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LESERANWALT
Wider den Vorwurf, Redaktionen würden Meinungsfreiheit einschränken
Meinungs- und Pressefreiheit       -  Wo sich Meinungs- und Pressefreiheit begegnen...
| Wo sich Meinungs- und Pressefreiheit begegnen...
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:19 Uhr

Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind unerlässlich in einer Demokratie. Sie sind deshalb vom Grundgesetz im Artikel 5 geschützt. Ich sehe aber einen Anlass, erklärend darauf einzugehen. Allzu häufig wird von Kritikern nämlich unterstellt, dass Medien, also auch diese Zeitung, Meinungsfreiheit beschneiden oder einschränken würden. Meist wird das dann behauptet, wenn die Veröffentlichung eines Leserbriefes abgelehnt oder im digitalen Forum des Mediums eine Kommentierung gekürzt, gelöscht oder nicht zur Veröffentlichung freigeschaltet worden ist.

 

Die Begegnung

Hier begegnen sich dann die Freiheit der Meinungsäußerung und die der Presse. Meinungsfreiheit oder „Meinungsäußerungsfreiheit“ gilt für alle. Sie ist das subjektive Recht auf freie Rede sowie freie Äußerung der Meinung. Diese kann sowohl in Schrift, Wort, Bild oder anderen Übertragungsmitteln erfolgen. Allerdings dürfen – etwa durch Beleidigung oder üble Nachrede – keine bestehenden Gesetze verletzt werden.

 

Es geht um Unabhängigkeit

Verbreitet nun ein Medium, eine Zeitung, ein TV- oder Rundfunksender, eine Meinung nicht, die von außen übergeben worden ist, so ist diese Ablehnung durch die Pressefreiheit gedeckt. Hätte ein jeder einen gesetzlichen Anspruch darauf, seine Ansicht in journalistischen Medien kund zu tun, so wäre das schon technisch schwerlich nachvollziehbar. Vor allen Dingen aber würde damit aber die Pressefreiheit empfindlich getroffen. Die Unabhängigkeit der Redaktionen wäre erheblich eingeschränkt. Deshalb muss es der freien Entscheidung von Redaktionen vorbehalten bleiben, was sie in ihrer Verantwortung veröffentlichen und was nicht. Ethische Hinweise für Leserzuschriften gibt den Redaktionen der Kodex des Deutschen Presserates.

 

Das sollte auch die Geschichte lehren

Von redaktionellen Ablehnungen betroffenen Personen bleibt ihre Meinungsfreiheit erhalten. Sie können ihre Ansichten sonst fast überall frei verbreiten, mindestens dort, wo sie selbst die Verantwortung dafür übernehmen – sei es in weiten Teilen des Internets, Gesprächen, bei Demonstrationen oder in eigenen Publikationen. Pressefreiheit schützt aber den Journalismus als unabhängige Kraft vor Zugriffen von außen, schützt also auch vor staatlichen, parteipolitischen Eingriffen, etwa vor Zensur. Gerade deswegen gilt er in einem freiheitlichen Staatswesen als konstituierend. So hat es das Bundesverfassungsgericht wiederholt betont. Und so sollte es auch die Geschichte unseres Landes lehren.

 

Gegenseitige Stärkung

Meist gibt es sachliche Gründe, wenn Redaktionen Meinungsäußerungen zurückweisen: Sie können zu umfangreich oder von beleidigender Diktion sein. Es können auch schon genug gleichlautende Ansichten veröffentlich worden sein.

Im Idealfall fließen die Freiheit der Meinungsäußerung und die Pressefreiheit ineinander und stärken sich gegenseitig. Zumal Freiheiten und Privilegien der Presse stellvertrend für alle bestehen und wahrgenommen werden sollen.

Ergänzende Leseranwalt-Kolumnen:

"Trotz Kürzung: Kern der Nachricht blieb" (2018)

"Keine mildenden Umstände für ängstlichen Leser" (2018)

"Diskussionsmüll vermeiden" (2018)

"Der verbrämte Nazi-Vergleich" (2018)

"Versuchte Einschüchterung" (2018)

"Es gibt neben Pressefreiheit auch eine Freiheit von der Presse" (2015)

"Windkraftgegner erwartet Ablehung der Werbung von Windkraftbetreibern" (2009)

"Redakteure müssen den Einsatz des Rotstiftes beherrschen" (2010)

"Interessensgruppen haben keinen Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen" (2015)

"Bedürfnisse der Menschen müssen an die Politiker herangetragen werden" (2013)

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch www.vdmo.de

 
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