Der Alptraum aller Kuratoren: Endlich ist eine Ausstellung fertig, die Einladungen für die Eröffnung raus, der Sekt kaltgestellt. Und dann machen die Behörden das Museum zu. Auf unbestimmte Zeit. Fast zwei Monate ist das her, inzwischen sind die Museen unter Auflagen wieder geöffnet. Und mit ihnen etliche sehenswerte Sonderausstellungen, die tausende von Jahren der Kunst- und Kulturgeschichte sichtbar machen. Hier also einige Tipps für die, die noch nicht alles gesehen haben und das jetzt nachholen wollen.
Museum Georg Schäfer: Malen Frauen anders?
Gibt es einen weiblichen Blick in der Kunst? Malen Frauen anders? Das Schweinfurter Museum Georg Schäfer stellt in seiner bis 12. Juli verlängerten Sonderausstellung "Talent kennt kein Geschlecht – Malerinnen und Maler der Romantik auf Augenhöhe" diese Fragen und beantwortet sie auch. 90 Werke zeigt die Schau, 56 davon gemalt von Frauen. Bis auf eine sind sie noch im 18. Jahrhundert geboren. Das heißt: Das alte Kunsthistoriker-Vorurteil, in der Kunst würden Frauen erst ab etwa 1900 eine Rolle spielen, wäre damit widerlegt.
Kurator und Museumsleiter Wolf Eiermann stellt die Bilder in direkte Konkurrenz zu Arbeiten männlicher Zeitgenossen, und gelegentlich ziehen dabei letztere den Kürzeren. Frauen mal(t)en nicht schlechter als Männer, allenfalls fehlte ihnen hin und wieder die Routine. Aber: Sie malten persönlicher, privater, sensibler. Das zeigen Arbeiten etwa von Julie Gräfin Egloffstein, Anna Dorothea Therbusch, Angelika Kauffmann: Maler inszenieren etwa in Porträts wichtiger Personen oft Status und dessen Symbole, Malerinnen hingegen machen sich künstlerisch auf die Suche nach der Persönlichkeit der Dargestellten. Hin und wieder bekommt der Betrachter dabei eine Ahnung, welche Kunst hätte entstehen können, hätten mehr Frauen mehr Möglichkeiten gehabt, frei zu arbeiten.
Museum im Kulturspeicher: Der schillernde Kunsthändler Wolfgang Gurlitt
Eine Schau über Leidenschaft, Schlitzohrigkeit und Nazi-Verstrickungen: Das Museum im Kulturspeicher Würzburg präsentiert unter dem Titel "Wolfgang Gurlitt. Zauberprinz" den schillernden Kunsthändler Wolfgang Gurlitt (verlängert bis 19. Juli). Gurlitt? Da klingelt es in den Ohren. Wolfgang Gurlitt war Kunsthändler wie sein Cousin Hildebrand, dessen Sammlung als "Münchener Kunstfund" 2013 weltweit Aufmerksamkeit erregte. Aber Wolfgang sei eher im Dunkeln geblieben, so Henrike Holsing, stellvertretende Direktorin. Zunächst. Wolfgang Gurlitt erscheint durch die jüngsten Forschungen schillernder als sein Cousin. Glamouröser. Manchmal war er ein Hasardeur, mal ein genau kalkulierender Netzwerker.
Beide Gurlitts hatten jüdische Wurzeln und machten mit den Nazis Geschäfte. Sie profitierten in der NS-Zeit vom Handel mit Werken aus jüdischem Sammlungen. Die Sonderausstellung zeigt Gemälde und Grafiken, Mappen und Kunstlerbücher, stellt aber auch den Mann, der mit diesen Werken verbunden ist, in den Mittelpunkt. Seine Licht- und Schattenseiten als Kunsthändler, Kunstförderer, Verleger, Galerieleiter – und Freund von Heiner Dikreiter, dem umstrittenen Gründungsdirektor der Städtischen Galerie. Der Ausstellungstitel "Zauberprinz" verweist nicht nur auf seine Persönlichkeit, sondern auch auf eine Lithografie von Oskar Kokoschka, auf der Wolfgang Gurlitt in einem orientalischen Faschingskostüm dargestellt ist.
Kunsthalle Schweinfurt: Lichtskulpturen von Ludger Hinse
"Meine Kreuze des Lichts sind keine Kreuze, die niederdrücken, sondern der Versuch, das himmlische Licht einzufangen." Das sagt der Künstler Ludger Hinse (Jahrgang 1948), dessen Werke unter dem Titel "Lich T raum" derzeit an einigen Orten in Schweinfurt zu sehen sind, etwa in der katholischen Heilig-Geist-Kirche, der evangelischen St. Johanniskirche und im Krankenhaus St. Josef. Vor allem aber in der großen Halle der Kunsthalle. Es sind transparente, farbig leuchtende Arbeiten aus Plexiglas, die sich mit dem Kreuzmotiv auseinandersetzen. "Hinses Werke, ihr mystisch gefärbtes Licht und die bemerkenswert schlichte Innenarchitektur der Kunsthalle verschwimmen dort zu einem zeitgenössischen Gesamtkunstwerk im barocken Sinne", heißt es im Pressetext.
