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Bad Kissingen
Olympia 1972 im Landkreis: Begeisterte Fackelträger in Bad Kissingen und ein falscher Mark Spitz aus Mürscht
Die Olympiade war für viele eine Sensation. Und dann wurden auch noch junge Leute für die Olympia-Fackel gesucht. Dabeisein war auch im Landkreis alles.
Auch die Schwimmer des TSV Bad Kissingen waren 1972 Teilnehmer der XX. Olympischen Spiele. Die Namen der beiden Sportler links und rechts im Bild konnten wir nicht herausfinden. Ab dem Zweiten von links sind das Ralf Kirchner, Andreas Groß, Udo Krines, Fackelträger Thomas Rüth, dahinter nicht sichtbar Gerhard Bötsch und Martin Heile.
Foto: Erwin Groß | Auch die Schwimmer des TSV Bad Kissingen waren 1972 Teilnehmer der XX. Olympischen Spiele. Die Namen der beiden Sportler links und rechts im Bild konnten wir nicht herausfinden.
Isolde Krapf
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:47 Uhr

Die Olympia-Fackel wurde am 26. August 1972, auf ihrem Weg von München nach Kiel, auch durch den Landkreis und natürlich auch durch Bad Kissingen getragen. Wer dabei war, konnte stolz sein, denn er galt als Teilnehmer der XX. Olympischen Sommerspiele. Noch heute verknüpfen daher viele der damals beteiligten Sportlerinnen und Sportler Olympia 1972 mit positiven Erinnerungen, wenngleich das Attentat palästinensischer Terroristen auf israelische Sportler später über alles einen Schatten warf.

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Dass die Olympischen Sommerspiele damals in Deutschland – und noch dazu in Bayern – ausgetragen wurden, war natürlich ein Knüller. Und dann sollte auch noch die Olympia-Fackel in den Landkreis kommen! Der Bayerische Landessportverband (BLSV) sollte die Strecke der Fackelläufer festlegen. Also lud der BLSV-Kreisverband alle Vereinsvorsitzenden nach Arnshausen ins Sportheim ein.

Als Günter Bender eine Backpfeife einstecken musste

Damals war Günter Bender (Oerlenbach) als Jugendreferent und BLSV-Kreisgeschäftsführer stark in die Planung mit eingebunden. Heute, ein halbes Jahrhundert später, liegt das alles jedoch für den 82-Jährigen schon "sehr weit zurück", sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. An eins erinnert er sich aber noch lebhaft:  Als er ins Arnshäuser Sportheim kam, musste er gleich von einem Oerlenbacher eine Backpfeife einstecken, weil die Oerlenbacher sauer waren, dass auch ein Eltingshäuser mitlaufen sollte. Bender: Der Mann aus Eltingshausen lief aber trotzdem mit.

Am Hohen Kreuz in Arnshausen wurde damals die Fackel von den Arnshäusern an die Bad Kissinger abgegeben.
Foto: Archiv Dieter Sliwa | Am Hohen Kreuz in Arnshausen wurde damals die Fackel von den Arnshäusern an die Bad Kissinger abgegeben.

Die Fackelträger sollten damals von Schweinfurt kommen, über Oerlenbach und Arnshausen nach Bad Kissingen hineinlaufen und später über die Garitzer Kreuzung Richtung Oberthulba und Bad Brückenau weiter joggen. In Bad Kissingen gab es sogar eine zentrale Veranstaltung im Rosengarten, bei der Oberbürgermeister Hans Weiß feierliche Worte sprach.

An den Spielen in München nahm 1972 sogar ein Kissinger, nämlich der Bogenschütze Siegfried Ortmann, teil. Zudem gestaltete der gebürtige Kissinger Günter Noris mit seiner Big Band der Bundeswehr das musikalische Rahmenprogramm der Olympiade aus. Und Manto Graf zu Castell-Rüdenhausen, der bei der Bundespolizei in Oerlenbach Grenztruppjäger war, wurde für den Polizeidienst in München eingesetzt. Das Attentat der Palästinenser sei sein erster "Tatort" gewesen, wie er einmal in einem Interview sagte.

