"Corona hat mit der Axt zugeschlagen." Michael Bischof, der für Unterfranken zuständige Geschäftsführer der Arbeitgeberverbände der bayerischen Metall- und Elektroindustrie, zeichnete am Dienstag ein martialisches Bild der Branche. Die Verbände hatten im Juli turnusgemäß ihre Mitglieder um eine Einschätzung der Lage gebeten. An der Befragung nahmen 54 Betriebe mit zusammen 41 600 Beschäftigten teil. Ihre Bewertung fiel laut Bischof "so schlecht wie noch nie" aus. Mit Maschinenbau und Automobilzulieferern ist die Metall- und Elektroindustrie einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Unterfranken.
Schon vor Corona in der Konjunkturkrise
Bereits nach der vorherigen Umfrage im Januar, noch vor Ausbruch der Corona-Krise, hatte Ingrid Hunger, die Vorsitzende der Region Main und Spessart, von einer "konjunkturellen Krise" und "strukturellen Herausforderungen" gesprochen.
Mit Blick auf die Ergebnisse der neuen Umfrage sagte die Lohrer Unternehmerin: "Die Rezession hat sich durch die Corona-Krise deutlich verschärft." Für drei von vier Unternehmen sei die Ertragslage in diesem Jahr kritisch, jeder zweite Betrieb erwarte Verluste.
Besonders hart getroffen hat die Metall- und Elektrounternehmen, dass Aufträge aus dem Ausland, vor allem aus von Corona stark betroffenen Ländern, ausgeblieben sind. Daher lagen die Ausfuhren im April um 52 Prozent und im Mai um 43 Prozent unter dem Vorjahr.
Insolvenzen im zweiten Halbjahr befürchtet
"Wenn Märkte einbrechen, leiden wir besonders", sagte Bischof. Nur ganz wenige Segmente und Teilbereiche hätten sich in der Krise behauptet, dazu gehörten beispielsweise Firmen, die Medizintechnik oder für die Fahrradindustrie produzieren.
Zwar bescheinigte Ingrid Hunger der Bundes- und der Staatsregierung, dass sie den Unternehmen in der Krise "schnell, pragmatisch und zielgerichtet geholfen" hätten, doch müsse dies fortgesetzt werden. Gerade der Mittelstand benötige weitere Hilfen.
Die Verbandsvertreterin ging davon aus, dass im zweiten Halbjahr einige Unternehmen Konkurs anmelden könnten. Der Grund: Ende September endet die Regelung, die Firmen vorübergehend von der Pflicht zur Insolvenzanmeldung befreit, wenn ihre Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist.
Jeder zweite Beschäftigte ist in Kurzarbeit
Als Folge davon sei ab Herbst auch mit Entlassungen zu rechnen. Auch mehr als die Hälfte der Betriebe geht inzwischen von einem Stellenabbau aus. Zuletzt war es nur rund ein Drittel. Die Corona-Krise wirke "wie ein Brandbeschleuniger", so Hunger.
Der "massive Einsatz von Kurzarbeit" habe bislang eine Entlassungswelle verhindert: "Wir gehen davon aus, dass jeder zweite Metall- und Elektro-Beschäftigte in Bayern, also knapp 430 000, in Kurzarbeit ist." Hunger sprach sich dafür aus, die aktuellen Kurzarbeitsregelungen "möglichst bis Ende nächsten Jahres" zu verlängern.
Mit der IG Metall habe noch kein Austausch über den Ende 2020 auslaufenden Tarifvertrag stattgefunden, berichtete die Regionalvorsitzende: "Jeder wartet bis zur letzten Minute ab, in welche Richtung es sich entwickelt."
Ein erneuter Lockdown wäre das Schlimmste
Bislang seien die Sozialpartner laut Hummer ihrer Verantwortung gerecht geworden und hätten mit dem im März abgeschlossenen Solidartarifvertrag "einen wichtigen Beitrag" zur Sicherung von Unternehmen und Arbeitsplätzen geleistet.
Immerhin wollen drei von fünf Betrieben ihre Produktion im zweiten Halbjahr erhöhen. Das Niveau vor der Corona-Krise wird die Metall- und Elektroindustrie aber nicht vor 2022 erreichen. Aus Sorge vor steigenden Infektionszahlen sagte Bischof: "Das Schlimmste für die Wirtschaft wären neue Lockdown-Maßnahmen."