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Münnerstadt
"Ich halte es nicht mehr aus"
Eugen Albert, Alt-Bürgermeister von Münnerstadt, über die strenge Zeit in der Klosterschule.
Aus dem Leben eines Klosterschülers in Münnerstadt erzählte Eugen Albert  (links). Leo Pfennig (rechts) übernahm es, ihm als Dank die obligatorische  Tasse zu überreichen. Foto: Dieter Britz       -  Aus dem Leben eines Klosterschülers in Münnerstadt erzählte Eugen Albert  (links). Leo Pfennig (rechts) übernahm es, ihm als Dank die obligatorische  Tasse zu überreichen. Foto: Dieter Britz
| Aus dem Leben eines Klosterschülers in Münnerstadt erzählte Eugen Albert (links). Leo Pfennig (rechts) übernahm es, ihm als Dank die obligatorische Tasse zu überreichen. Foto: Dieter Britz
Dieter Britz
 |  aktualisiert: 18.08.2022 15:25 Uhr

Normalerweise bedankt sich Eugen Albert nach Schluss eines Erzählcafés im Juliusspital beim Referenten und überreicht ihm eine Tasse mit der Aufschrift "Mürschter Erzähl-Café. Der Julius-Kreis des Julius-Spitals". Diesmal waren die Rollen vertauscht: Eugen Albert bekam die Tasse und Stadtrat Leo Pfennig dankte ihm für seinen Vortrag.

Der Altbürgermeister verlor kein Wort über die Kommunalpolitik und seine Zeit als Stadtoberhaupt. Er beschränkte sich ganz auf sein Thema, sein Leben als Klosterschüler in Münnerstadt vor rund sechs Jahrzehnten. "Mit dem Besuch einer Klosterschule sind von Seiten der Eltern auch Erwartungen geistlicher Art verbunden. Ob er das eingehalten hat?", meinte Leo Pfennig bei der Begrüßung der überaus zahlreichen Gäste, die Eugen Alberts Vortrag hören wollten.

"Ich wollte schon immer einmal von der Klosterschule erzählen", begann Eugen Albert und lieferte auch gleich einige Daten über ihre Geschichte: das Gymnasium wurde 1660 gegründet. 1685 wurde dem Augustiner-Orden die schulische Leitung übertragen. 1841 durften nur noch Schüler, die Mönche werden wollten, das Internat besuchen. Die Klosterschule wurde 1885 als Privatschule für Priester und Ordensberufe gegründet und bestand bis 1976. Das Humanistische Gymnasium ist geblieben.

Eugen Albert wuchs in Waldfenster in einer sehr religiösen Familie auf. Sein Vater war Küster, drei Onkel waren Mönche. "Ich war sehr erschrocken, als der Pfarrer mich fragte, ob ich nicht auch Lust hätte, Priester zu werden" gab er zu. Dazu brauchte er natürlich das Abitur, was in Waldfenster nicht ohne Internat möglich war. In den Pfingstferien 1958 musste er drei Tage in die Klosterschule der Augustiner nach Fährbrück zur Aufnahmeprüfung. Er bestand, absolvierte anschließend dort die zweijährige Vorbereitungsschule für das Gymnasium.

Das streng reglementierte Leben dort war kein Zuckerschlecken für einen Buben, der ein relativ freies Leben in einem Rhöndorf gewohnt war. Um 6.15 Uhr ging es mit einem Gottesdienst los. Unterricht, Mittagessen, Freizeit, Studium, Abendessen, Freizeit, Lesezeit, Gebet in der Kapelle, Bettruhe folgten. Nach dem Abendessen durften die Buben nicht mehr miteinander sprechen.

Eugen Albert las besonders gerne Karl May und tat das auch heimlich während des Unterrichts. Er wurde erwischt, da zur Kontrolle Spiegel im Klassenzimmer angebracht waren. Stockschläge auf den Allerwertesten bekam er zur Strafe. Die Patres kontrollierten alle Briefe und Pakete, die die Schüler bekamen oder abschickten. Nach zwei Jahren, als die Vorbereitungsschule in Fährbrück beendet war, konnte Eugen Albert in die Klosterschule nach Münnerstadt wechseln. "Hier ging es offener und toleranter zu, es gab keine Prügelstrafe" schilderte er das Leben dort.

Der Tagesablauf allerdings war wie in Fährbrück streng geregelt. Es gab keinen unbeaufsichtigten Ausgang, dafür aber mehr Freizeit-Angebote. Die Schüler konnten ein Instrument lernen, es gab eine Blaskapelle, eine Jazzband und einen Chor. Auf dem Teerplatz war Sport möglich. Eugen Albert erinnert sich auch noch gut an den Besuch von Karl Kaufmann, der bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom zwei Silbermedaillen, im 400-Meter-Lauf und als Staffelläufer in dieser Disziplin, errungen hatte.

Doch Eugen Albert kam das Leben in der Klosterschule "wie in der Kaserne" vor. Nach dem Ende der Ferien wurde es ihm für ihn immer schlimmer, wieder in die Schule zurückzukehren. "Der Wunsch nach Austritt wurde immer größer" , sagte er. Er schrieb im November 1963 einen Brief an seine Eltern, der im Nachlass seiner Mutter die Jahrzehnte überdauert hat. "Ich halte es nicht mehr aus. Meine Noten sind katastrophal ... Ich habe in Rechnen 5, Griechisch 4 und 5, Latein 6" gestand er und schrieb auch, was er nun wollte: "irgendwo ein Handwerk lernen" und "ich will nichts, nur heim."

Doch es kam anders. Patres besuchten seine Eltern in Waldfenster. Was da besprochen wurde, hat er nie erfahren. Seine Eltern machten ihm auch keine Vorwürfe, sondern er konnte im Sommer 1964 als sogenannter Stadtschüler das hiesige Gymnasium besuchen, wo er später das Abitur ablegte. Zusammen mit einem Kameraden nahm er ein Zimmer in Münnerstadt. Nach der Schule ging es zum Abo-Essen in ein Lokal. Hausaufgaben und Mittagsschlaf folgten. Um 6 Uhr abends trafen sich die Stadtschüler und Gymnasiasten jeden Tag auf dem Marktplatz. In dieser Zeit lernte er auch die junge Anneliese Schmitt kennen. Nächstes Jahr feiern sie goldene Hochzeit.

 
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