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Würzburg/Schweinfurt
Wie heftig die Corona-Krise Mainfrankens Wirtschaft trifft
Dass die Corona-Krise die Unternehmen in ein epochales Tief reißt, ist seit Wochen klar. Nun liegen Umfragedaten für Mainfranken vor, die zeigen: Es geht ans Eingemachte.
Die Wirtschaft in Deutschland leidet unter der Corona-Krise. Das Schlimmste steht offenbar noch bevor – auch in Mainfranken.
Foto: Patrick Pleul, dpa | Die Wirtschaft in Deutschland leidet unter der Corona-Krise. Das Schlimmste steht offenbar noch bevor – auch in Mainfranken.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:56 Uhr

Die Stimmung in der mainfränkischen Wirtschaft ist im Keller. Die Corona-Krise der vergangenen Wochen hat das Geschäftsklima auf ein Tief gedrückt, das vergleichbar ist mit jenem nach der Finanzkrise im Jahr 2009. Dies geht aus der turnusmäßigen Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt hervor, an der sich 300 Unternehmen beteiligten.

Demnach rutschte der Konjunkturklima-Index von 113 Punkten zu Jahresbeginn auf nun 84 Punkte ab. Vor einem Jahr hatte er noch bei 122 Punkten gelegen, vor zwei Jahren bei 133. Mit dem Index will die IHK ausdrücken, wie die Unternehmen sowohl ihre Lage einschätzen als auch ihre Zukunft sehen.  

"Die Folgen des Lockdowns in Deutschland und den wesentlichen internationalen Handelspartnern schlagen massiv auf die laufenden Geschäfte der mainfränkischen Unternehmen durch", sagt Elena Fürst zu den Zahlen. Die IHK-Referentin für Konjunktur und Statistik sieht bei der Bewertung der Umfrage zudem, dass "die Verunsicherung über die weitere Entwicklung aktuell äußerst groß ist".

Mit Blick auf die Schlagzeilen der vergangenen Wochen war das zu erwarten. Dennoch sprechen die am Montag vorgelegten Zahlen eine schonungslose Sprache. So bezeichnen nur noch 64 Prozent (Vorjahr: 93) der von der IHK befragten Unternehmen ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend. 18 Prozent (Vorjahr: 23) rechnen derzeit mit einer Verbesserung, 39 Prozent (Vorjahr: 19) gehen von einer Verschlechterung aus.

Wie es im Handwerk aussieht

Kaum anders ist die Stimmung mittlerweile im Handwerk der Region. Die Corona-Pandemie habe die Betriebe schon im März "bei voller Fahrt ausgebremst", hieß es auf Anfrage am Montag von der Handwerkskammer für Unterfranken. Viele Betriebe seien innerhalb kurzer Zeit in eine existenzbedrohende Lage gebracht worden.

Diese Wucht überrascht, denn zu Beginn der Krise zeichnete sich das Handwerk durch ein gutes und damit abfederndes Polster an Aufträgen aus. Das ist nun offenbar aufgebraucht: Im bislang blühenden Bau- und Ausbaugewerbe zum Beispiel deute sich an, dass die "gute Auftragslage nachlässt", so die Kammer.

Hatten Mitte 2018 noch 96 Prozent der Handwerksbetriebe in Unterfranken angegeben, dass ihre Geschäfte gut oder befriedigend laufen, so sind es jetzt nur noch 81 Prozent. Dieser Wert ist im Vergleich zum Jahresende 2019 außergewöhnlich stark gesunken –ein offensichtliches Zeichen der Corona-Krise.

Kaum noch neue Aufträge

Die Betriebe spüren nach Angaben der Handwerkskammer zurzeit vor allem die Zurückhaltung der Kunden. Sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich gehen die Aufträge zurück. Erst war da ein dickes Polster, jetzt kommt kaum noch was nach.

Ähnlich sieht es in der mainfränkischen Industrie aus, die von der Metall- und Elektrobranche geprägt ist. So wies zuletzt der Schweinfurter Standortleiter des Automobilzulieferers ZF, Hans-Jürgen Schneider, darauf hin, dass gerade die ausgedünnte Kundennachfrage die größte Herausforderung für sein Unternehmen sei. Parallel dazu ergab die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage, dass gerade in Industrie und Baugewerbe die Aussichten besonders düster sind.

Auch wenn es die Unternehmer wenig trösten mag: Mainfranken steht damit nicht allein. So teilte das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mit, dass der Sturzflug der Wirtschaft im ersten Vierteljahr 2020 ähnlich heftig war wie jener nach der weltweiten Finanzkrise 2008/2009. Die aktuelle Rezession sei die zweitstärkste seit der deutschen Wiedervereinigung vor 30 Jahren.

Wie heftig die Corona-Krise Mainfrankens Wirtschaft trifft
Foto: dpa-infografik GmbH

Ökonomen rechnen damit, dass das Schlimmste noch kommt: Das zweite Vierteljahr dürfte noch schlechter ausfallen, heißt es aus dem Statistischen Bundesamt. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ging das Bruttoinlandsprodukt als Indikator für die Wirtschaftsleistung in der Republik zwischen Januar und März um 2,2 Prozent zurück. Experten rechnen damit, dass dieses Minus bald bei 14 Prozent liegen wird. Die Bundesregierung erwartet deshalb die schwerste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg.

Wie sehr die Wirtschaft schon jetzt in den Seilen hängt, zeigt auch diese Zahl: Allein im April beantragten in Mainfranken 7000 Unternehmen für 94 000 Menschen Kurzarbeit, teilte die IHK in Würzburg mit. Das sei ein Viertel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Region.  Jeder dritte Betrieb sehe sich wegen der Corona-Krise gezwungen, Arbeitsplätze zu streichen. Elena Fürst von der IHK ist sich deshalb sicher: "Wir werden die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch auf dem bislang äußerst robusten mainfränkischen Arbeitsmarkt sehen."

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