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LESERANWALT
Leseranwalt: Wie die Interaktion mit Lesern in der Zeitung verbessert werden kann
Ein Leserbrief, in dem der Redaktion ein Fehler vorgeworfen wird, erfordert eine Reaktion. Über ein "Stöckchen" muss dabei nicht gesprungen werden.
Leseranwalt: Wie die Interaktion mit Lesern in der Zeitung verbessert werden kann
Foto: Sven Hoppe, dpa
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 25.06.2023 03:06 Uhr

Kommunikation zwischen Leserinnen und Lesern und Redaktionen bleibt, anders als im Internet, in Zeitungen naturgemäß vorwiegend einseitig. Eigentlich schade, weil der spontane Meinungsaustausch demokratische Diskurse fördern kann. Spontanität ist zuweilen sogar nötig, weil Diskussionen in der digitalen Welt die Betrachtung von Themen immer schneller vorantreiben. Schnelligkeit sagt aber nichts über die Qualität. Wie auch immer, Interaktionen werden vom aufwändigen Herstellungs- und Verbreitungsweg von Zeitungen gebremst.

Verbesserung der Interaktion zu Leserbriefen

Dennoch bedürfen Interaktionen und offene Dialoge auch für Zeitungen im Rahmen ihrer Möglichkeiten der Pflege und ständiger Verbesserung. Es gibt keinen Grund, sie alleine den digitalen Medien zu überlassen. Zumal Zeitungen durch Qualität überzeugen können. Jedenfalls kann es sichtbar zu direkten Dialogen kommen.

Ich meine dabei weniger die Artikel, die aktuell gesellschaftliche und politische Diskurse öffentlich abbilden oder die aus Umfragen zitierten Meinungen und Wünsche einzelner Personen. Nicht zum ersten Mal erinnere ich aber an relevante Verbesserungen bei den Leserbriefen. Hier  haben Leserinnen und Leser schließlich selbst das Wort, obwohl der Ausgangspunkt dafür meist ebenfalls vorausgegangene Artikel bleiben müssen.

Antworten für Transparenz und zur Erklärung von Hintergründen

Wie kommt es da zum Austausch? Gelegentlich sprechen Leserbriefe die Redaktion auf Fehler an. Oder sie stellen Fragen. Wenn die veröffentlicht werden, ist dass doch wie ein für alle sichtbarer Aufruf an Redaktionen, drauf zu reagieren.

Genau das erwartet eine interne Regelung der Main-Post bei  Zuschriften, auch in Print. Die gilt für Redaktionen wann immer sie mit direkten Antworten unter Briefen Transparenz schaffen, Antworten geben oder Hintergründe erklären können. Einschränkend ist festgehalten, man springe „nicht über jedes Stöckchen“, lasse sich nicht provozieren. Auch das ist nachvollziehbar.

Erforderliche Antwort der Redaktion auf einen Leserbrief ist ausgeblieben

Auf diese interne Regelung zu Leserbriefen weise ich gerne hin. Sie kann sonst leicht mal vergessen werden. Ich nenne ein Beispiel: Am 22.3. habe ich eine erforderliche direkte Antwort unter einem Leserbrief in der Zeitung vermisst. Darin bezeichnet es der Absender (laut eigenem Faktencheck) als nicht mehr zutreffend, dass unter einem Foto am 14.3. als Sitz von Jehovas Zeugen (JZ) New York genannt ist. Mit dieser Fehler-Behauptung des Absenders ließ die Redaktion die Leserschaft aber alleine - bis heute.

Die Frage zur Zuverlässigkeit des Artikels

Im angesprochenen Brief ist von „falsch abgeschrieben“ und von „schlechter Recherche“ die Rede und die Frage gestellt: „Was sagt das über die Seriosität eines Artikels aus, wenn diese doch eher einfach zu recherchierende und eher unbedeutende Information schon falsch ist?“

Ich meine, dass das ziemlich wenig über Zuverlässigkeit des angesprochenen Beitrages aussagt. Das Bild samt Unterzeile war wirklich belanglos, war reine Illustration. Für den Artikel hat der weltweite Hauptsitz der JZ keine Rolle gespielt.

Das "Stöckchen", über das nicht gesprungen werden muss

Die Frage nach der Seriosität spitzt die Kritik am Artikel arg zu. Das erkennt man gleich als eines jener "Stöckchen", über das die Redaktion nicht springen muss. Dennoch bleibt der Fehler-Vorwurf unbeantwortet bestehen.

Aber zur Antwort darauf verpflichten gerade im vorliegenden Fall auch der Pressekodex, siehe Ziffer 3 und die journalistischen Leitlinien der Main-Post. Denn falsche Tatsachen müssen korrigiert werden, wenn sie als solche entdeckt werden. Und tatsächlich erkenne auch ich: der JZ-Sitz befindet sich nicht mehr in der Stadt New York. Betrachten Sie das nun als eine von mir nachgeholte erforderliche Richtigstellung. Und ich bedauere, dass die Chance zur direkten Interaktion ungenutzt blieb.

Auch belanglose Fehler dürfen nicht stehen bleiben

Bleiben wir bei der angestrebten Kommunikation und ihrer Bedeutung. Wegen der größeren  Schnelligkeit, dränge ich keine Leserbrief-Schreiberinnen und -Schreiber in die Foren von mainpost.de. Für flotte, aber korrekte Dialoge mit der Redaktion bleiben noch immer eine Reihe klassischer Kommunikationsmittel. Bevorzugt werden da E-Mails. In eigener Sache biete ich mich als Leseranwalt an.

Aber Verpflichtung für alle bleibt, auch belanglose Fehler nicht stehen und sich dadurch ungestört vermehren zu lassen. Egal ist, wer im engen Verbund der Redaktionen von Augsburger Allgemeine und Main-Post zuständig ist. Die rechtliche Verantwortung weist das Impressum für die Zeitung aus, in welcher der Beitrag erschienen ist.

Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.

Weitere Leseranwalt-Kolumnen zum Thema:

2017: "Zeit für Gespräche mit dem Publikum nehmen"

2017: "Ein Eingeständnis wäre gut gewesen"

2018: "Journalisten sollten nicht nur zu Ihnen reden, sondern auch mit Ihnen"

2018: "Leserbriefschreiber nicht auf Fragen sitzen lassen"

2018: "Leserbriefe stärken den demokratischen Diskurs"

2020: "Journalisten sollen ihre Arbeit reflektieren"

2022: "Wer in der Redaktion verantwortlich ist für einen reißerisch wirkenden Titel"

 
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