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Der Leseranwalt: Journalisten sollten nicht nur zu Ihnen reden, sondern auch mit Ihnen
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 01.02.2018 03:07 Uhr

Ein Bedürfnis, mehr mit Journalisten zu diskutieren, nehme ich zuweilen wahr. Dazu sollte es häufiger kommen, wenn es nach der Forschung geht. Die signalisiert wieder verstärktes Interesse daran zu untersuchen, wie das Publikum den Journalismus wahrnimmt. Es geht also auch um Empfindungen von Leserinnen und Leser dieser Zeitung.

Zu dem allzeit wichtigen Thema führt mich das Europäische Journalismus Observatorium mit einem aktuellen Beitrag. „Die Kluft zwischen Journalisten und Publikum“, lautet die Überschrift. Autor ist Thomas Schmidt, der in den USA an der University of Oregon forscht und lehrt.

Besteht für Sie eine Kluft hin zu Journalisten der Main-Post? So könnte ich hier nachfragen. Unterschiedliche Antworten wären wahrscheinlich. Die entstehen aus ihren Erwartungen und Erfahrungen. Und dann aber aus dem Abgleich, ob die Erwartungen mit den Erfahrungen übereinstimmen. Das meint Schmidt nach Studien in den USA.

Frage man dort im direkten Gespräch, was Menschen vom Journalismus erwarten, laute die Antwort häufig: Fakten. Aber als tatsächliche Erfahrungen berichteten dann viele, Nachrichten seien zu parteiisch, zu aufsehenerregend und zu oberflächlich. Auf die Frage nach Erklärungen erfahre man häufig: Journalisten seien oft zu arrogant und abgehoben. Einer habe es auf den Punkt gebracht: „Die Journalisten reden zu uns, aber nicht mit uns.“

Unterschiede zum Publikum zeigen sich auch im Rollenverständnis: Journalisten sehen sich als Aufpasser in der Politik und Wächter der Demokratie. Das hat ihnen das Bundesverfassungsgericht in Deutschland mehrfach zugesprochen. Und auch das US-Publikum gestehe das zu. Doch in der US-Studie wünschen sich Leute in den USA bei Qualitäten und Rollenbildern von Journalisten beispielsweise auch die Verlässlichkeit eines Apothekers, die Aufmerksamkeit eines Barkeepers und die Hilfsbereitschaft des Nachbarn.

Verallgemeinern lasse sich das nicht, räumt Schmidt ein. Aber auf den Wunsch nach mehr Transparenz und Authentizität, sowie nach Demut und Bereitschaft zur Interaktion könne das hindeuten.

Daraus ergeben sich Anhaltspunkte für eine Diskussion darüber, wie Journalisten und ihre Redaktionen ihr Verhältnis zum Publikum zu beiderseitigem Nutzen neu definieren könnten. Da geht es um die gesellschaftliche Bedeutung des Journalismus in Zeiten medialer Unübersichtlichkeit und wachsender Konkurrenz mit anderen Medienangeboten.

Deshalb sei ein Ziel für 2018: Trotz Konkurrenz und Veränderungsdruck Zeit nehmen zu Gesprächen. Gerne vermittle ich dabei.

Online: mainpost.de/9827625

 
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  • H. F.
    Die Hauptaufgabe eines Journalisten besteht in der möglichst objektiven Information des Lesers durch Nachrichten und Recherchen.
    Leider ist seit 2015 verstärkt zu beobachten, dass viele Journalisten in die Rolle des Volkserziehers geschlüpft sind, die uns die "Segnungen" der Willkommenskultur mit aller Macht aufzwingen wollen.
    Nachricht und Kommentar werden dabei teilweise munter durcheinander gemischt. Gelogen wird zwar selten, weshalb ich das Wort "Lügenpresse" für nicht angebracht halte, aber dafür wird munter weggelassen vertuscht und beschönigt. Ein Beispiel: Warum hat sich kein Journalist der "Qualitätspresse" bislang die Mühe gemacht, die Kriminalstatistik nach Herkunftsländern zu differenzieren ? Das Ergebnis ist übrigens mehr als eindeutig. Oder darf das der Bürger nicht erfahren ?
    Unsere Lückenpresse scheint nach dem Motto zu arbeiten: " Es kann nicht sein, was nicht sein darf".
    So gewinnt man die verlorene Glaubwürdigkeit aber nicht zurück.
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    • Antworten
  • A. S.
    Danke, @HF2017, für den richtigen Hinweis auf eine journalistische Hauptaufgabe. Zur Frage nach Herkunftsländern aus der Kriminalstatistik: Es gibt dazu Beiträge, etwa die hier aus der Süddeutschen Zeitung. Der Link: http://www.sueddeutsche.de/panorama/exklusiv-mehr-gewaltkriminalitaet-durch-mehr-zuwanderer-1.3811192
    Auch die Main-Post, die wie alle seriösen Medien den Artikel 3 GG achtet, hat differenziert über den Anstieg von Gewaltkriminalität erst am vergangenen Donnerstag berichtet.
    Was Sie unter „vertuschen“ und „beschönigen“ einordnen, sollen Sie an Beispielen (am besten stets aktuell) aufzeigen. Sonst kann ich auf den Vorwurf nicht sachlich eingehen.
    Wenn Nachrichten und Kommentar durcheinander gemischt werden ist das zulässig, wenn dabei immer deutlich bleibt, was Nachricht und was Kommentar ist. Auch hier gilt: Bitte gleich ansprechen, wenn das aktuell nicht gelungen ist.
    Danke für Ihre Meinung („Volkserzieher“), die ich als solche respektiere.
    Anton Sahlender, Leseranwal
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  • A. S.
    Danke, @HF2017, für den richtigen Hinweis auf eine journalistische Hauptaufgabe. Zur Frage nach Herkunftsländern aus der Kriminalstatistik: Es gibt dazu Beiträge, etwa die hier aus der Süddeutschen Zeitung. Der Link: http://www.sueddeutsche.de/panorama/exklusiv-mehr-gewaltkriminalitaet-durch-mehr-zuwanderer-1.3811192
    Auch die Main-Post, die wie alle seriösen Medien den Artikel 3 GG achtet, hat differenziert über den Anstieg von Gewaltkriminalität erst am vergangenen Donnerstag berichtet.
    Was Sie unter „vertuschen“ und „beschönigen“ einordnen, sollen Sie an Beispielen (am besten stets aktuell) aufzeigen. Sonst kann ich auf den Vorwurf nicht sachlich eingehen.
    Wenn Nachrichten und Kommentar durcheinander gemischt werden ist das zulässig, wenn dabei immer deutlich bleibt, was Nachricht und was Kommentar ist. Auch hier gilt: Bitte gleich ansprechen, wenn das aktuell nicht gelungen ist.
    Danke für Ihre Meinung („Volkserzieher“), die ich als solche respektiere.
    Anton Sahlender, Leseranwal
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