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Bad Kissingen
(Teil-)Happyend im Bad Kissinger Orchesterstreit: Stifterin bekommt Cello zurück
Karoline Ziegert hat das Cello ihres verstorbenen Vaters wiederbekommen. Damit ist ein weiteres Kapitel abgeschlossen. Eine nicht ganz unwichtige Frage ist allerdings noch offen.
'Nun kommt die Seele wieder nach Hause': Karoline Ziegert hat das von ihr gestiftete Cello wieder zurückbekommen. Im Hintergrund die berühmte Kissinger Konzertmuschel, in der es eigentlich hätte erklingen sollen.
Foto: Mathias Wiedemann | "Nun kommt die Seele wieder nach Hause": Karoline Ziegert hat das von ihr gestiftete Cello wieder zurückbekommen. Im Hintergrund die berühmte Kissinger Konzertmuschel, in der es eigentlich hätte erklingen sollen.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 21:02 Uhr

Die Übergabe im Oktober 2020 hatte noch auf der Bühne der Wandelhalle vor Publikum und Presse stattgefunden, die Rückgabe gut anderthalb Jahre später verlief weitaus nüchterner, Presse war nicht zugelassen: Karoline Ziegert aus Saarlouis hatte der Staatsbad Philharmonie Bad Kissingen das Cello ihres verstorbenen Vaters gestiftet. Nun hat sie es wieder zurückbekommen.

Ziegert hatte die Forderung der Rückgabe im November erhoben. Nach einigem Schriftverkehr zwischen den Anwälten beider Seiten hat die Staatsbad GmbH das Cello zurückerstattet. Laut Schenkungsvertrag wäre sie dazu nicht verpflichtet gewesen. Warum sie es dennoch tat, darüber schweigt sie: "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir zu Vertragsangelegenheiten grundsätzlich keine Auskünfte erteilen", heißt es auf Anfrage.

Für Karoline Ziegert jedenfalls ist die glückliche Heimkehr des Cellos so etwas wie ein (Teil-)Happyend im Kissinger Orchesterknatsch, der im vergangenen Jahr bundesweit für einigen Wirbel gesorgt hatte. Nach monatelangem Arbeitskampf für bessere Arbeitsbedingungen, etlichen Aktionen und großer Unterstützung durch andere Orchester, hatte sich der Großteil der Mitglieder der Staatsbad Philharmonie Ende Oktober überraschend gegen seinen Leiter gestellt und sich mit der Staatsbad GmbH auf neue Verträge geeinigt.

Für manche Fans war die Staatsbad Philharmonie zwingend mit der Person Tölkes verbunden

Eine Woche später war Orchesterleiter Burghard Tölke entlassen worden. Für Karoline Ziegert und einige weitere Musikfreunde, darunter auch Stammgäste von auswärts, ging damit eine Phase der Begeisterung zu Ende. Für sie war der qualitative Aufstieg des Orchesters zwingend mit der Person Burghard Tölke verbunden. Für sein Projekt eines Salonorchesters auf Topniveau hatten sie Sponsoren an Land gezogen, Konzerte vermittelt und eben auch Instrumente gestiftet.

Beim Musiker-Flashmob am 10. August 2021 solidarisierten sich 50 Orchestermusikerinnen und -musiker aus ganz Bayern mit den Forderungen der Staatsbad Philharmonie.
Foto: Silvia Gralla | Beim Musiker-Flashmob am 10. August 2021 solidarisierten sich 50 Orchestermusikerinnen und -musiker aus ganz Bayern mit den Forderungen der Staatsbad Philharmonie.

"Musiker sind leichter austauschbar, ein hervorragender Orchesterleiter jedoch nicht. Bad Kissingen, jetzt Weltkulturerbe, verliert einen Geiger, Dirigent und Publikumsmagneten, der fehlen und ein riesiges Vakuum hinterlassen wird. Ich bin nur traurig über so viel Dumm-, Stur- und Kurzsichtigkeit", kommentierte damals ein Stammgast aus Bad Tölz die Entlassung.

Die damalige Führung des 2012 gegründeten Fördervereins der Staatsbad Philharmonie trat ab, ein gutes Fünftel der Mitglieder aus dem Förderverein aus. Nach Auskunft des neuen Vorsitzenden Maik Richter sind es nach 50 Austritten jetzt noch 190 Mitglieder.

