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Würzburg
Metall und Elektro: Unterfränkische Betriebe im Jammertal
Der in Unterfranken wichtigen Metall- und Elektroindustrie geht es schlecht. Viele Betriebe steuern heuer offenbar auf Verluste zu. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Die Stimmung in der unterfränkischen Metall- und Elektroindustrie ist schlecht (Symbolbild). Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage des Branchenverbandes bayme/vbm.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Die Stimmung in der unterfränkischen Metall- und Elektroindustrie ist schlecht (Symbolbild). Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage des Branchenverbandes bayme/vbm.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:08 Uhr

Die Metall- und Elektroindustrie (ME) in Unterfranken steckt im Jammertal. "Unsere Unternehmen bewerten die Lage so schlecht wie seit zehn Jahren nicht mehr", sagte die Lohrer Unternehmerin Ingrid Hunger am Freitag in Würzburg. Mit Blick auf die Konjunktur sieht die Regionalvorsitzende (Main und Rhön) im bayerischen Unternehmerverband bayme/vbm die Unternehmen "an einem Scheideweg".

Grundlage ihrer Einschätzung ist die am Freitag vorgelegte turnusmäßige Konjunkturumfrage, an der sich 55 Unternehmen mit zusammen 37 000 Beschäftigten beteiligt haben. Die ME-Industrie mit ihrer Verankerung im Maschinenbau und bei den Autozulieferern ist in Unterfranken mit 93 000 Mitarbeitern einer der bedeutendsten Wirtschaftsbereiche.

Woran ist die Talfahrt der ME-Industrie zu erkennen?

Nach bayme-Angaben geht die Produktion in Bayern seit sechs Quartalen zurück. In den vergangenen Monaten war die Talfahrt vor allem bei den Automobilzuliefern (minus 16 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) eklatant. In Unterfranken mit seinen großen ME-Adressen wie ZF, SKF, Schaeffler (alle Schweinfurt) oder Bosch Rexroth (Lohr) sehe die Lage ähnlich aus, sagte Hunger am Freitag. "Es ist keine Besserung in Sicht."

Gibt sich skeptisch: Ingrid Hunger, Chefin des Hydraulikzylinderwerks Walter Hunger KG in Lohr/Main und Vorsitzende der Regionalgruppe Main-Spessart im Unternehmerverband bayme/vbm.
Foto: Jürgen Haug-Peichl | Gibt sich skeptisch: Ingrid Hunger, Chefin des Hydraulikzylinderwerks Walter Hunger KG in Lohr/Main und Vorsitzende der Regionalgruppe Main-Spessart im Unternehmerverband bayme/vbm.
Wie ist die Stimmung in den ME-Betrieben der Region?

Im zweiten Halbjahr 2019 stuften die Unternehmen ihre Geschäftslage deutlich schlechter ein als im ersten. So lief zuletzt bei nur noch 36 Prozent (Juli: 78) das Inlandsgeschäft gut. Vergleichbar groß ist das Minus, was die Geschäfte im Ausland angeht. Ähnlich mies war die Stimmung zuletzt 2009 gewesen - während der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. "Das sind alles erschreckende Zahlen", urteilte Verbandsvertreterin Hunger.

Welche Folgen hat die Talfahrt in Unterfranken?

Verringerung von Schichten und Arbeitszeiten sowie Stellenabbau - das beispielsweise sind Maßnahmen in den großen ME-Betrieben in Schweinfurt. Bosch Rexroth in Lohr indes setzt auf Kurzarbeit. Der bayme-Umfrage zufolge müssen heuer 33 Prozent (Juli 2019: 5,7) der Unternehmen Arbeitsplätze streichen. Auch in den Bilanzen wird sich die Talfahrt wohl deutlich zeigen: Voraussichtlich 23 Prozent der Firmen werden laut Hunger in diesem Jahr Verluste machen oder gerade so die schwarze Null schaffen.

Welche Faktoren spielen bei der Misere eine Rolle?

Das sind die allseits bekannten: Handelsstreitigkeiten, Brexit und andere politische Unwägbarkeiten in der Welt. Mit Blick aufs Auto spielen aber gerade in der ME-Industrie die Abkehr vom Verbrennungsmotor hin zu alternativen Antriebsarten, die Klimapolitik und die Energiewende eine tragende Rolle. Das ist gut an den Automobilzulieferern ZF und Schaeffler zu erkennen, die sich mittlerweile mit Hochdruck mit Elektroautos und autonomem Fahren auseinandersetzen.

Die Lage in der ME-Industrie ist scheinbar widersprüchlich. Warum?

Weil auf der einen Seite die Aufträge und die Produktion im Keller sind, weil Stellen abgebaut werden, weil auf der anderen Seite aber viele Unternehmen händeringend nach Fachkräften suchen. So sehen laut der bayme-Umfrage 13 Prozent der unterfränkischen Betriebe ihre Geschäfte als "erheblich behindert" an, weil passende Arbeitskräfte fehlen. Nach den Worten des unterfränkischen bayme-Geschäftsführers Michael Bischof versuchten Firmen, ihr Fachpersonal oft bis zur Schmerzgrenze zu halten, um in besseren Zeiten nicht ohne dazustehen. Dass die Zeiten nicht ewig schlecht bleiben, davon ist Bischof überzeugt. "Vor Ende 2020" sei eine Besserung aber nicht in Sicht, ergänzte Hunger.

 
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