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LESERANWALT
Es gibt neben Pressefreiheit auch eine Freiheit von der Presse
Symbolbild Grundgesetz
Foto: Patrick Seeger / dpa | Symbolbild Grundgesetz
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 13.02.2016 03:55 Uhr

Ein Würzburger Leser, der die Zeitung abbestellt hat, überraschte die Redaktion mit einem vieldeutigen Satz. Er lautet:

Meiner Meinung nach ist die Freiheit von der Presse inzwischen genau so ein hohes Gut wie die Pressefreiheit, nur ohne Lobby.

Diese Güterabwägung ist eigentlich nicht der Erwähnung wert, weil sich bei uns schon immer jeder frei für oder gegen Medien entscheiden konnte. Deshalb gibt es eine Freiheit von der Presse, ohne dass dafür ein eigenes Gesetz geschrieben werden muss. Diese Freiheit nutzt schließlich auch der Abbesteller. Aus diesem Grund fürchte ich, dass der damit mehr sagen will. Und dem begegne ich vorbeugend.

Beschränkung der Medienfreiheit?
Man kann seinen Satz nämlich so verstehen, dass er damit ins Grundgesetz, Artikel 5, eingreifen möchte, etwa durch die Einschränkung der Medienfreiheit. Es könnte sein, dass er sich davon eine Befreiung von unliebsamen Ansichten verspricht. Dazu habe ich in meiner Antwort bei ihm nachgefragt. Auf eine Antwort warte ich. Ich gebe aber schon eine.

Schwächung der Meinungsfreiheit
Jede Beschränkung der Pressefreiheit wäre auch eine indirekte Schwächung der Meinungsfreiheit, weil deren kraftvollste Stimme dadurch behindert würde. Und das alles nur, weil man andere Ansichten vertritt als die in dieser Zeitung verbreiteten? Schreibt doch der Abbesteller:

Ich will auf keinen Fall ein Blatt weiter mitfinanzieren, über dessen lokaler Meinungsmache ich mich fast täglich seit fast zwanzig Jahren ärgern muss.

Bei allem Respekt vor seiner Ausdauer, das muss er nicht.

Stellvertretend für Bürger
Für einen Eingriff in die Unabhängigkeit von Medien gibt es aber Gott sei Dank tatsächlich keine erkennbare Lobby. Aber Jedermann darf – so wie er – sogar die Wirkung des Grundgesetzes in Frage stellen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit gestattet ihm das. Diese Freiheit gibt es als hohes Gut neben der Pressefreiheit schon immer. Niemand muss andere Ansichten übernehmen, auch nicht aus der Presse.
Dass es so bleibt, wie es ist, kommt allen Menschen zugute. Medien nehmen eine Wächterrolle darüber und über die Regierenden wahr – stellvertretend für die Bürger. Das ist in der Kommune ebenso wie in der Bundespolitik.

Die Diskussion suchen
Das bedeutet nicht, dass Journalisten fehlerfrei sind. Schlechte Meinungsbeiträge schreiben sie zuweilen auch. Dagegen sollte man hierzulande offen argumentieren. Die Diskussion suchen. In totalitären Staatswesen geht das nicht. Dort sind weder Medien noch Meinung frei. Deshalb: Wer freie Medien nutzt, stärkt Demokratie. Wer über ihre Inhalte diskutiert, tut das ebenfalls.
Höchste Gerichte in diesem Lande sagen kaum etwas anderes. Das immer wieder. So war vielleicht auch dieser Beitrag nicht überflüssig.


Anton Sahlender, Leseranwalt

Ich werde in den nächsten drei Wochen als Leseranwalt nicht erreichbar sein.
Danach bin ich wieder für Sie da.

 
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Kommentare
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  • glaubt-nicht-alles
    Also ich sehe das so: Dem zitierten ehemaligen Leser gefällt die MainPost so sehr nicht mehr, dass er sich die Freiheit nimmt, sie nicht mehr zu lesen. Ob das bereits Freiheit von der "Presse" ist, wage ich zu bezweifeln, denn "die" Presse ist die MainPost sicher nicht; sie ist ein Regionalblatt, das meiner Beobachtung nach vorwiegend für regionale Interessen - incl. Regionalsport - gelesen wird (die große Politik lassen wir uns von anderen (Medien) erklären..). So schlicht und einfach ist das, zumindest meiner Meinung nach.
    So, und jetzt nehme ich mir ein paar Tage lang ganz persönlich die "Freiheit" von "meiner" Main Post (auch im Netz). Ob ich die verpassten Ausgaben dann nachlese weiß ich noch nicht; erfahrungsgemäß ist dann doch bereits wieder alles ein - sorry - alter Hut und nicht mehr interessant, außer vielleicht den Familienanzeigen. good lugg...
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