In einem offenen Brief hatte der OB klargemacht, worin er die Aufgabe des Kurorchesters sieht

Schon während der Streikaktionen hatte Bad Kissingens Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) in einem offenen Brief deutlich gemacht, er sehe die Aufgabe des Kurorchesters in der musikalischen Unterstützung der Trinkkur: "Therapie und Muße, Unterhaltung und Förderung der Geselligkeit". Ganz bestimmt habe sie das Cello nicht gestiftet, damit es zur Trinkkur-Begleitung eingesetzt werde, sagt hingegen Karoline Ziegert: "Ich wollte, dass das Instrument meines Vaters wieder zum Leben erweckt wird. Und ich wollte regelmäßig nach Bad Kissingen kommen, um es zu hören."

Nun wird sie nicht so bald wiederkommen. Am 6. Mai ist sie noch einmal angereist, um das Cello entgegenzunehmen und das Dokument zu unterschreiben, das die Rückgabe besiegelt. "Ich bin traurig, dass ich es weghole, und freue mich gleichzeitig, dass ich es wiederhabe. Nun kommt die Seele wieder nach Hause", sagt sie kurz vor der Übergabe. Danach, das Instrument im Arm, fehlen ihr vor Erleichterung fast die Worte.

Ein Bild aus einer vergangenen Epoche: Cellist Ilia Zhukovski (links) nimmt am 26. Oktober 2020 das restaurierte Cello von Karoline Ziegert entgegen.  Rechts hinten der damalige Orchesterleiter Burghard Tölke.
Foto: Daniel Scheublein | Ein Bild aus einer vergangenen Epoche: Cellist Ilia Zhukovski (links) nimmt am 26. Oktober 2020 das restaurierte Cello von Karoline Ziegert entgegen. Rechts hinten der damalige Orchesterleiter Burghard Tölke.

Einer, der ebenfalls nicht mehr kommen wird, ist Stammgast Rainer Furtwängler aus der Nähe von Hamburg. Er hatte eine Geige gestiftet, die er inzwischen auch zurückbekommen hat. Zur Rückerstattung des Cellos ist auch er eigens nochmal angereist. Um Karoline Ziegert moralisch zu unterstützen und auch ein bisschen, um etwas gutzumachen: "Schließlich war ich es, der Karoline zugeredet hat, das Cello zu stiften", sagt er.

Furtwängler hatte als Sponsor und als Mandatsträger des Fördervereins weitere Sponsoren und Spender akquiriert und zuletzt 7000 Euro für eine Plattenproduktion in Wien bereitgestellt, sagt er. "Ich hätte noch eine Menge mehr Geld lockergemacht. Wir waren ja erst am Anfang. Aber das ist alles zunichte gemacht worden."

Der neue Vorsitzende des Fördervereins will jetzt nach vorne schauen

Maik Richter, der im Dezember in bewegten Zeiten den Vorsitz des Fördervereins übernommen hat, möchte nicht von einem "Knick" in der Mitgliederkurve sprechen. Auch nicht von "Lagern" im Verein. 50 Austritte seien allerdings schon spürbar, räumt er ein. "Ich gehe davon aus, dass es Leute gibt, die schätzen, was Burghard Tölke geleistet hat. Und es gab ja auch gute Zeiten."

Maik Richter, Diakon, evangelischer Kurseelsorger und  Vorsitzender des Fördervereins der Staatsbad Philharmonie.
Foto: Sigismund von Dobschütz | Maik Richter, Diakon, evangelischer Kurseelsorger und  Vorsitzender des Fördervereins der Staatsbad Philharmonie.

Nun sei aber Zeit, nach vorne zu schauen. Der Zweck des Vereins – das Orchester zu fördern – habe sich ja nicht geändert. "Das hängt nicht an einer Person, dem Stehgeiger etwa, oder dem Leiter." Die ersten Monate im Amt habe er verbracht, sich den Mitgliedern bekanntzumachen, sagt der evangelische Diakon, der erst vor knapp einem Jahr als Gästeseelsorger nach Bad Kissingen kam. Und um sich ein Team für den neu zu besetzenden Vorstand zu suchen. Das sei gelungen: In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung sollen am 18. Juni Stellvertreter oder Stellvertreterin, Schriftführer oder Schriftführerin und Schatzmeister oder Schatzmeisterin gewählt werden.

Noch nicht endgültig beantwortet ist hingegen die Frage, wer für die 3000 Euro teure Restaurierung des ziegertschen Cellos aufkommen soll, die der Förderverein bezahlt hatte. Der alte Vorstand habe unter Zeugen bekräftigt, die Kosten im Falle einer Rückgabe nicht zurückfordern zu wollen, versichern Ziegert und Furtwängler. Maik Richter will sich dazu noch nicht äußern. Dazu brauche er erst noch mehr Informationen: "Da ist noch nicht alles geklärt."

 
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