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Würzburg/Schweinfurt
Corona: Gewerkschaften befürchten Schlimmes für Mainfranken
Die Folgen der Corona-Krise werden heftig für die Wirtschaft in der Region. Das behaupten führende Gewerkschafter. Wie sie die Lage einschätzen und was sie fordern.
Geht der Ofen bald aus? Die Wirtschaft in Mainfranken steht in Folge von Corona jedenfalls vor einer dicken Krise, behaupten Gewerkschafter.
Foto: Thomas Obermeier (Symbolbild) | Geht der Ofen bald aus? Die Wirtschaft in Mainfranken steht in Folge von Corona jedenfalls vor einer dicken Krise, behaupten Gewerkschafter.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:54 Uhr

Die führenden Gewerkschaften in Unterfranken haben sich in die Reihe jener Mahner gestellt, die verheerende Folgen der Corona-Krise für die regionale Wirtschaft befürchten. Das wurde am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz des Deutschen Gewerkschaftsbundes sowie der angeschlossenen Gewerkschaften IG Metall, Verdi und NGG in Würzburg deutlich.

So sprach Peter König von Verdi davon, dass im Handel "die Krise erst noch kommt". Dass das wohl generell für Mainfrankens Unternehmen gilt, hatte bereits im Mai die Industrie- und Handelskammer (IHK) in einer Umfrage herausgefunden. Kernaussage: Die Stimmung in der Wirtschaft ist extrem tief im Keller.

König will beobachtet haben, dass gerade im Einzelhandel die Not besonders groß ist. Dort könnten manche Beschäftigte trotz Kurzarbeitergeld nicht einmal mehr Fixkosten wie Miete bezahlen. Solche Fälle "haben wir leider sehr viele".

Schweinfurts IG-Metall-Geschäftsführer Peter Kippes sieht die Corona-Krise als eine Art Brandbeschleuniger. Zum einen habe die Auto- und Metallindustrie schon vor Corona geschwächelt, zum anderen befinde sich die Autobranche im Wandel weg vom Verbrennungs- hin zum Elektromotor. Es gelte nun, so viele Jobs wie möglich zu halten.

Kippes sieht unter den großen Industrieadressen in Schweinfurt die eher im klassischen Metallbereich agierenden Betriebe wie SKF, Schaeffler und Bosch-Rexroth mit zusammen etwa 12 000 Beschäftigten noch nicht so tief im Schlamassel stecken wie etwa den Autozulieferer ZF mit rund 9000 Mitarbeitern. Der Konzern, bei dem Kippes im Aufsichtsrat sitzt, habe derzeit "eine enorme Nachfrageschwäche". 

Was die IG Metall zu ZF in Schweinfurt meint

In der Tat war ZF-Vorstandschef Wolf-Henning Scheider Ende Mai mächtig auf die Bremse getreten. In einem Brandbrief an die Belegschaft in aller Welt hatte er den Abbau von 15 000 Stellen angekündigt, ungefähr die Hälfte davon in Deutschland.

Kippes nannte Scheiders Brief am Donnerstag "konzeptlos". Den ZF-Standort Schweinfurt mit dem Konzernzentrum für Elektromobiliät sieht er allerdings weniger in Gefahr als andere in Deutschland. "Wir wissen, wie wichtig wir für ZF sind." Wie viele Jobs ZF in Schweinfurt streichen will, sei nicht bekannt, so Kippes.

Nach Darstellung von Unterfrankens DGB-Geschäftsführer Frank Firsching zeigt sich in der regionalen Wirtschaft "die Dramatik der Situation" in Folge von Corona vor allem bei der Kurzarbeit, weniger bei der Zahl der Arbeitslosen. So hätten seit März 9610 Betriebe für mehr als 124 000 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet, sagte Firsching unter Berufung auf Zahlen der Agenturen für Arbeit. Auch wenn nicht in allen Fällen tatsächlich Kurzarbeit in Anspruch genommen wurde, seien das Rekordwerte.

NGG: Es wird eine Pleitewelle geben

Dunkle Wolken am Himmel sieht auch der regionale Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Ibo Ocak. Im Herbst "erwarten wir eine Pleitewelle". Das deckt sich mit dem, was das ifo-Institut am Montag verkündete: In Deutschland sei in den kommenden Monaten wegen der Corona-Folgen mit einer deutlichen Zunahme der Insolvenzen zu rechnen. Am meisten gefährdet seien unter anderem Hoteliers und Gastwirte.

Die vier unterfränkischen Gewerkschafter waren sich am Donnerstag einig, dass manches Unternehmen Corona als Vorwand nutze, um sowieso geplante Einschnitte vorzunehmen. Schließlich gehe es in den Debatten immer nur um Kostensenkung und Personalabbau, sagte Verdi-Vertreter König. 

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In der aktuell heiklen Zeit sieht DGB-Geschäftsführer Firsching diese Kritik philosophisch: "Eine Gesellschaft, die nur die Renditeerwartungen irgendwelcher Leute beachtet, hat ihren Zenit überschritten." Mit Blick auf die kommenden Tarifrunden erkenne er nicht, dass Gewerkschaften und Unternehmen an einem Strang ziehen.

Das im Mai vom bayerischen Arbeitgeberverband vbw vorgelegte 11-Punkte-Programm zur Stärkung der Wirtschaft, das unter anderem flexiblere Arbeitszeiten vorschlägt, sieht Firsching kritisch. Das seien Unternehmerwünsche "aus der Zeit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts".

 
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