Im Tarifkonflikt zwischen der Staatsbad Philharmonie und der Stadt Bad Kissingen ist offenbar die Zeit der Offenen Briefe gekommen: Während Oberbürgermeister Dirk Vogel in einem öffentlichen Schreiben der Gewerkschaft Deutsche Orchestervereinigung (DOV) eine weitere Absage in Sachen Tarifvertrag erteilt, solidarisiert sich mit dem Frankfurter Museumsorchester ein weiteres Ensemble mit den Bad Kissinger Musikerinnen und Musikern.
"Die DOV organisiert, inszeniert und skandalisiert seit Wochen und Monaten bundesweit eine Kampagne gegen die Stadt Bad Kissingen", schreibt Vogel. Diese finde nun einen "vorläufigen Höhepunkt" in einer für dieses Wochenende geplanten Solidaritätskundgebung. Tatsächlich hat die DOV für diesen Sonntag, 10. Oktober, 14.30 Uhr, zu einem Flashmob-Konzert unter dem Titel "#VerhandelnStattFeuern" Orchester aus ganz Bayern auf den Kissinger Rathausplatz eingeladen.
Auf den Aspekt "Feuern", also die Kündigung von zwei Orchestermitgliedern, geht der OB in seinem Offenen Brief nicht ein. Wohl aber auf die Diskrepanz zwischen dem von der DOV vorgeschlagenen Tarifvertrag und dem Angebot der Stadt an die Musiker. Mit einem Bruttogehalt von 3171,43 Euro bei 30 Wochenarbeitsstunden liege das Angebot über dem Tarifvertrag. "Ich kann Ihnen versichern, viele Menschen, nicht nur in Bad Kissingen, würden sich nach solchen Arbeitsbedingungen sehnen", schreibt Vogel.
Die Stadt erwartet im Falle des DOV-Tarifvertrags 200 000 Euro Mehrausgaben pro Jahr
Bei der Frage der Steigerung allerdings müsse die Stadt Nein sagen. Nur mit hohem finanziellen Aufwand hätten im vergangenen Jahr Kündigungen bei der Staatsbad GmbH vermieden werden können. Dazu gehörten auch die Arbeitsverhältnisse der Staatsbad Philharmonie. Vogel: "Wir können keinen Tarifvertrag von heute auf morgen anwenden, der uns Mehraufwendungen von ca. 200 000 Euro pro Jahr verursachen würde."
Neben den finanziellen Erwägungen ist dem OB ein Punkt besonders wichtig: "Wir haben grundsätzlich unterschiedliche Interpretationen von der Geschichte, der aktuellen Zielsetzung und der künftigen Ausrichtung des Kurorchesters." Die große Kunst, so Vogel sinngemäß, sei mit dem Festival Kissinger Sommer abgedeckt. Aufgabe des Kurorchesters sei die musikalische Unterstützung der Trinkkur: "Therapie und Muße, Unterhaltung und Förderung der Geselligkeit".
Eine Arbeitsgruppe soll die Verteilung der Arbeitsstunden optimieren
Deshalb erwarte man grundsätzlich 13 Konzerte pro Woche. Man erarbeiten aktuell "in einer Arbeitsgruppe, wie die Verteilung der Stunden noch mitarbeiterfreundlicher, gästeorientierter und innovativer ausgestaltet werden" könne. Der Gewerkschaft wirft Vogel vor, sie versuche, "diesen Prozess der Einigung zum Erliegen zu bringen". Kurorchester und Qualitätsanspruch schlössen sich zwar nicht aus, so der OB an die DOV, "aber wir gehören nicht zu dem ,professionellen Orchester und Kammerorchester', auf die Ihre Tarifverträge ausgerichtet sind".
Vogels Schreiben schließt mit dem Vorwurf, die Gewerkschaft gefährde mit ihrem Vorgehen Arbeitsplätze: "Welcher öffentliche Arbeitgeber und welche öffentliche GmbH haben noch Lust ein Orchester dauerhaft zu beschäftigen deren Mitglieder neun Stunden pro Woche arbeiten sollen, aber am Ende verdienen sollen wie ein Amtsleiter im öffentlichen Dienst?"
Die genannte Zahl von neun Arbeitsstunden pro Woche erklärt der OB nicht.