Außerdem: Unter dem Titel "Ich kenne kein Weekend" zeigt die Kunsthalle bis 16. August Arbeiten von Joseph Beuys, KP Brehmer, K.H. Hödicke, Peter Hutchinson, Arthur Köpcke, Sigmar Polke und Wolf Vostell. Es handelt sich dabei um einen Koffer, Objekte und grafische Arbeiten, die Beuys 1971/72 auf Anregung des Galeristen René Block zusammenstellte.
Museum für Franken: Prominenter Besuch aus München
Das Museum für Franken auf der Würzburger Festung zeigt derzeit keine Sonderausstellung. Aber eine prominente neue Dauerleihgabe: das Gemälde "Mainlandschaft" von Hans Thoma aus dem Jahr 1875. Die Verleihung nach Würzburg habe die Staatsregierung initiiert, die fränkische Kunstwerke nach Franken zurückführen möchte, so eine Mitteilung des Museums. Das Bild zeigt einen Blick auf den Main von Schloss Mainberg bei Schweinfurt aus. Es inszeniere eine urzeitliche, ideale Flusslandschaft, so der Begleittext.
Das Museum lädt in Zeiten ohne Führungen und pädagogische Veranstaltungen dazu ein, die Sammlung mit dem "Entdeckerheft" zu erkunden, Rätsel zu lösen und sich am Ende über eine kleine Überraschung zu freuen. Gerade für Familien sei es schwierig, sich selbst und die Kinder immer wieder zu aktivieren und neue Beschäftigungen aufzutun.
Siebold-Museum erinnert an Zerstörung von Würzburg, Hiroshima und Nagasaki
Das Siebold-Museum in Würzburg konnte seine Sonderausstellung "Würzburg in Trümmern – ein künstlerischer Blick auf die zerstörte Stadt" am 14. März zwar noch eröffnen, dann aber nicht mehr zeigen. Nun ist sie bis 31. Mai verlängert. Sie erinnert an die Zerstörung Würzburgs vor 75 Jahren, aber auch an die wenige Monate später erfolgten Atombombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki.
Zu sehen sind Ölgemälde, Aquarelle, Holzschnitte, Siebdrucke und Fotografien bekannter, aber auch völlig unbekannter Künstler, die sich mit dem Luftangriff vom 16. März 1945, der zerstörten Stadt und dem beginnenden Wiederaufbau Würzburgs auseinandersetzen. Ein Großteil dieser bislang unbekannten Bilder stammt aus Privatbesitz und wurde anlässlich des runden Jahrestages erstmals für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, so eine Mitteilung des Museums.
Museum am Dom: Die beiden Stars der Spätgotik
Das Museum am Dom in Würzburg zeigt bis 30. August seine Sonderausstellung "Riemenschneider X Stoss", die die "beiden wohl bekanntesten Künstler der deutschen Spätgotik" einander gegenüberstellt, so Diözesankonservator Wolfgang Schneider. Schon lange wollte Schneider eine Ausstellung über diese beiden Künstler machen. Die Gelegenheit bot sich nun durch die Restaurierung der mittelalterlichen Glasfenster im Chor der Pfarrkirche von Münnerstadt, in der beide Künstler tätig waren. Der Altar ist abgebaut, die Werke von Tilman Riemenschneider und die Gemälde von Veit Stoß wurden in das Museum am Dom ausgelagert – und können nun dort ganz aus der Nähe bewundert werden.
Martin von Wagner Museum: Der Klang der Antike
Im Martin von Wagner Museum in der Würzburger Residenz kann man hören und selbst ausprobieren, wie vor über 10 000 Jahren Musik gemacht wurde. Altertumswissenschaftler zeigen anhand von antiken Originalen und nachgebauten Instrumenten in der Ausstellung "Mus-ic-on!", womit unsere Vorfahren musizierten. Die Anfänge: Hörner, Schraper, Rasseln, Trommelschlegel aus Knochen, Muscheln, Elfenbein oder Geweih. Die ältesten Musikinstrumente der Welt – nach heutigem Stand jedenfalls – die berühmten Vogelknochenflöten und Klarinetten von der Schwäbischen Alb, rund 38 000 Jahre alt. Und dann: orientalische Tonrasseln und ägyptische Lauten, hetitische Leiern, griechische Kitharas, römische Flöten und Wasserorgeln.