Eine derart turbulente Mitgliederversammlung hatte der Förderverein der Bad Kissinger Staatsbad Philharmonie wohl seit seiner Gründung im September 2012 noch nicht erlebt: Nach einer ersten Abstimmung schien die Auflösung des Vereins beschlossene Sache, dann stimmte nach hitziger Debatte in zweiter Abstimmung eine neue Mehrheit für den Fortbestand unter Vorsitz von Maik Richter (35).
In den vergangenen Monaten war das Zerwürfnis der beiden bisherigen Vorsitzenden Kurt Rieder und Klaus Stebani mit Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) und Staatsbad-Geschäftsführerin Sylvie Thormann öffentlich geworden. In einem vom Förderverein unterstützten und bundesweit beachteten Arbeitskampf ging es um die Forderung nach besserer Besoldung der Orchestermusiker. Nach dem Einlenken des Orchesters und der Entlassung von Dirigent Burghard Tölke waren Enttäuschung und Frust bei Rieder und Stebani so groß, dass sie nicht nur auf eine erneute Kandidatur verzichteten, sondern, dem Antrag eines Mitglieds folgend, sogar über die Auflösung des Vereins abstimmen ließen.
Stellvertretender Vorsitzender Stebani beklagt Bedeutungsverlust des Vereins
Zuvor hatte Stebani, der in Vertretung des erkrankten Vorsitzenden Rieder die Versammlung leitete, eine "persönliche Erklärung" abgegeben. Darin beklagte er einen Bedeutungsverlust des Vereins, der von Kurdirektorin und Oberbürgermeister nur noch als "Marionetten" gesehen werde. Nach seiner Ansicht wollen beide die Staatsbad Philharmonie wieder auf ein niedrigeres Niveau zurückstufen, um "die aufkommende Konkurrenz zum Kissinger Sommer" zu verhindern.
Besonders tragisch sei gewesen, dass die – letztlich vergeblichen – Bemühungen des Fördervereins um ein Gespräch zwischen dem Oberbürgermeister und der Orchestergewerkschaft von zwei Musikern des Orchesters hintertrieben worden seien, weshalb er deren Ausschluss aus dem Förderverein forderte. Dirigent Tölke habe sicher auch Fehler gemacht, doch der größte sei gewesen, die "Maulwürfe" in seinem Orchester nicht entdeckt zu haben.
Die Abstimmung über die Auflösung fand mit 25 zu 16 Stimmen eine Mehrheit, allerdings wurde das Ergebnis angefochten: Gemäß Satzung wären 75 Prozent der Stimmen nötig gewesen. Vor allem wurde kritisiert, dass es keine Diskussion über den Antrag gegeben hatte. "Ich sehe keinen Sinn in der Auflösung", meldete sich Neumitglied Maik Richter (35) zu Wort. Richter ist seit Juli Diakon der evangelischen Kirchengemeinde. Der Verein hänge schließlich nicht allein an der Person des bisherigen Dirigenten: "Das Orchester bleibt weiter bestehen und verdient unsere Unterstützung."
Eine zweite Abstimmung brachte ein umgekehrtes Ergebnis
Das unterstützte Orchestermitglied Reinhold Roth, der sich auch durch Zwischenrufe und Pfiffe nicht bremsen ließ. Roth zählte Interna auf, die zur Entlassung des Dirigenten geführt hätten. "Wir müssen nicht Sinfonien spielen ohne Ende. Dafür sind andere da. Wir sind ein Salonorchester." Mit Blick auf das kommende Jahr versprach er: "Unser Programm bleibt vielseitig, und es wird Neues geben. Unsere Musik wird auf keinen Fall schlechter. Deshalb möchte ich, dass der Verein fortbesteht."
Eine erneute Abstimmung erbrachte ein umgekehrtes Ergebnis: 24 Mitglieder stimmten für den Fortbestand des Vereins, nur noch 15 für die Auflösung. Auf Vorschlag von Roth wurde Maik Richter ("Ich würde es mit Herzblut machen“) zwar ohne Gegenstimmen, aber bei elf Enthaltungen zum neuen Vorsitzenden gewählt. Weitere Vorstandsposten sollen in einer weiteren Mitgliederversammlung besetzt werden.
Es ist ein sehr starkes Zeichen an die Besserwisser und die geldgesackten Egozentriker. Diese haben den Förderverein in die Bedeutungslosigkeit manövriert und wahre Fördermitglieder verhindert, weil niemand mit denen zu tun haben wollte. Es bedarf einem Neuanfang ohne persönliche Interessen und egozentischen Selbstdarstellungen. Zwei bis drei Jahre Aufbauarbeit und sowohl das Orchester als auch der Förderverein werden wieder eine Hausnummer sein. Wobei ich der Meinung sein will, dass das Orchester nun Gas geben wird und den Schlechtrednern eine musikalische Lehre erteilen wird. Es kann und wird nur besser werden, das schreibe ich aus Überzeugung! Ich glaube daran!