"Es war eine aufregende Sache."
Ekbert Warmuth, damals Lehrer an der Nüdlinger Volksschule

Sportler aus zahlreichen Vereinen stellten sich damals zur Verfügung, um die Fackel - oft nur 100 Meter weit - zu tragen. Dabeisein war alles, schließlich ist Olympia nicht alle Tage. Jeder Verein bekam eine eigene Fackel. Der Münnerstädter Hartmut Hessel trug zum Beispiel, zusammen mit anderen, eine durch Waldfenster. Gustav Brand lief mit einer anderen durch Arnshausen und in Bad Kissingen hielten Thomas Rüth und der Nüdlinger Leander Schottdorf je eine in Händen.

Die Nüdlinger Handballer, allen voran Leander Schottdorf mit der Fackel, liefen von der Garitzer Kreuzung zum Parkwohnstift.
Foto: Ekbert Warmuth | Die Nüdlinger Handballer, allen voran Leander Schottdorf mit der Fackel, liefen von der Garitzer Kreuzung zum Parkwohnstift.

"Wir waren mächtig stolz", erinnerte sich der vor kurzem verstorbene Arnshäuser Gustav Brand einmal in einem Interview an diesen Augusttag, als er die Fackel im Namen des örtlichen Sportvereins 100 Meter weit durch sein Heimatdorf trug. Er und seine Jungs, zu denen damals auch der 19-jährige Dieter Sliwa gehörte, hatten kurz zuvor schon mal bei einem Probelauf "trocken" geübt, erinnerte er sich damals, denn am Tag selbst durfte ja nichts schiefgehen.

"Es war eine aufregende Sache", sagt auch Ekbert Warmuth (Bad Kissingen) im Gespräch mit dieser Redaktion über den Fackellauf der Handballer, die er damals als Lehrer an der Nüdlinger Volksschule trainierte. Schon seit 1966 war Warmuth, damals 35 Jahre alt, Kreisfachberater für Leibeserziehung gewesen und hatte den Schulsport auf Kreisebene mit organisiert.

Alle erinnern sich an Weltklasse-Schwimmer Mark Spitz: Am 28. August 1972 ging er über 200 Meter Schmetterling an den Start und holte erstmals Gold mit Weltrekordzeit. Nach sechs Rennen standen sechs Goldmedaillen und sechs Weltrekorde auf seinem Konto.
Foto: Presse Sports | Alle erinnern sich an Weltklasse-Schwimmer Mark Spitz: Am 28. August 1972 ging er über 200 Meter Schmetterling an den Start und holte erstmals Gold mit Weltrekordzeit.

Max Pawlas, Edgar Ritschka, Werner Neumann, Edmund Kiesel und Leander Schottdorf hießen die Auserwählten der A-Mannschaft der DJK Nüdlingen, die die Fackel von der Garitzer Kreuzung bis zum Parkwohnstift trugen.

"Sieben Goldmedaillen hat er damals gemacht, ich war begeistert."
Andreas Groß über Weltrekord-Schwimmer Mark Spitz

Warmuth war damals sogar mit einem Lehrerkollegen bei der Olympiade, als das Attentat gerade gemeldet wurde. Glücklicherweise seien er und sein Kollege aber auf dem Gelände weit vom Ort des schrecklichen Geschehens gewesen, erzählt der heute 85-Jährige. Beide hatten gerade in einer Halle einem Handball-Spiel zugesehen, als die Nachricht kam und das Spiel erst mal gestoppt wurde.

Bei seinem Besuch im Olympiastadion saß Andreas Groß damals neben den Eltern von Mark Spitz, von denen er sich ein Autogramm geben ließ.
Foto: Andreas Groß | Bei seinem Besuch im Olympiastadion saß Andreas Groß damals neben den Eltern von Mark Spitz, von denen er sich ein Autogramm geben ließ.

