsmodell, das "nachhaltig, ethisch und nicht nur profitorientiert ist". Die Themen Wirtschaft und Klimaschutz stehen für die ÖDPlerin in keinem Widerspruch, vielmehr sind beide Aspekte für sie eng miteinander verbunden. "Wenn uns der Klimawandel überrollt, wird das Leben für uns alle schlechter. Dann fehlen uns die Wirtschaftsgrundlagen und alles, was zum guten Leben dazugehört. Deshalb ist Wirtschaft eine wichtige Säule der Klimapolitik".
Unter anderem deshalb müsse man die richtigen Anreize setzen und Willen zeigen. Der fehle aber bei einigen Menschen. "Viele tun so, als ob alles, was die Energiewende ausmacht, die Menschen ins Verderben stürzt. Eigentlich ist das Gegenteil der Fall", so Reinhard. Eine umfassende Umstellung auf regenerative Energieträger würde ihrer Meinung nach die Wertschöpfung im eigenen Land behalten. Dadurch würden zusätzliche Arbeitsplätze entstehen und die Umwelt entlastet.
Entlastung für Lehrkräfte
Insbesondere mit der jüngeren Generation steht Reinhard, die am Franz-Miltenberger-Gymnasium in Bad Brückenau Deutsch und Geografie unterrichtet, im stetigen Austausch. "Viele meiner Schülerinnen und Schüler machen sich Gedanken über Rechtsextremismus und Rassismus. Haben Sorgen vor der Zukunft. Das bewegt mich natürlich auch", so die ÖDPlerin. Gerade deshalb müsse sich im Bereich der Bildung so einiges ändern.
"Wir haben einen Lehrkräftemangel. Die restriktive Einstellungspolitik der Staatsregierung der letzten 20 Jahre fällt uns gerade auf die Füße", so Reinhard, die 1994 ihr Lehramtsstudium begonnen hatte. Da Bildungspolitik eine langfristige Sache sei, könne man bei Änderungen nicht sofort einen Anstieg der Lehrerzahlen erwarten.
Kurzfristige könne man aber die "Lehrer, die da sind, von Aufgaben entlasten, die andere Berufsgruppen auch übernehmen können". Zusätzliche Verwaltungsangestellte, pädagogisches Personal, Jugendsozialarbeiter oder Informatiker könnten ihrer Ansicht nach Abhilfe schaffen.
Strengere Kontrolle von sozialen Netzwerken
"Es ist unsäglich, was neuerdings in den Debatten gesagt wird", bewertet die Politikerin den aktuellen politischen Diskurs. Schuld daran sei vor allem der Umgang miteinander in den sozialen Netzwerken. Dort sei der Respekt voreinander und ein gutes Stück Debattenkultur verloren gegangen. Unter anderem deswegen spricht sich Reinhard, die selbst nicht auf Social Media aktiv ist, für eine Kontrolle eben dieser Plattformen aus. "Soziale Medien sollten unter rechtliche Kontrolle des Landes beziehungsweise der EU gestellt werden. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum".
Ihre Chancen bei der anstehenden Bundestagswahl schätzt Reinhard so ein: "Wir wollen in die Wahlkampfkostenerstattung kommen. Das ist so das minimale Ziel. Also 0,5 Prozent bundesweit. Das kann man schon schaffen".