Andreas Groß, der heute in Ettlingen lebt, zählte damals 17 Lenze, als er unter anderem mit Ralf Kirchner, Gerhard Bötsch, Ralf Kirchner, Martin Heile, Udo Krines und Fackelträger Thomas Rüth im Namen des TSV-Schwimmvereins durch die von reichlich Volk gesäumte Schönbornstraße lief. Detaillierte Erinnerungen an diesen Fackellauf hat Groß allerdings nicht, wie der 68-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion sagt.

Tiefergehend waren hingegen seine Erlebnisse vor Ort in München, denn er ließ es sich damals nicht nehmen, allein mit dem Zug zur Olympiade zu reisen, um den internationalen Schwimmwettkämpfen beizuwohnen. Und dann fällt bei Groß natürlich gleich der Name Mark Spitz, der seinerzeit wohl zu den berühmtesten Sportlern der Sommerspiele zählte.

Der Doppelgänger von Mark Spitz aus Münnerstadt: Eugen und Anneliese Albert, damals 24 und 25 Jahre alt, waren am 4. September 1972, einen Tag vor dem Attentat, noch im Olympiastadion.
Foto: Anna Pfülb | Der Doppelgänger von Mark Spitz aus Münnerstadt: Eugen und Anneliese Albert, damals 24 und 25 Jahre alt, waren am 4. September 1972, einen Tag vor dem Attentat, noch im Olympiastadion.

"Sieben Goldmedaillen hat er damals gemacht, ich war begeistert." Und dann saß Groß im Stadion einmal auch noch neben Mark Spitz‘ Eltern. Von Arnold und Elenor Spitz habe er sich dann ein Autogramm geben lassen, sagt Groß schmunzelnd. Was er damals als Jugendlicher "genial" fand: Dass alle Sportlerinnen und Sportler "untereinander sehr fair" miteinander umgingen.

"Mein Mann war damals eine Art Doppelgänger von Mark Spitz."
Anneliese Albert über ihren Mann Eugen

Ganz private Erinnerungen an die Olympiade haben Anneliese und Eugen Albert (Münnerstadt), die am 4. September 1972 mit Freunden in München das Stadion besichtigten. "Es herrschte eine ganz tolle Stimmung", erinnert sich Anneliese Albert. "Und wir hatten viel Spaß, denn mein Mann war damals eine Art Doppelgänger von Mark Spitz", erzählt sie und lacht.

Etliche Leute hätten sich im Olympia-Stadion verwundert nach dem 25-Jährigen umgedreht. "Wir überlegten damals sogar, ob wir aus Spaß eine Autogrammstunde mit Eugen auf dem Gelände machen sollen. Aber dann haben wir uns doch nicht getraut." Als die Alberts einen Tag später wieder daheim in Münnerstadt waren und von dem Attentat der Palästinenser hörten, waren sie geschockt. "Uns wurde klar, dass wir Glück hatten, weil wir am Vortag dort waren."

Olympiade 1972 in München

Die XX. Olympischen Sommerspiele dauerten vom 26. August bis 11. September. Am Tag der Eröffnung kam das Feuer, das Ende Juli 1972 im griechischen Olympia entzündet worden war, im Münchner Olympiastadion an. Durch acht Länder, insgesamt 5532 Kilometer weit, war es getragen worden. Neben München gab es noch andere deutsche Wettkampfstätten, an denen das olympische Feuer entfacht werden sollte, unter anderem in Nürnberg, Augsburg, aber auch in Kiel, wo die Segelwettbewerbe stattfanden. Von München nach Kiel wurde die Fackel dann auch im Landkreis Bad Kissingen von Sportlerinnen und Sportlern weitergetragen. 6700 Exemplare der Fackel hatte die Firma Krupp seinerzeit aus Edelstahl gefertigt. 75 Zentimeter ist sie groß und wiegt laut Hersteller 1,35 Kilogramm. "München 1972 Spiele der XX. Olympiade" ist zur Erinnerung auf dem Handrohr eingraviert.
Quelle: Wikipedia
 
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